Der französische Weltmeister Samuel Umtiti ist mit 28 Jahren im besten Fußball-Alter. Erst recht als gelernter Innenverteidiger.

Trotzdem hat ihn der große FC Barcelona jetzt abgeschoben - und zwar zu Serie-A-Aufsteiger US Lecce. (BERICHT: Nächster Abgang bei Barca)

Ob der Neuanfang für den Weltmeister in der Niederungen der italienischen Liga (Lecce startete mit zwei Niederlagen in die Saison) gelingt, ist die eine Frage. Wie es mit Umtiti so weit kommen konnte, die andere.

Klar ist: Der Franzose gehörte mit 12,5 Millionen Euro Gehalt zu den Top-Verdienern und die klammen Katalanen plagen arge, finanzielle Probleme.

Aber der Barca-Star, der sich für Frankreichs Nationalmannschaft aufgeopfert hat, zog rund um den Abgang von Lionel Messi auch den Zorn der Fans auf sich. (DATEN: Die Tabelle der spanischen La Liga)

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Barca-Fans machten Umtiti für Messi-Abgang verantwortlich

Bei Barca war er zuletzt nur noch ein perfekter Sündenbock, der sportlich kaum für positive Schlagzeilen sorgte. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der spanischen La Liga)

In den vergangenen vier Jahren kam der Franzose lediglich auf 50 Pflichtspieleinsätze, in dieser Spielzeit stand er nur einmal für 80 Minuten auf dem Rasen, ansonsten pendelte Umtiti zwischen Tribüne und Reservebank.

Spanischen Medienberichten zufolge soll sich Umtiti damals geweigert haben, dem finanziell angeschlagenen Klub mit einem Gehaltsverzicht entgegen zu kommen und somit eine Vertragsverlängerung Messis vielleicht noch möglich zu machen.

Aufgrund des Salary Caps in der spanischen La Liga war Barcelona letztlich nicht in der Lage, „La Pulga“ einen neuen Vertrag anzubieten, obwohl der Argentinier seinerseits auf Gehalt verzichtet hätte.

Die Antwort der katalanischen Fans folgte prompt: Im Spiel um die Joan-Gamper-Trophäe gegen Juventus Turin wurde Umtiti gnadenlos ausgepfiffen.

Umtiti ist Barcelonas teurer Ladenhüter

Nach dem 3:0-Erfolg nahm der Franzose an der Siegerehrung dann gar nicht mehr teil und schrieb auf Instagram zu den Buh-Rufen: „Manchmal ist es besser, nichts zu sagen und die Stille die Dinge regeln zu lassen.“

Wechsel-Gerüchte um Umtiti gab es danach immer wieder, doch das horrende Gehalt des bulligen Innenverteidigers ließ einen Transfer das ein oder andere Mal platzen, was die Barca-Fans nicht gerade beseelte.

Doch kann sich jetzt plötzlich ein Italien-Zwerg ein solches Gehalt leisten?

Berichten zufolge ist das gar nicht notwendig, denn Barcelona soll weiterhin das volle Gehalt des Franzosen zahlen. Lediglich eventuelle leistungsbezogene Prämien werden offenbar nach Katalonien fließen.

Umtiti soll um letzte Chance gebeten haben

Anfang Oktober 2021 soll Umtiti in einem sehr emotionalen Gespräch mit Barca-Präsident Joan Laporta um eine letzte Chance gebeten und sogar geweint haben. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur spanischen La Liga)

Doch weder beim entlassenen Trainer Ronaldo Koeman, noch bei Neu-Coach Xavi erhielt der frühere Leistungsträger diese.

Der Stachel saß bei der sportlichen Führung wohl noch tief, nachdem Umtiti nicht zu einem Gehaltsverzicht bereit war und auch nicht zu OGC Nizza, Besiktas Istanbul, Lazio Rom, Benfica Lissabon oder Newcastle United wechseln wollte.

Der Weltmeister von 2018 wollte zu einem Champions-League-Klub. Denn vor nicht all zu langer Zeit galt der Franzose mit kamerunischen Wurzeln noch als einer der besten Innenverteidiger weltweit.

Piqué und Umtiti schwer zu überwinden

2016 überwies Barca 25 Millionen Euro für dessen Dienste an Olympique Lyon. Und Umtiti enttäuschte nicht, vielmehr übertraf er die Erwartungen.

Der damals 23-Jährige erspielte sich ohne irgendwelche Anlaufschwierigkeiten umgehend einen Stammplatz neben Gerard Piqué und die beiden bildeten 2016/17 sowie 2017/18 ein Abwehrbollwerk.

Denn Umtiti und Piqué waren zwei körperlich starke Abwehrspieler, die nichtsdestotrotz eine gewisse Schnelligkeit mitbrachten.

Zwei intelligente Innenverteidiger mit einer ordentlichen Technik, die von hinten ein Spiel aufbauen konnten, aber auch in Unterzahl-Situationen nicht die Ruhe verloren.

Der Franzose verpasste in den ersten beiden Saisons kaum eine Spielminute, wurde zweimal Pokalsieger und gewann 2018 die Meisterschaft. Der absolute Höhepunkt seiner Karriere war aber die darauffolgende Weltmeisterschaft in Russland. (DATEN: Statistiken der spanischen La Liga)

Während bei Barcelona Piqué sein kongenialer Partner war, bildete Umtiti bei der Équipe Tricolore mit dem damaligen Real-Star Raphaël Varane eine kaum zu überwindende Abwehrmauer.

