Das Viertelfinale der deutschen Mannschaft bei der Basketball-EM in Riga gegen Slowenien war von großer Intensität geprägt.
Experte über die Slowenen: „Die Provokation war schon sehr augenscheinlich“
Experte: „Provokation war augenscheinlich“
Nicht nur während der Partie zweifelten die slowenischen Spieler zahlreiche Schiedsrichter-Entscheidungen an. Auch nach dem 99:91 für das DBB-Team kritisierte das Team um Superstar Luka Doncic die Unparteiischen scharf.
Der deutsche Rekordnationalspieler Patrick Femerling hat das Spiel als Experte für RTL verfolgt.
Im SPORT1-Interview ordnet der 50-Jährige das Geschehen auf dem Feld und die Aussagen der Slowenen ein. Außerdem spricht er über das deutsche Star-Duo und blickt auf das Halbfinale gegen Finnland (Fr. ab 16 Uhr im LIVETICKER) voraus.
SPORT1: Herr Femerling, wie haben Sie die Intensität des Spiels gegen Slowenien wahrgenommen?
Patrick Femerling: „Die war sehr hoch. Die Slowenen haben unfassbar aggressiv gespielt und mussten auch unfassbar aggressiv spielen, weil sie im Vergleich zu unserer Mannschaft körperlich benachteiligt waren. Sie mussten da schon großen physischen Druck aufbauen und hart verteidigen. Wir mussten dagegenhalten. Es war schon ein sehr, sehr intensiv geführtes Spiel.
Femerling: „Da wurde versucht, Einfluss auf die Schiedsrichter zu nehmen“
SPORT1: Als Zuschauer hatte man den Eindruck, als ob die Slowenen praktisch jeden Pfiff gegen sich als Fehlentscheidung der Schiedsrichter interpretierten. Täuscht das oder war es auch Ihr Eindruck?
Femerling: Es war schon so, dass da sehr viel diskutiert wurde und versucht wurde, Einfluss zu nehmen auf die Schiedsrichter und deren Entscheidungen. Als gegnerische Mannschaft geht das nicht einfach so an einem vorbei. Aber es ist nun einmal Teil des Spiels. Da muss man stabil bleiben. Die deutsche Mannschaft hat das schon sehr gut gemacht. Sie waren sehr konzentriert und haben sich nicht mitreißen lassen. Da war offensichtlich schon viel Gesprächsstoff vorhanden.
SPORT1: Auch nach dem Spiel war von vielen Slowenen zu hören, sie seien mehr oder weniger wegen den Schiedsrichtern ausgeschieden. Nach fairen Verlierern klangen diese Aussagen nicht. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Femerling: Ich glaube einfach, das sind emotionalisierte Aussagen. Die sind weder fair noch unfair. Es ist einfach ein Gefühl, was da ausgedrückt wird. Es ist nicht richtig, dass der Schiedsrichter da schlecht Einfluss genommen hat. Das gab es auf beiden Seiten. Das Spiel war unfassbar schwierig zu pfeifen, weil da so viel Kontakt da war und so viel mit den Armen gearbeitet wurde. Das wird ein bisschen unterschätzt. Es ist auch irgendwo okay, dass man Emotionen hat und das dann auch in so einer Aussage mündet. Ich bin aber sicher, dass das die Slowenen in ein, zwei Tagen auch anders sehen.
Wagner und Schröder? „Man muss sich keine Sorgen machen“
SPORT1: Franz Wagner war mit 23 Punkten bester Werfer der Deutschen, musste aber wieder sehr hart für seine Punkte kämpfen. Von der Dreierline fiel erneut kein Wurf. Muss einem das vor dem Spiel gegen Finnland Sorgen machen? Zumal auch Dennis Schröder in der Offensive in den K.o.-Spielen noch nicht wie erhofft funktioniert.
Femerling: Nein. Franz und Dennis sind die Dreh- und Angelpunkte dieser Mannschaft, die auch eine große Last des Scorings übernehmen. Im Spiel gestern waren so viel Kontakt und so viel Aggressivität drin. Die Slowenen wollten verhindern, dass die beiden ins Spiel kommen. Das haben sie auch gut gemacht. Aber man muss sich trotzdem keine Sorgen machen, wenn man das Spiel ein bisschen mehr öffnet. Andere Mannschaften spielen auch hart, aber gegen die Finnen wird es ein ganz anderes Spiel. Dennis und Franz sind zwei exzellente Profis, die das einordnen können, die viel Qualität haben und deren Leistung nicht von fallenden Dreiern abhängt, sondern von vielen anderen Kleinigkeiten auch.
SPORT1: Sie hatten gegen Slowenien schon früh auf die Bedeutung von Johannes Thiemann hingewiesen, der mit seiner hervorragenden Arbeit am Post tatsächlich ein wichtiger Faktor wurde. Wer oder was könnte für Sie im Spiel gegen Finnland entscheidend sein?
Femerling: Das mit „JT“ war nur eine Idee, um eine Alternativoption in der Offensive zu schaffen, die vielleicht nicht ganz so aggressiv gedoppelt wird wie Franz. Ich glaube, die Spiele werden nur von Mannschaften gewonnen, die Leute auf der Bank haben, die reinkommen und produzieren – nicht nur in Form von Punkten, sondern auch in Form von Energie und guter Defense. In dieser Hinsicht ist auch Dennis sehr stabil geblieben. Die Provokation war schon sehr augenscheinlich. Trotzdem hat er sich da nicht provozieren lassen und nicht den Kopf verloren. Das sind die Puzzleteile, die den Erfolg ausmachen. Dazu kommt, dass das ganze Umfeld im DBB – Trainerstab und Ärzte - einen ganz großen Beitrag leistet, dass es allen gut geht.
SPORT1: Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass Deutschland Gold holt?
Femerling: Ich glaube, dass sie alle Qualitäten haben, um Gold zu holen. Aber zuerst einmal muss das kommende Spiel gewonnen werden. Wenn du einmal zu weit denkst, übersiehst du was. Und wenn du was übersiehst, verlierst du an Qualität. Finnland ist eine gut vorbereitete, eine talentierte Truppe. Auch um Lauri Markkanen herum hat sich die Qualität während dieser EM noch mal weiterentwickelt. Das ist schon kein Selbstläufer. Ich glaube, alle Qualitäten sind da, um Gold zu holen. Aber um Gold zu holen, musst du erst Finnland schlagen.