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Pressestimmen zu Russland-Ausschluss: Kritik an FIFA, Infantino "wie Saddam Hussein"

Presse: „Blutgetränkte Verzögerung“

Nach dem Ausschluss Russlands aus allen Wettbewerben üben internationale Medien scharfe Kritik an der verzögerten Reaktion der FIFA. SPORT1 zeigt die Pressestimmen.
Russland hat mit Empörung auf den Ausschluss russischer Mannschaften aus allen Wettbewerben und der WM in Katar durch den Fußball-Weltverband FIFA und die Europäische Fußball-Union reagiert.
Nach dem Ausschluss Russlands aus allen Wettbewerben üben internationale Medien scharfe Kritik an der verzögerten Reaktion der FIFA. SPORT1 zeigt die Pressestimmen.

Seit Montagabend ist es offiziell: Die FIFA und die UEFA schließen den russischen Fußballverband RFU aus sämtlichen internationalen Wettbewerben aus. (NEWS: Alles Wichtige zur WM-Qualifikation)

Ebenso davon betroffen: die kommende WM in Katar im November dieses Jahres. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM-Qualifikation)

Die Entscheidung der beiden mächtigsten Fußball-Verbände der Welt ist eine Reaktion auf den militärischen Überfall Russlands auf die Ukraine, der am vergangenen Donnerstag erfolgt war. (DATEN: Tabellen der WM-Qualifikation)

Die Kämpfe dauern seitdem an, bislang wehrt sich das ukrainische Volk gegen die heftigen Angriffe, doch die Russen beschießen Städte im gesamten Land - unter anderem die Hauptstadt Kiew - und rücken mit einem gewaltigen Konvoi auf diese zu.

Während die Fans weltweit den Ausschluss Russlands begrüßen und auch die SPORT1-User mit 89 Prozent dafür stimmten, dass die Entscheidung alternativlos gewesen sei, hält ein Teil der internationalen Presse die FIFA trotzdem für „moralisch gescheitert“, da diese erst auf Druck einzelner Verbände reagiert habe.

Der Eindruck, der daraus entstehen mag: Russland wäre ohne das Zutun anderer nicht aus den weltweiten Wettbewerben ausgeschlossen, sondern lediglich durch die FIFA sanktioniert worden. Im Fadenkreuz der Kritik dabei: Präsident Gianni Infantino.

„Infantino wurde blinzelnd ans Tageslicht gezerrt“

SPORT1 fasst die internationalen Pressestimmen zur Causa Russland zusammen:

ENGLAND

Daily Mail: „Gerade, wenn man denkt, es sei unmöglich, eine geringere Meinung von der FIFA und ihrem Präsidenten Gianni Infantino zu haben, finden diese Jungs immer einen Weg, zu überraschen. Doch dieses Mal hatten sie keine andere Wahl, als das Richtige zu tun. Sie wollten nicht. Sie versuchten es nicht. Nur 24 Stunden zuvor hatten sie eine Position bezogen, die so im Widerspruch zur Weltöffentlichkeit stand, dass sie den internationalen Fußball und vielleicht ihre Position darin zu demontieren drohte. Vielleicht war das der Grund für diese plötzliche Wende. Die FIFA befürchtete eine Herausforderung der eigenen Macht – Infantino wurde blinzelnd ans Tageslicht gezerrt wie Saddam Hussein aus seinem Spinnenloch. Wir dürfen niemals vergessen: Obwohl sie alles versucht haben, sich irgendwie herauszuwuseln, mussten selbst diese Scharlatane Russland am Ende rauswerfen.“

The Conversation: „Seit Jahrzehnten bekennt sich der Weltverband des Fußballs zu sportlicher Neutralität und zieht es vor, Sportereignisse nicht zu politisieren. Die Entscheidung des Verbandes, Russland für seine aggressive Kriegsführung zu bestrafen, stellt einen kleinen Schritt in Richtung einer politisch zukunftsorientierteren Politik dar, aber seine Maßnahmen bleiben weit hinter dem Schaden zurück, den er in der Vergangenheit angerichtet hat.“

Sun: „Der Fußball hat endlich Rückgrat gezeigt. Nach tagelangem Zaudern und Zögern steht der Fußball-Weltverband mit Verspätung für die Menschen in der Ukraine ein und verhängt sportliche Sanktionen gegen Russland und Belarus.“

The Times: „Der Pudel hat Bellen gelernt. Gut gemacht, FIFA. Aber wo warst du? Die Ungeheuerlichkeit von Wladimir Putins Verhalten ist so groß, dass sogar die FIFA, ein Haus des Schreckens, wenn es um Integrität und Intelligenz geht, gesagt hat: Nimm das, Moskau. Präsidenten Gianni Infantino brauchte immer noch vier Tage, um eine Entscheidung zu treffen, die vier Sekunden hätte dauern sollen. Während der souveräne Boden der Ukraine unter den Ketten von Putins Panzern verloren geht, zögerte Infantino beschämend, bevor er Russland endgültig vom Fußball, einschließlich der WM-Playoffs, suspendierte. Es ist eine blutgetränkte Verzögerung.“

Guardian: „Die mächtigsten Gremien des Fußballs haben sich dem Internationalen Olympischen Komitee angeschlossen und nach Tagen wachsender Proteste endlich gehandelt.“

