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Zoff auf Führungsebene: So läuft der Machtkampf bei Eintracht Frankfurt ab

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Zoff auf Führungsebene: So läuft der Machtkampf bei Eintracht Frankfurt ab

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Eintracht-Knall: So läuft der Konflikt ab

Bei Eintracht Frankfurt scheppert es auf der Führungsebene. Wie konnte es im Machtkampf zwischen Vorstandssprecher Axel Hellmann und Aufsichtsratschef Philip Holzer so weit kommen?
Daichi Kamada und Eintracht Frankfurt werden im Sommer getrennte Wege gehen. Vieles deutet auf einen Wechsel zu Borussia Dortmund hin.
cmichel
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Als wenige Tage vor dem Champions-League-Rückspiel von Eintracht Frankfurt bei der SSC Neapel in der Frankfurter Rundschau der Bericht auftauchte, wonach Aufsichtsratschef Philip Holzer Vorstandssprecher Axel Hellmann zum Gespräch einlade, waren die danach auftretenden Schläge noch nicht seriös vorhersehbar.

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Ein Bild-Artikel mit der Überschrift „Kippt der Eintracht-Boss um?“ brachte ein spannendes und brisantes Thema in die Öffentlichkeit.

Der Inhalt: Wird Hellmann als einer der beiden Interimsgeschäftsführer der Deutschen Fußball Liga im kommenden Sommer Chef?

Ein Monat voller Differenzen bei Eintracht Frankfurt

Seitdem ist bei Eintracht knapp ein Monat mit vielen Stellungnahmen vergangen. Statt sich in einem Hinterzimmer auszusprechen, tragen die Protagonisten den Machtkampf in der Öffentlichkeit aus. Und erst peu à peu wird klar, dass es nicht alleine um die Frage nach der Zukunft von Hellmann und Holzer geht.

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Denn Aufsichtsratschef Holzer bestätigte in einem Schreiben am 22. März 2023, dass er seinen internen Rücktritt anbiete, um AG-Vorstandssprecher Hellmann zum Bleiben zu bewegen. Doch das reicht Hellmann offenbar nicht.

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Die Differenzen im Umgang miteinander wurden am 13. und 14. März 2023 durch Artikel von SPORT1 und FAZ bekannt. Es geht um das Rollenverständnis auf der Führungsebene und die Bewertung eines Kapitalangebots – immer steht Aussage gegen Aussage.

Innerhalb weniger Tage eskalierte die Lage am Main. Ein Interessenkonflikt, der weit über eine sportliche Entwicklung hinausgeht, hat sich aufgetan.

Aber der Reihe nach: Holzer und Stephen Orenstein sind sowohl Aufsichtsratsmitglieder als auch Anteilhaber. Mit ihrer „Freunde des Adlers GmbH“ sind sie der größte Minderheitenaktionär, halten 16,81 Prozent der Anteile. 67,89 Prozent befinden sich im Besitz des Eintracht e.V.

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Im Zentrum der Diskussionen steht die geplante Kapitalerhöhung

Am 18. August 2022 übermittelte Orenstein ein schriftliches Angebot zur vollständigen Zeichnung der geplanten Kapitelerhöhung an die Vorstandsmitglieder, bestehend aus den vier Mitgliedern Hellmann, Markus Krösche (Sport), Oliver Frankenbach (Finanzen) und Philipp Reschke (Fanangelegenheit, Recht).

Die ersten Rückmeldungen, wie SPORT1 aus dem Umfeld des Aufsichtsrats hörte, seien positiv gewesen. Präsident Peter Fischer habe als Mitglied des Aufsichtsrats ein positives Votum abgegeben. Von AG-Vorstandssprecher Hellmann soll es den Kommentar „Lösung mit einem Investor am besten. Chapeau!“ geben. Dies jedenfalls behauptet Orenstein in einem Brief an den Aufsichtsrat vom 2. April 2023.

In den darauffolgenden Wochen nahm Orenstein die Gespräche und Signale unter dem Strich weiterhin als positiv wahr – selbst wenn einige kritische Zwischentöne zu hören waren.

Das von ihm abgegebene Angebot, das über die „Freunde des Adlers“ umgesetzt werden sollte, galt für Aufsichtsrat und Präsidium als freundlich und nicht, wie vielfach kolportiert, als feindlich. Orenstein signalisierte nach SPORT1-Informationen zu diesem Zeitpunkt auch bereits seine Kompromissbereitschaft, die Forderung des Vereins, weiterhin mindestens 60 Prozent der Aktien im Besitz halten zu wollen, zu erfüllen.

Aufsichtsratsmitglied Orenstein zog Angebot zurück

Die „Freunde des Adlers“ können somit nicht auf 25 Prozent der Aktien-Anteile kommen. Damit aber hätten sie eine Sperrminorität gehabt, sodass Orenstein und Holzer wichtige Beschlüsse blockieren hätten können. Bewegung gab es bis zum 21. September 2022 keine mehr. Orenstein teilte AG-Vorstand, Aufsichtsrat und Fischer an diesem Tag schriftlich mit, dass sein bis 19. September 2022 gültiges Angebot ausgelaufen sei und er keine Aktualisierung vornehme.