In sechs von sieben Spielen stand er 90 Minuten auf dem Platz und war mit ein Garant für den WM-Titel 2018.

Umtiti opfert sich für Frankreichs WM-Titel auf

Doch was lange Zeit niemand wusste? Diesen Erfolg bezahlte Umtiti teuer!

„Ich habe mein Knie riskiert, um die Weltmeisterschaft mit Frankreich zu gewinnen. Ich bereue die Entscheidung nicht“, erklärte der französische Nationalspieler im November 2020 im Gespräch mit Canal+: „Im Leben muss man Entscheidungen treffen und ich bereue diese nicht.“

Diese Aufopferung ist aller Ehren wert, vor allem für Frankreichs Ruhm, auf der katalanischen Seite wird man aber weniger erfreut gewesen sein. Denn Umtiti ließ eine Knie-OP sausen, um die WM zu spielen, und soll seitdem chronische Kniebeschwerden haben. (NEWS: Alles zum Transfermarkt im SPORT1-Transferticker)

Umtiti wird zu teurem Ladenhüter

Mit der Folge, dass der Weltmeister seitdem immer wieder verletzt ausfiel und kaum noch für Barca auf dem Feld stand. Vielmehr verlor Umtiti seinen Stammplatz, sitzt nun meist auf der Tribüne und ist zu einem teuren Ladenhüter geworden.

Am deutlichsten abzulesen am Marktwert des 28-Jährigen: 2018 wurde Umtiti mit 70 Millionen Euro bemessen, 2020 nur noch die Hälfte (32 Mio.) und Stand jetzt ist er nur noch lächerliche zwei Millionen Euro wert.

Laut Giancluca Di Marzio geht Umtiti nun vernünftiger mit seiner Gesundheit um und nimmt einen persönlichen Fitnesstrainer mit nach Lecce. Dieser soll sich um das Knie des Franzosen kümmern, sodass weitere Ausfälle in Zukunft zur Ausnahme werden.

Barca-Star: Vom Stammplatz auf die Tribüne

Im Herbst 2021 gab Umtiti Mundo Deportivo ein Interview und versuchte ein letztes Mal die Wogen zu glätten: „Ich fühle mich körperlich sehr gut. Ich halte die Trainingseinheiten gut durch und habe große Vorfreude darauf, wieder zu spielen. Ich warte auf den Zeitpunkt, das wieder zu tun können, körperlich geht es mir sehr gut. Ich habe alles verändert… das Training, meine Ernährung. Ich bin stärker und schneller als früher.“

Doch trotz eines guten Fitnesszustandes aufgrund von Extra-Einheiten nach dem regulären Training kam der ausgebootete Innenverteidiger nicht zum Einsatz. Selbst seine Liebesbekundung zu Barca änderte nichts daran.

„Für mich ist klar, dass es jetzt am wichtigsten ist, hier zu spielen, denn es ist mein Verein, ich liebe diesen Verein. Ich möchte hier erfolgreich sein, spielen und mit meinen Mitspielern und der Mannschaft gewinnen“, sagte Umtiti.

Und weiter: „Ich sehe mich hier, ich warte auf den Moment, in dem ich spielen kann. Ich muss weiter trainieren, arbeiten und beweisen, dass ich einen Platz im Team habe. Ich bin ein harter Arbeiter. Fußball ist mein Leben, Barcelona ist mein Leben.“

Das Tischtuch zwischen Barcelona und dem 28-Jährigen war aber zu sehr zerrissen. Selbst, als Umtiti dem Klub im Januar 2022 nochmals entgegenkam, um Neuzugang Ferran Torres für den laufenden Spielbetrieb zu registrieren, blieb alles beim Alten.

Umtiti verzichtet für Ferran Torres auf Gehalt

Ohne Umtitis Gehaltsverzicht und Vertragsverlängerung bis 2026 hätten die Katalanen nämlich keinen Spielraum in Sachen Financial Fairplay für den 55-Millionen-Neuzugang von Manchester City gehabt und somit Ferran Torres nicht einsetzen können.

Doch alle Bemühungen waren vergebens. Umtiti verweilt meist auf der Tribüne und soll den Klub verlassen. Barca-Coach Xavi setzt auf die anderen fünf Innenverteidiger.

Nur ein Tapetenwechsel könnte wohl seine Karriere wieder in Fahrt bringen. Allerdings muss der 28-Jährige seine Ansprüche dabei senken und sich statt mit der Champions League mit Abstiegskampf in Italien abfinden.

Zumindest gebraucht wird Umtiti dort, da dem verletzungsgeplagten US Lecce die Innenverteidiger ausgehen.

Strebt Umtiti eine Trainer-Karriere an?

Außerdem hat sich der Noch-Katalane offenbar für den Serie-B-Meister entschieden, da er an einer Trainer-Karriere interessiert sein soll und daher gerne die italienische Taktik kennenlernen würde.

Sollte es als Spieler also nicht mehr steil nach oben gehen, klappt es womöglich zumindest bald an der Seitenlinie wieder.

Davor darf sich Umtiti aber zum ersten Mal seit über acht Monaten auf dem Feld beweisen - und das plötzlich nicht als Notlösung, sondern als Hoffnungsträger.