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2. Bundesliga: “Das muss Schalke in den Griff bekommen” - Thomas Reis spricht bei SPORT1 erstmals über das Schalke-Aus

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2. Bundesliga: “Das muss Schalke in den Griff bekommen” - Thomas Reis spricht bei SPORT1 erstmals über das Schalke-Aus

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Reis bricht sein Schweigen!

Der FC Schalke 04 kann auch nach der Entlassung von Thomas Reis nicht überzeugen. Nun äußert sich der ehemalige Trainer im exklusiven SPORT1-Interview erstmals über die Trennung mit den Knappen.
Schalke reagiert auf die Krisensymptome im Abstiegskampf. Nach der jüngsten Auseinandersetzung mit dem Trainer sanktioniert der Klub Thomas Ouwejan.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Nach dem Abstieg mit Schalke 04 in der vergangenen Saison durfte Trainer Thomas Reis im Amt bleiben - vorerst. Doch nach sieben Spielen mit nur sieben Punkten und dem Absturz auf Platz 16 in der Zweiten Liga kam es im September dann doch zur Trennung. Seitdem hat der 50-Jährige nicht öffentlich gesprochen. Jetzt bricht Reis im ersten Interview seit seinem Aus bei SPORT1 sein Schweigen.

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SPORT1: Herr Reis, wie geht es Ihnen?

Thomas Reis: Ich habe mich nach meiner Entlassung auf Schalke gut erholt und einiges aufarbeiten können. Ich wollte ganz bewusst etwas Zeit vergehen lassen, bis ich das erste Interview gebe. Ich schaue mir natürlich an, wie es bei Schalke weitergeht, damit ich in Ruhe Schlüsse daraus ziehen kann, was ich anders hätte machen können. Ich habe alles gut hinter mir gelassen.

„Damit hatte ich nicht gerechnet“

SPORT1: Kam die Entlassung auf Schalke für Sie wirklich überraschend?

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Reis: Ja. Ich habe bereits genau analysiert, was vorgefallen ist und was ich hätte besser machen können. Die Freistellung mitten in der Woche kam überraschend und hat mich getroffen. Ich hatte die Mannschaft bereits auf das Spiel in Paderborn vorbereitet; die Entlassung erfolgte dann zwei Tage vor der Partie. Damit hatte ich nicht gerechnet.

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SPORT1: Es gab keine Anzeichen?

Reis: Nein, es gab den Vorfall mit Timo (Timo Baumgartl kritisierte Reis überraschend deutlich, d. Red.), der in einem Interview öffentliche Kritik äußerte, die intern hätte bleiben müssen. Doch das konnten wir gemeinsam klären. Ich hätte mir gewünscht, noch ein oder zwei Spiele vor der Länderspielpause zu absolvieren. Ich fand, dass es zumindest in kleinen Schritten in die richtige Richtung ging.

SPORT1: Wirklich?

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Reis: Ja, wir haben bei Wehen Wiesbaden in der 92. Minute unglücklich den Ausgleich kassiert. Dann hatten wir ein starkes Comeback im Heimspiel gegen Magdeburg (4:3-Sieg, d. Red.), als wir uns aufopferungsvoll gegen eine Niederlage gestemmt haben. Und bei St. Pauli (1:3, d. Red.) waren wir auch nicht komplett chancenlos - das war auch immerhin gegen die formstärkste Mannschaft der Liga. Wir haben sicher nicht immer gut gespielt, aber ich fand, dass wir eine kleine Aufwärtstendenz hatten. Wenn Sebastian Polter gegen St. Pauli den Ausgleich erzielt hätte, wäre das Spiel vielleicht auch anders gelaufen. Zumindest ging es in eine Richtung, bei der hätte etwas entstehen können. Natürlich war man mit sieben Punkten aus sieben Spielen überhaupt nicht zufrieden, aber es war auch noch nichts Vorentscheidendes passiert und zumindest der dritte Rang war noch nicht enteilt.

Thomas Reis gab SPORT1-Reporter Reinhard Franke das erste Interview nach seinem Aus bei Schalke 04
Thomas Reis gab SPORT1-Reporter Reinhard Franke das erste Interview nach seinem Aus bei Schalke 04

SPORT1: Hat das Interview von Baumgartl auch seinen Teil dazu beigetragen, dass Sie beurlaubt wurden?

