Home>Fußball>Bundesliga>

VfL Wolfsburg: "Dass Junior gestorben ist, konnte ich nicht glauben"

Bundesliga>

VfL Wolfsburg: "Dass Junior gestorben ist, konnte ich nicht glauben"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

„Konnte Juniors Tod nicht glauben“

Josuha Guilavogui verlässt nach neun Jahren den VfL Wolfsburg. Der langjährige Kapitän blickt im SPORT1-Interview auf den tragischen Unfall von Junior Malanda, seine Anfangszeit beim VfL und Kevin De Bruynes einzigartige Qualität zurück.
Josuha Guilavogui und der VfL Wolfsburg haben bekanntgegeben, dass der Spieler den Club zum Saisonende verlassen wird. Es laufen bereits Gespräche über eine Anschlussbeschäftigung.
Marie Backhaus
Marie Backhaus
von Marie Backhaus

Josuha Guilavogui hat den Großteil seiner fußballerischen Karriere beim VfL Wolfsburg verbracht.

{ "placeholderType": "MREC" }

Neben Maximilian Arnold hat sich der langjährige Kapitän zur Identifikationsfigur und zum Vorbild der Wölfe entwickelt. Als nur einer von fünf Profis kommt er auf über 200 Bundesligaspiele für die Niedersachsen. Nach neun Jahren schließt sich das Kapitel des 32-Jährigen zu Saisonende in der Autostadt.

Im Interview mit SPORT1 lässt Guilavogui seine Zeit beim VfL Wolfsburg Revue passieren, verrät, welcher Trainer ihn besonders beeinflusst hat - und weshalb er beinahe im Rollstuhl säße.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Herr Guilavogui, lassen Sie uns Ihre Jahre hier beim VfL Wolfsburg Revue passieren. Inwieweit ist Wolfsburg mittlerweile Ihr Zuhause geworden und Ihre Familie mittlerweile hier verankert?

Lesen Sie auch

Guilavogui: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich mal in Deutschland spielen werde. Nun bin ich neun Jahre in Wolfsburg geblieben und das war die beste Entscheidung meiner Karriere. Wenn ich über meine Schultern zurückblicke, habe ich das Gefühl, dass ich immer noch der 23 Jahre alte Junge bin, der voller Energie ist. Aber ich bin sehr dankbar, weil ich am Ende fast meine ganze Karriere hier verbracht habe. Das ist nicht selbstverständlich.

SPORT1: Erinnern Sie sich noch konkret an die Anfangszeit hier beim VfL? Was war damals der allererste Eindruck, als Sie hier ankamen?

Guilavogui: Die deutsche Disziplin. Das war für mich Wahnsinn. Zum Beispiel, wenn wir eine Besprechung um 10.00 Uhr hatten, dann war um 9.55 Uhr der Saal schon voll. Und ich komme 9.58 Uhr und alle haben mich angeschaut. In Deutschland halten sich die Leute wirklich fest an die Disziplin und sie mögen ihre Arbeit. Denn wenn du dich umschaust, dann arbeiten hier sehr viele Menschen für Volkswagen. Sie sind sehr glücklich, ein Teil dieser Firma zu sein. Ich glaube, als Spieler habe ich auch diese Verbindung mit meinem Verein. Ich fühle mich hier wirklich zu Hause.

{ "placeholderType": "MREC" }

Guilavogui: „Wenn du einen Freund verlierst, ist es nie einfach“

SPORT1: Gleich nach Ihrer ersten Saison beim VfL sind Sie in der Bundesliga Vizemeister geworden und haben den Pokal geholt. Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Guilavogui: Das war überragend. Ich hatte vorher eine sehr harte Zeit bei Atlético Madrid, habe wenig gespielt, auch wegen einer schweren Verletzung. Manchmal kannst du eine sehr harte Zeit haben, aber in der nächsten Saison holst du wieder die Sterne vom Himmel - deswegen ist der Fußball so schön. Ganz schlimm war aber der Fall mit Malanda (Junior Malanda starb 2015 bei einem Autounfall am 15. Januar; Anm. d. Red.). Wenn du einen Freund verlierst, dann ist das nicht einfach. Ich werde das immer mit dem VfL verbinden.

SPORT1: Man merkt, dass es ein sehr emotionales Thema für Sie ist. Wie kann man Ihre Beziehung beschreiben?

Guilavogui: Es gibt manche Leute, die kommen einfach in einen Raum und dann strahlt wieder die Sonne. Und so ein Mensch war Junior. Seine Energie, sein Lachen war immer sehr positiv. Ich glaube keiner, der ihn kannte, könnte etwas Schlechtes über Junior sagen. Ich konnte noch kein Deutsch und er hat mir sehr viel geholfen, obwohl er jünger als ich war. Vor den Spielen waren wir zusammen im Hotel und ich kann mich noch daran erinnern, dass wir so viel geredet und gelacht haben in unserem Zimmer. Ich bin immer noch im Kontakt mit seinem Bruder und er gehört zu uns.

Junior Malanda (li.) und Josuha Guilavogui (r.) waren gut befreundet
Junior Malanda (li.) und Josuha Guilavogui (r.) waren gut befreundet

SPORT1: Zu dem Zeitpunkt war die Mannschaft kurz vor dem Abflug ins Trainingslager. Wie haben Sie damals die Nachricht erhalten?

