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EM 2024: Ansage von Schweiz-Legende zu Kobel-Bankplatz! "Er wird der Torhüter der Zukunft"

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EM 2024: Ansage von Schweiz-Legende zu Kobel-Bankplatz! "Er wird der Torhüter der Zukunft"

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Kobel ist „Torwart der Zukunft“

Der frühere Bundesliga-Trainer Martin Andermatt spricht im exklusiven SPORT1-Interview über die Schweizer Nationalmannschaft und die EM-Entscheidung gegen BVB-Keeper Gregor Kobel. Außerdem blickt er auf das DFB-Team und Julian Nagelsmann.
Gregor Kobel wird bei der EM 2024 für die Schweiz nur auf der Bank sitzen. Vorzug erhält der Ex-Gladbacher und -Münchner Yann Sommer.
Reinhard Franke
Reinhard Franke
Der frühere Bundesliga-Trainer Martin Andermatt spricht im exklusiven SPORT1-Interview über die Schweizer Nationalmannschaft und die EM-Entscheidung gegen BVB-Keeper Gregor Kobel. Außerdem blickt er auf das DFB-Team und Julian Nagelsmann.

Der Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin hat ein halbes Jahr vor Beginn der Europameisterschaft eine Entscheidung auf der Torhüter-Position gefällt: Für Yann Sommer, der seit Sommer für Inter Mailand spielt, und gegen Gregor Kobel von Borussia Dortmund. Das bestätigte Yakin dem TV-Sender blue sport.

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Dazu hat auch der frühere Bundesliga-Trainer Martin Andermatt eine Meinung. 1999 gelang dem Schweizer mit dem SSV Ulm der Aufstieg in die Bundesliga. Vom Juni 2001 bis März 2002 trainierte er Eintracht Frankfurt.

In seiner Heimat war Andermatt für unterschiedliche Vereine tätig. Seit 2022 arbeitet er als Technischer Leiter beim FC Basel für die U15 bis U21.

Im exklusiven SPORT1-Interview reagierte der 62-Jährige auf die selbstbewusste Ankündigung von DFB-Sportdirektor Rudi Völler hinsichtlich der EM-Chancen. Zudem sprach Andermatt über die Schweizer Nationalelf, Sommer, Yakin und Bundestrainer Julian Nagelsmann.

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SPORT1: Herr Andermatt, Murat Yakin hat sich frühzeitig auf Yann Sommer als Nummer 1 bei der EM festgelegt. Was sagen Sie dazu?

Martin Andermatt: Zuerst einmal sind wir in einer komfortablen Lage, sehr gute Torleute zu haben. Kobel wird der Torwart der Zukunft sein, aber Murat vertraut anscheinend der Erfahrung und auch dem Können von Yann Sommer für die EM. Murat Yakin will auf dieser Position schnell Klarheit haben. Was ich auch persönlich wichtig finde.

SPORT1: Wie haben Sie mit Sommer mitgelitten? Er hatte bei Bayern keine leichte Zeit. Murat Yakin sagte bei SPORT1, Sommer sei beim FC Bayern durch eine Drecksschleuder gezogen worden...

Andermatt: Es gibt immer Zahlen und Fakten. Yann ist nicht der Prototyp eines geklonten Torhüters mit einem Gardemaß von 1,97 Metern, der dann auch noch fußballerisch top ist. Yann ist menschlich in Ordnung, er hat die schwere Zeit bei Bayern souverän gemeistert und ist als Top-Mann nach Mailand gewechselt. Yann ist ein toller Torwart, der leider lange im großen Schatten von Neuer stand. Wir sind froh, dass Yann bei Inter starke Leistungen zeigt.

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SPORT1: Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf, als die Schweiz und Deutschland in dieselbe EM-Gruppe gelost wurden?

Andermatt: Meine ersten Gedanken waren: ‚Oh, jetzt kann sich die Schweiz mal bei einer EM mit Deutschland messen. Das wird spannend.‘ Wenn ich die Entwicklung in der Schweiz betrachte, war es so, dass wir in der Vergangenheit unsere talentierten Spieler ins Ausland bringen konnten. Wir haben dieses Selbstwertgefühl des Könnens und nicht nur des Wollens gezeigt. Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen; die Jungs haben bereits gezeigt, dass sie sich in verschiedenen Ländern durchsetzen können. Es ist spannend, sich mit Deutschland zu messen.