DEUTSCHLAND

Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Dass er (Gianni Infantino; Anm. d. Red.) schwieg, zauderte und versuchte, sich irgendwie durchzulavieren, war leicht durchschaubar – er hat ein paar andere Geldgeber für andere Vorhaben im Rücken, die mit Menschenrechten nach europäischen Maßstäben sehr wenig im Sinn haben und genau drauf schauen werden, wie er sich positioniert. Die europäischen Verbände hatten dieses Spiel durchschaut und Infantino diese Entscheidung längst aus der Hand genommen. Denn wann der Präsident den Internationalen Fußball-Verband die Suspendierung Russlands verkünden lassen würde – es passierte am Montagabend –, das spielte im Grunde schon überhaupt keine Rolle mehr.“

Der Spiegel: „Mit einem Tag Verspätung hat sich der Fußball-Weltverband besonnen: Er schließt Russland nun doch wegen der Invasion in die Ukraine von seinen Wettbewerben aus - ebenso wie die UEFA. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass dies die richtige Entscheidung ist. Aber sie kommt viel zu spät. Der öffentliche Druck war dermaßen groß geworden, dass man jetzt nicht mehr anders konnte. Selbst das IOC war schon vorausgegangen – und das heißt wirklich etwas. Die FIFA, als einer der zwei wichtigsten Sportverbände der Welt, hätte als eine Anführerin vorweggehen müssen. Stattdessen haben dies kleinere Nationalverbände wie Polen und Schweden und wie zuletzt so oft die Athletinnen und Athleten selbst in die Hand genommen.“

FRANKREICH

L‘Equipe: „Die Entscheidung der FIFA, der UEFA und der wichtigsten internationalen Sportverbände, russische Mannschaften und Klubs von laufenden und zukünftigen Wettbewerben auszuschließen, insbesondere von der Weltmeisterschaft 2022, ist eine starke, in manchen Fällen unverdächtige Geste – zugleich ist sie von unbekannten Folgen.“

USA

New York Times: „Ein Glaubensartikel im globalen Sport – dass Athleten nicht für die Handlungen ihrer Regierungen bestraft werden sollten – bröckelte am Montag, als Führungskräfte weltweit dazu übergingen, Russen von Wettkämpfen zu verbannen und die Isolation des Landes für seine Invasion in der Ukraine zu vertiefen.“

Washington Examiner: „Die FIFA und das Internationale Olympische Komitee haben wiederholt dazu beigetragen, die Diktatur des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu legitimieren. Jetzt, da sie endlich zur Vernunft gekommen sind, können sie vielleicht anfangen, ihre neuen Standards flächendeckend anzuwenden. Das IOC, frisch davon befreit, Chinas Völkermordregime die Olympischen Winterspiele 2022 ausrichten zu lassen, entdeckte endlich ein Gewissen. Angesichts der unprovozierten Invasion Russlands in der Ukraine empfahl die IOC-Exekutivkommission allen internationalen Sportorganisationen, russische oder weißrussische Athleten und Funktionäre nicht einzuladen oder ihnen die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen zu gestatten.“

SPANIEN

Marca: „FIFA und UEFA schmeißen Russland im Rennen um die WM raus. Eine glasklare Antwort auf die Invasion der Ukraine. Auch die russischen Klubs werden von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen. Der internationale Fußball geht Hand in Hand und ist solidarisch mit allen Betroffenen in der Ukraine.“

AS: „FIFA und UEFA gehen knallhart gegen Russland vor und schließen alle Mannschaften von allen Wettbewerben aus. Wladimir Putin bekommt damit auf sportlicher Ebene die Quittung für seinen Angriff auf die Ukraine.“

ITALIEN

Gazzetta dello Sport: „Russland wird aus dem Sport ausgeschlossen. Es tut uns wirklich für die russischen Athleten leid, die unschuldige Opfer des Wahnsinns ihres Präsidenten sind. Die Sanktionen belasten die WM und den europäischen Fußball schwer.“

Corriere dello Sport: „Auch der Fußball stellt sich geschlossen gegen Russland mit Sanktionen, die es in dieser drastischen Dimension noch nie gab. Mit eisernem Griff gehen alle Sportorganisationen gegen Russland vor.“

Corriere della Sera: „Nachdem sie erst nur internationale Spiele in Russland verboten hatte, hat die FIFA nach heftiger Kritik ihre Haltung geändert und die russische Nationalelf von der WM verbannt. Der Verband gibt damit dem Druck des IOC nach.“

La Repubblica: „20 Minuten reichen für die Entscheidung, Russland von allen Sportwettbewerben auszuschließen. Nach 24 Stunden muss die FIFA eine Kehrtwende hinlegen, nachdem Infantino noch am Sonntag angekündigt hatte, die Russen nicht ausschließen zu wollen.“

NIEDERLANDE

NRC: „Der internationale Fußball ist schläfrig in den Krieg gezogen. Zum ersten Mal überhaupt verurteilen die Funktionäre gemeinsam ein Gewaltregime. Das sagt viel über den Ernst der Lage, aber auch über die Sitten im Spitzenfußball aus.“

SCHWEIZ

Blick: „Alle russischen Teams fliegen raus: Der Fußball stellt sich gegen Putin. Der Russen-Ausschluss ist der Schlusspunkt eines denkwürdigen Tages, an dem sich der internationale Fußball also doch noch gegen Kriegstreiber Wladimir Putin stellt.

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