Reis: Das kann ich schwer beurteilen. Es war keine leichte Situation, aber wir haben mit Timo gesprochen und es wurde alles ausgeräumt. Eigentlich war das Interview-Thema abgeschlossen. Timo hat sich aufrichtig entschuldigt und für mich wäre auch klar gewesen, dass er nach Paderborn auf jeden Fall wieder in den Kader zurückgekehrt wäre. Ich habe immer gesagt, dass ich mündige Spieler mag. Ich war in der Vergangenheit als Spieler auch nicht unkompliziert. Man muss halt immer aufpassen, wie es rüberkommt. Ich ging davon aus, dass ich das Team gegen Paderborn betreuen darf.

SPORT1: War es in Ihren Augen also unfair, wie man mit Ihnen umgegangen ist?

Reis: Der sportliche Weg war nicht zufriedenstellend, da nehme ich mich nicht raus, weil ich natürlich für die Mannschaft verantwortlich war. Wir sind sicher nicht von Anfang an oben dabei gewesen, aber die Saison war noch sehr jung. Wir hatten eine Phase, die nicht optimal war. Da spielte auch Verletzungspech mit eine Rolle. Kenan Karaman hat inzwischen gezeigt, dass er schon den Unterschied ausmachen kann, wenn er fit ist. Ich hätte mir gewünscht, dass die verletzten Spieler zurückkommen, um mit dem gesamten Kader arbeiten zu können. Dass es nach einer potenziellen Niederlage in Paderborn richtig eng für mich geworden wäre, das war mir völlig bewusst. Aber dann haben sich unsere Wege leider schon zuvor getrennt.

SPORT1: Wie traurig waren Sie? Sie waren schon mal mit Schalke in Kontakt, dann hat es 2022 endlich geklappt mit der Zusammenarbeit.

Reis: Natürlich war ich traurig. Ich hatte mir auf Schalke viel vorgenommen und habe mich gefragt, warum es nicht passt. Ich habe mich finanziell beteiligt, um nach Schalke zu kommen. Wir haben dann eine Saison gespielt, in der wir eine kleine Euphorie entfachen konnten. Nach dem Abstieg gab es schließlich einen Zuwachs der Mitglieder und die Stimmung insgesamt war sehr positiv im Umfeld. Das zeigt auch, dass ich als Trainer dazu beigetragen habe. Ich war fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam auf Strecke sehr erfolgreich hätten sein können.

„Schalke war definitiv ein Risiko“

SPORT1: Hätten Sie damals nach dem Aus in Bochum etwas länger warten müssen und nicht einen Monat später gleich Schalke übernehmen sollen?

Reis: Ich bin ein leidenschaftlicher Typ und habe geglaubt, dass ich zu Schalke passe. Wenn du die Möglichkeit bekommst, einem Klub wie S04 zu trainieren, dann musst du das einfach machen. Ich schätze gewisse Risiken. Schalke war definitiv ein Risiko. Schließlich ist bekannt, dass viele Trainer bereits nach kurzer Zeit gehen mussten. Die Situation war nicht einfach. Ich möchte die zwölf Monate dennoch nicht missen. Natürlich herrschte ein enormer Druck. Aber wenn ich daran denke, wie groß dieser Verein ist und welche tolle Atmosphäre bei den Heimspielen durch diese wunderbaren Fans herrscht, war es die Herausforderung wert. Am meisten tut es mir für die Fans weh, dass Schalke weiter unten drinsteckt.

Glaubte das er zu Schalke passt: Thomas Reis
Glaubte das er zu Schalke passt: Thomas Reis

SPORT1: Wie sehr hat Schalke Ihrer Karriere geschadet?

Reis: Ich habe in der Zeit sehr viel gelernt und kann für meinen nächsten Job viel mitnehmen. Wir haben 2022/23 eine sehr starke Rückrunde gespielt mit vielen emotionalen Highlights, auch wenn am Ende leider der Abstieg stand. Insgesamt möchte ich gar nicht so negativ darauf zurückblicken.

SPORT1: Schalke stand auf Platz 16, als Sie gehen mussten, jetzt belegt der Klub immer noch Rang 16. Spüren Sie da etwas Genugtuung?

Reis: Nein, es ist einfach sehr schade, dass der Verein weiter unten drinsteckt. Und ich weiß natürlich, dass sieben Punkte aus sieben Spielen enttäuschend waren. Ich spüre keine Genugtuung, schaue mir die Spiele weiter an.