Deutschland? „Der Grat der Selbstüberschätzung ist sehr schmal“

SPORT1: Rudi Völler hat sich zuletzt im STAHLWERK Doppelpass zur EM-Auslosung geäußert und gesagt, dass es bei allem Respekt vor den Gegnern in der Gruppe das Ziel sei, in die K.o.-Runde einzuziehen. Wie haben Sie die Worte Völlers wahrgenommen, besonders ob der zurückliegenden WM-Enttäuschungen?

Andermatt: Ich habe auch in Deutschland gearbeitet und dort hat man ein anderes Selbstwertgefühl, das liegt im Naturell der Deutschen. Man kann es auch positiv sehen, dass sie von sich überzeugt sind. Man kann auch von einer anderen Situation sprechen, da die Deutschen doch schon einige Titel gewonnen haben. Rudi sollte jedoch vorsichtig sein mit solchen Aussagen. Denn der Grat der Selbstüberschätzung ist sehr schmal. Mancher spricht von Überheblichkeit.

SPORT1: Müsste Völler also demütiger sein?

Andermatt: Vielleicht wollte er auch schon etwas Druck aufbauen. Doch eines ist klar: Man wird an Taten und nicht an Worten gemessen. Was früher war, muss man sich immer wieder neu und hart erarbeiten. Das gilt auch für die Deutschen. Zuletzt sah es nicht so gut aus. Das bekommen auch unsere Spieler und Murat mit. Ich bin da völlig entspannt.

Martin Andermatt trainierte Eintracht Frankfurt von 2001 bis 2002
Martin Andermatt trainierte Eintracht Frankfurt von 2001 bis 2002

SPORT1: Was hat die Schweiz stark gemacht?

Andermatt: Uns hat einiges ausgezeichnet, besonders die Schlauheit, die wir als kleine Nation immer zeigen mussten, um die Großen zu schlagen. Die aktuelle Generation in unserer Nationalmannschaft betont diese Attribute wieder sehr stark. Die nachfolgenden Spieler müssen ihr volles Potenzial ausschöpfen. Das erfordert eine immense Arbeit. In Zukunft braucht es mehr Trainer als Übungsleiter.

SPORT1: Aber die Schweiz muss sich doch nicht vor Deutschland verstecken, oder?

Andermatt: Wir mussten uns nie vor Deutschland verstecken. Es lag nie in unserer Natur, uns zu verstecken. Wenn man sich die ganze Zeit versteckt und man gute Verstecke hat, dann ist es irgendwann auch langweilig, wenn man den ganzen Nachmittag alleine ist, weil das Versteck zu gut ist (lacht). Wir müssen lernen, das, was wir haben, nach außen zu tragen und Stolz zu zeigen. Denn viele unserer Spieler haben in ihren Vereinen Schlüsselpositionen eingenommen. Wir werden bei der EM eine gute Leistung zeigen.

SPORT1: Die WM in Katar war für die Deutschen eine Katastrophe und die Länderspiele gegen die Türkei und gegen Österreich waren zuletzt auch nicht gut. Was ist aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahren hierzulande falsch gelaufen?

DFB? „Werte sollten wieder stärker gelebt werden“

Andermatt: Es geht um das allgemeine Verständnis. Sich um Menschen zu kümmern, Spieler zu entwickeln und diese in ein Team zu integrieren, muss das A und O sein. Kurz gesagt, Werte sollten stärker gelebt werden. Und: In Deutschland entsteht schnell eine Polemik. Die TV-Experten sagen immer und zu allem etwas. Das macht etwas mit dem Selbstwertgefühl einzelner Spieler. In letzter Zeit hat man im deutschen Fußball fachlich kompetenten, jedoch nicht so polemischen Personen wenig Zeit eingeräumt. Hansi Flick ist ein ruhiger Typ, konnte aber einiges entwickeln. Man hätte ihm etwas mehr Zeit geben sollen. Im deutschen Fußball wird oft stark auf Fehlern beharrt, während die Diskussion über Lösungen vernachlässigt wird. Und in dieser Situation war Flick machtlos.

SPORT1: Ist Yakin eigentlich der schwierige Typ, für den ihn viele halten? Im SPORT1-Interview sagte er zuletzt, dass er knallhart sein kann.