Guilavogui: Ich konnte nicht mit ins Trainingslager, weil ich verletzt war. Ich war in Frankreich und habe einen Anruf erhalten, da ich nicht nach Südafrika mitfliegen konnte. Mir wurde gesagt, dass Junior gestorben ist. Es war ein Autounfall und ich konnte es nicht glauben. Dann habe ich die vielen Nachrichten auf meinem Handy gesehen und ins Internet geschaut und ich konnte es immer noch nicht glauben.

SPORT1: Wie geht man mit so einer Nachricht um?

Guilavogui: Ich muss sagen, dass der Verein das richtig gut gemacht hat. Sie haben alles übernommen und sich um alles gekümmert. Ja, ich glaube, das war ein großes Zeichen der Solidarität des Vereins.

„In diesem Spiel waren wir als Mannschaft besser als Real Madrid“

SPORT1: Was war Ihr schönster Moment beim VfL?

Guliavogui: Vielleicht nicht der schönste, aber der letzte schöne Moment war, als ich nach Wolfsburg zurückkam und ein Tor geschossen habe. Ich bin nicht bekannt dafür, dass ich Tore schieße. Ich glaube nicht, dass viele Spieler im ersten Spiel nach ihrem Comeback getroffen haben. Das hatte eine große Bedeutung für mich und war ein sehr emotionaler Moment für mich.

SPORT1: 2016 sind sie im Champions-League-Viertelfinale auf Real Madrid getroffen und standen nach einem 2:0 im Hinspiel kurz davor, die Königlichen aus dem Wettbewerb zu schießen. War das das Highlight, wenn Sie auf die europäischen Auftritte des VfL zurückblicken?

Guliavogui: Ich glaube schon, denn das war Real Madrid und das war Zinédine Zidane als Trainer und für mich als Franzose war das etwas Besonderes. Für uns ist Zidane der größte Spieler der Geschichte in Frankreich. Das war ein sehr emotionaler Moment.

Josuha Guilavogui (l.) im Duell mit Toni Kroos
Josuha Guilavogui (l.) im Duell mit Toni Kroos

SPORT1: Wie haben Sie das Spiel in Erinnerung? Cristiano Ronaldo war damals auch dabei.

Guliavogui: Wir haben als Mannschaft eine super Leistung gezeigt. Fußball ist fast der einzige Sport, bei dem der Kleine den Großen besiegen kann, das war an dem Tag so. Es war nicht ein Spiel eins gegen eins, sondern elf gegen elf - und deshalb haben wir dieses Spiel gewonnen. Denn in diesem Spiel waren wir als Mannschaft besser als Real Madrid.

SPORT1: Ihre Teamkollegen sagen oft, dass Sie die Mannschaft zusammenhalten. Wie machen Sie das und was ist Ihr Geheimnis?

Guliavogui: Ich bin einfach ein sehr positiver Mensch. Das kommt von meiner Erziehung. Ich bin ein Junge, der seinen Traum erfüllt hat. Warum soll ich nicht glücklich sein? Ich bin der Älteste in meiner Familie. Ich bin immer dabei, um zu spielen und Spaß zu haben. Neben dieser deutschen Disziplin auch Spaß zu haben - das ist ein guter Mix.

SPORT1: Ein Teamkollege von Ihnen war auch mal Kevin De Bruyne. Wie haben Sie seine Entwicklung beobachtet?

Guliavogui: Eigentlich bin ich nicht überrascht. Er war bei uns der beste Spieler der Bundesliga in der Saison 2014/15. Er konnte ein Spiel alleine entscheiden. Er gehört vielleicht zu den besten Spielern der Welt. Was er in den letzten Jahren geleistet hat, ist überragend.

„Ein paar Zentimeter weiter und ich wäre im Rollstuhl gelandet“

SPORT1: Sie haben insgesamt neun Trainer miterlebt. Von wem haben Sie denn am meisten gelernt?

Guliavogui: Ich glaube, von Dieter Hecking, meinem ersten Trainer, und auch von Bruno Labbadia habe ich viel gelernt. Wir haben eine sehr gute Beziehung. Wir hatten eine sehr harte Zeit mit der Relegation und dann haben wir es sofort in die Europa League geschafft. Das war auch was Besonderes. Das war ein schöner Moment.

Josuha Guilavogui zog sich 2016 einen Halswirbelbruch zu
Josuha Guilavogui zog sich 2016 einen Halswirbelbruch zu

SPORT1: Zu einer Karriere gehören auch immer Verletzungen. Sie hatten auch ein paar schlimmere, wie einen Halswirbelbruch (beim Testspiel gegen Sporting im Juli 2016) oder einen Kreuzbandriss. Wie sind Sie damit umgegangen?

Guliavogui: Bei meinem Halswirbelbruch hatte ich großes Glück. Ein paar Zentimeter weiter, dann wäre ich im Rollstuhl gelandet. Ich bin jemand der an Gott glaubt und der war in dieser Situation bei mir. Ich bin sehr glücklich, weil ich weiß, dass von heute auf morgen meine Karriere vorbei sein könnte. Dann muss ich immer an Junior denken. Deswegen müssen wir diese Zeit genießen. Ich bin sehr gut damit umgegangen und dafür sehr dankbar.