SPORT1: Wie gehen Sie denn mit diesem Vorwurf um, dass Sie zu hart trainiert hätten?

Reis: Wir haben immer versucht, aggressiv zu spielen. Vor St. Pauli hieß es beispielsweise, unser Aufwärmprogramm wäre zu hart gewesen. Dabei habe ich das immer so gemacht. Als ich bei Schalke zugesagt habe, wusste ich, dass das Thema Verletzungen eine Problematik ist und dass das auch schon vor meiner Zeit ein Thema war. Dieser Vorwurf gegen mich persönlich ist daher nicht korrekt.

SPORT1: Ein weiterer Vorwurf: zu wenig Taktik und Sie hätten die Mannschaft nicht mitgenommen.

Reis: Ich weiß, dass wir es insgesamt nicht gut gemacht haben, aber wir hätten in nahezu jedem Spiel dreifach punkten können und hatten immer einen individuellen Matchplan. Ich habe schon in die Mannschaft reingehört. Leider wird das manchmal als Schwäche ausgelegt, wenn man mit den Spielern spricht und fragt, was sie gerne möchten. Jeder durfte bei mir sagen, was er will. Ich habe das Team bestimmt mitgenommen.

Reis möchte die Schuld nicht bei anderen Suchen

SPORT1: Welchen Fehler haben Sie gemacht?

Reis: Hinterher ist man immer schlauer. Ich würde heute versuchen, gewisse Dinge intern anders zu kommunizieren. Die Meinung des Trainers und der sportlichen Führung muss das Maß aller Dinge sein und kein Spieler sollte die Option haben, durch ein Hintertürchen zu einer anderen Person zu gehen. Das muss Schalke unbedingt in den Griff bekommen.

SPORT1: Was bereuen Sie?

Reis: Ich bereue, dass ich bei Spielern, die gut zu Schalke gepasst hätten, zu nachgiebig war. Aber im Vorfeld war klar, dass der Verein keine Leihspieler mehr holen will. Da hätte ich rigoroser sein müssen, um Spieler mehr zu begeistern. Doch die finanziellen Möglichkeiten waren einfach nicht da. Ich hätte bestimmender sein müssen, wenn ich von einem Spieler überzeugt war, dass er uns weiterhelfen kann, dass wir auch eine Leihe ermöglichen.

SPORT1: Haben Sie sich gewundert, dass Schalke nach Ihnen mit Karel Geraerts einen Trainer geholt hat, der noch nie in Deutschland gearbeitet hat?

Reis:, Ich wusste, dass er bei Royale Union Saint-Gilloise tolle Arbeit abgeliefert hat. Die Sprachproblematik sehe ich eigentlich nicht. Für Fußballer gibt es eh nur eine Sprache.

SPORT1: Huub Stevens hat jetzt folgendes gesagt: „So, wie ich das einschätze, wird es sehr schwierig. Ich befürchte, wenn man mit dieser Mannschaft weiterarbeiten muss, wird es nicht einfach.“ Hat er recht?

Reis: Huub ist Schalker durch und durch und will damit auch neue Impulse setzen. Die Mannschaft hat aber natürlich trotzdem Qualität und kann sie hoffentlich auch bald wieder auf dem Platz konstant abrufen.

SPORT1: Lassen Sie uns auch noch über Sportvorstand Peter Knäbel sprechen. Es gibt deutliche Kritik an Knäbel. Er wird im Sommer oder eventuell auch schon früher gehen. Ist das der richtige Schritt?

Reis: Ich möchte mich zu einzelnen Personen gar nicht weiter groß äußern.

Thomas Reis ist offen für neue Aufgaben

SPORT1: Was machen Sie in Zukunft?

Reis: Nach Bochum wechselte ich schnell zu Schalke. im Moment mache ich eine Pause. Ich bin entspannt und warte ab. Langsam fängt es aber auch wieder an, etwas zu kribbeln. Ich sitze nicht jede Woche im Stadion und warte auf die Entlassung eines Kollegen, schaue mir aber im TV so viel es geht an. Ich würde mir auch die Erste Liga wieder zutrauen. Auch das Ausland wäre reizvoll. Den Schritt bin ich als Spieler nicht gegangen. Ich bin für alles offen.