„Da wundere ich mich schon, welche Funktionen diese TV-Experten haben“

Andermatt: Murat kann sehr konsequent sein. Aber wenn du Cheftrainer bist, hast du das Sagen. Murat sollte den Weg vorgeben. Der Weg gibt ihm recht, er kann gewisse Dinge fordern. Wir sind zufrieden mit ihm. Ich bin überzeugt, dass Murat mit seinem taktischen Verständnis und seiner Schlauheit ein wichtiger Faktor sein wird. Aber ein Trainer braucht ein gutes Team um sich herum, um das Team zu führen. Im Erfolg sind alle auf deiner Seite; im Misserfolg weiß man, wer wirklich zu einem steht. Flick konnte nicht mehr auf ein Team um ihn herum zählen.

SPORT1: Wie meinen Sie das?

Andermatt: Ich glaube, dass die Situation so war, dass man neue Lösungen anbieten wollte, aber da war es für Flick schon zu spät. Es war nicht mehr zu realisieren, und dann finden die Kritiker immer ihre Argumente. Entscheidend ist eines: Wenn man etwas will, findet man Lösungen, wenn man nicht will, findet man Argumente. Von außen ist zu viel auf Flick und die Deutschen eingeprasselt. Ich muss manchmal schmunzeln, wer da immer etwas sagt. Da wundere ich mich schon, welche Funktionen diese TV-Experten haben. Haben diese Leute auch schon auf höchstem Niveau eine Mannschaft trainiert?

SPORT1: Meinen Sie Dietmar Hamann und Lothar Matthäus? Was müsse sich ihrer Meinung nach im Experten-Verhalten ändern?

Martin Andermatt im Gespräch mit Jürgen Klopp in der Saison 2001/2002
Martin Andermatt im Gespräch mit Jürgen Klopp in der Saison 2001/2002

Andermatt: Ich finde es in Ordnung und wichtig, dass sich Experten in der Öffentlichkeit äußern. Es ist jedoch wichtig, nicht nur über bestimmte Personen zu sprechen, sondern mit ihnen. Nur Kritik zu äußern, bringt nichts. Warum setzt man sich nicht einmal an einen Tisch, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen? Es geht schließlich um den deutschen Fußball. Viele machen sich Sorgen, und es ist wichtig, Wege zu finden, wie es dauerhaft verbessert werden kann.

Nagelsmann im „Lernprozess“

SPORT1: Ist Julian Nagelsmann nachfolgend der richtige Bundestrainer?

Andermatt: Julian Nagelsmann ist weiterhin eines der großen Trainertalente. Er musste seine aktive Karriere als Profi im Alter von 27 Jahren aufgrund von Verletzungen beenden. Auch José Mourinho und Ralf Rangnick waren keine großen Fußballer. Diese drei Trainer sind für mich Ausnahmen. Man erkennt bei Nagelsmann sein Trainertalent, aber in der Nationalmannschaft geht es nicht nur um Technik und Taktik. Es geht darum, ein Feingefühl zu entwickeln, eine Gruppe zu führen und junge Menschen mitzunehmen. Hier befindet sich Nagelsmann sicher noch in einem Lernprozess.

SPORT1: Überfordert Nagelsmann die Spieler?

Andermatt: Schwer zu sagen. In den wenigen Tagen, die man zusammen hat, kann man nicht alles neu trainieren. Es geht darum, dass die Spieler für ihr Land alles geben. Das ist die große Kunst eines Nationaltrainers. Da ist Nagelsmann nicht zu beneiden, besonders im Vorfeld einer Heim-EM. Mir fällt auf: Es sind oft nur zwischenmenschliche Dinge, die nicht stimmen. Die Harmonie besteht sicher in diesen fünf, sechs Tagen, in denen man zusammen ist. Das, was man beim DFB sagt, sollte man auch leben.

SPORT1: Welche Spieler in der Schweiz sind für Sie die großen Hoffnungsträger?

Andermatt: Neben Granit Xhaka und Yann Sommer ist sicherlich auch Manuel Akanji von Manchester City dabei. Wenn er fit ist, kann Breel Embolo den Unterschied ausmachen. Wir werden als Kollektiv auftreten und verfügen über eine gewisse taktische Reife. Unsere Mannschaft ist sehr homogen, das ist die große Stärke der Schweizer Nationalmannschaft. Und das werden wir den Deutschen zeigen.