Er stellte fest, dass die Eintracht-Gremien in der Frage der Kapitalerhöhung noch Zeit benötigen. Der Meinungsbildungsprozess sollte nach der Mitgliederversammlung vom 26. September 2022 fortgesetzt werden.

Nach der MV dominierte allerdings ein Antrag des Mitglieds Sebastian Braun die Diskussionen. Die anwesenden Mitglieder stimmten seinem Eilantrag, wonach 60 Prozent der Aktienanteile beim Klub bleiben müssten, mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zu. „25 Prozent – x“ und nicht „25 Prozent +1″ lautete also die neue Formel.

Das waren die Eckpunkte der Orenstein-Offerte

Seitdem wurde das Thema Kapitalerhöhung nicht mehr verfolgt, ein neues Angebot Orensteins gab es nicht mehr. Nach Informationen von SPORT1 hatte seine inzwischen zurückgenommene Offerte zwei Eckpunkte.

Orenstein wollte sich langfristig engagieren. Er sagte deshalb verbindlich zu, dass sein Aktienanteil bis mindestens 2033 nicht verkauft wird. Zweitens betrug das angebotene Gesamtpaket 42,2 Millionen Euro, aufgeteilt auf AG (40,09 Millionen Euro) und e.V. (2,11 Millionen Euro).

Damit hätte er einen Preis von 100 Euro pro Aktie bezahlt. Die Grundlage für sein Angebot war eine im Herbst 2020 vorgenommene Bewertung eines angesehenen Unternehmens.

Diese neutrale Werteinschätzung war auch die Basis der Kapitalerhöhung der Eintracht Fußball AG in Höhe von 22 Millionen Euro im Jahr 2021, womit die finanziellen Folgen der Corona-Krise gelindert werden konnten. Die Orenstein-Offerte im August 2022 lag 40 Prozent über der Summe, die 2021 für die Kapitalerhöhung an die Eintracht Fußball AG bezahlt wurde.

Die Europapokal-Erfolge lassen den Wert der Eintracht steigen

Die rechtskräftige Bewertung der Eintracht Fußball AG, wonach der Klub einen Wert von 503 Millionen Euro habe, traf erstmal am 13. Januar 2023 ein. Der Sieg in der Europa League, die Qualifikation für das Champions-League-Achtelfinale und die positiven Trends in Liga und Pokal sorgten dafür, dass die in dem Bericht der FAZ vom 14. März 2023 genannte Summe von 153 Euro pro Aktie seitdem intern offenbar als angemessener Preis galt.

Laut Bild-Meldung vom 1. April 2023 soll Orenstein diesen Preis aber für sehr ambitioniert halten. Als Grund dafür nannte er die Unwägbarkeiten des Fußballgeschäfts. Neu entbrannt sind zusätzlich die Diskussionen um einen möglichen Interessenskonflikt von Orenstein und Holzer in ihreren Funktionen als Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder der Eintracht.

Dies war bis dahin nie der Fall, und ist erst jetzt ein Reizthema, was darauf hindeutet, dass die Holzer- und Orenstein-Gegner mit diesem Argument im öffentlich ausgetragenen Machtkampf punkten wollen. Zumal auch Holzer-Vorgänger Wolfgang Steubing zugleich Aktionär und Aufsichtsratsvorsitzender war, ohne dass dies jemals thematisiert wurde.

Hellmann-Zukunft weiterhin offen

Wie SPORT1 aus dem Umfeld des Vereins weiß, hat Frankenbach der – nicht ausgesprochene – Vorwurf, mit seinen Vorarbeiten die aktuelle Bewertung von der Rating-Agentur Nomura möglicherweise aufgehübscht zu haben, durchaus getroffen. Gleichzeitig äußerte Orenstein in einem Schreiben vom 2. April 2023, das SPORT1 vorliegt, dass die Bewertung der Fußball-AG im Januar 2023 höher als im Sommer 2022 liege, „freut uns alle“.

Wie es bei der Eintracht in der Führungsetage weitergeht, ist offen. Hellmann selbst macht sich noch Gedanken über seine Zukunft. Nach SPORT1-Informationen hat er bislang intern nicht erklärt, ob er sich der DFL anschließt oder seinen bis 2027 laufenden Vertrag bei der Eintracht erfüllt.

Fischer tritt als Schlichter auf

Ein „Weiter so“ mit Holzer, Orenstein und Hellmann? Am kommenden Mittwoch ist ein weiteres Gespräch zwischen den Parteien geplant. Präsident Fischer tritt dabei als Schlichter auf.

In einer Stellungnahme des Aufsichtsrats vom 24. März 2023, in dem Holzer das Vertrauen ausgesprochen und Hellmann zum Bleiben aufgefordert wurde, mahnte Fischer: „Differenzen und unterschiedliche Meinungen gehören dazu, sollten aber nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden.“

Unter den gegebenen Umständen ist das nur noch sehr schwer vorstellbar.