Heute vor 40 Jahren: Der 29. Mai 1985 war einer der schwärzesten Tage in der Geschichte des europäischen Fußballs.
Einer der schwärzesten Tage der Fußball-Geschichte
Als die Fußballwelt stillstand
Vor dem Endspiel um den Europapokal der Landesmeister zwischen Juventus Turin und dem FC Liverpool kam es im Brüsseler Heyselstadion zu einer folgenschweren Katastrophe.
Heysel-Tragödie: 39 Menschen kommen ums Leben
Nach heftigen Krawallen und Fanausschreitungen bricht Massenpanik aus. 39 Menschen kamen ums Leben, 454 Personen wurden verletzt.
Es waren schreckliche, schier unbeschreibliche Szenen. Panik brach aus, der Kampf ums nackte Überleben, Menschen wurden erdrückt und erstickt.
Aber wie konnte das nur passieren?
Ein korrupter Funktionär soll Tickets an ein italienisches Reisebüro verkauft haben. Die Eintrittskarten waren für den eigentlich neutralen Block Z bestimmt. Dort tummelten sich aber überwiegend Fans von Juventus Turin, unmittelbar neben den Anhängern der Reds. Die beiden Fanlager trennte nur ein einfacher Maschendrahtzaun.
Es kam zu Auseinandersetzungen und Hooligans der Liverpool-Szene begannen, Block Z zu stürmen. Die Ordner konnten die Situation nicht beruhigen und während die italienischen Fans panisch zu fliehen versuchten, stürzte eine brüchige Begrenzungsmauer ein.
Die gesamte Fußballwelt in Schockstarre versetzt
Die Schutzsuchenden stürzten in die Tiefe, was den Tod für 39 Menschen zur Folge hatte. Wären die damals noch verschlossenen Zugänge zum Spielfeld nicht spontan geöffnet worden, wäre es wohl noch viel schlimmer gekommen.
Das ZDF brach die Übertragung noch vor dem Anpfiff ab. Die ganze Fußballwelt war in einen Schockzustand versetzt.
Mit von der Partie war auch Frankreichs Superstar Michel Platini, damals Taktgeber bei Juventus. Dieser Tag sollte sein Leben für immer verändern. „Uns Spielern wurde die Wahrheit ja verschwiegen“, erinnert sich der ehemalige UEFA-Präsident im Gespräch mit dem französischen Hörfunksender Europe 1.
Mit ca. 90 Minuten Verspätung wurde die Partie schließlich angepfiffen, doch die Spieler wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht über das erschreckende Ausmaß der Tragödie Bescheid. „Uns wurde von zwei, drei Toten erzählt. Wir mussten uns in der Kabine nur warm halten“, erzählt Platini.
„Wenn Leute in ein Stadion kommen, um dich zu sehen, und sie nie wieder nach Hause gehen, tut das weh. Dafür spielt man nicht Fußball“, sagt Platini, betont aber mit Nachdruck: „Man musste unbedingt spielen. Man musste aus anderen Gründen spielen, um die Öffentlichkeit zu schützen. Es wäre ein Bürgerkrieg in der Stadt Brüssel gewesen.“
Das Finale konnte die Alte Dame schließlich mit 1:0 für sich entscheiden, dank eines verwandelten Elfmeters von Platini in der 56. Minute - doch an das Sportliche erinnert sich wohl kaum jemand zurück.
In England spricht niemand über die Tragödie von 1985
Die Konsequenzen waren weitreichend. So wurden nach der Katastrophe alle englischen Vereine für fünf Jahre von europäischen Wettbewerben ausgeschlossen.
Der FC Liverpool erinnert an den Vorfall mit einer Gedenktafel auf der Rückseite des Stadions an der Anfield Road. Über das schreckliche Ereignis will auf der Insel niemand sprechen. Heysel 1985 gilt als Tabuthema.
„Es ist befremdlich, selbst wenn wir uns Ex-Spieler mal auf ein Bier treffen, niemand redet über Heysel, absolut niemand“, berichtet Mark Lawrenson, Verteidiger der erfolgreichen frühen 80er-Ära der Liverpool-Stars. Interviewanfragen mit Heysel-Akteuren zu diesem Thema werden bis heute vom Verein abgelehnt.
Zehn Jahre nach der Katastrophe veröffentlichte der britische Sender BBC dann eine Dokumentation, in der zumindest einer von insgesamt 14 verurteilten Hooligans die Geschehnisse öffentlich bereut.
Juventus gedenkt an die Opfer
Doch der 29. Mai 1985 wird niemals in Vergessenheit geraten. Vom ersten Tag an erinnert Juventus konsequent an die Opfer.
Zum 40. Jahrestag entsteht außerdem ein Denkmal unweit der Juve-Arena. Die Familien der Angehörigen schließen sich zusammen, die Zahl „39“ wird zum Symbol und soll an die Zahl der Opfer erinnern.
In der 39. Minute eines jeden Juve-Spiels wird geschwiegen, in Gedanken an einen der traurigsten Tage, die der Fußball je gesehen hat.