Die Dortmunder waren bestrebt, das Positive aus der Pleite gegen den VfB Stuttgart (1:2) zu ziehen. „Wir haben ein ordentliches Spiel gemacht“, meinte Innenverteidiger Waldemar Anton.
Beim BVB liegen die Nerven blank!
Nerven liegen blank beim BVB
Sportdirektor Sebastian Kehl sah „in vielen Phasen ein gutes Spiel“ und Niko Kovac meinte: „Die Mannschaft hat einiges gut umgesetzt, sowohl mit als auch gegen den Ball.“
Alles nur Schönrederei? Möglich ist es, denn die Zahlen und der Blick auf die Tabelle zeigen ein anderes Bild.
BVB droht eine Saison zum Vergessen
Unter dem Strich steht nach einem kurzen Aufwärtstrend unter Mike Tullberg (zwei Siege, ein Remis) die nächste Niederlage, die Dortmunder verlieren den Anschluss an Champions-League-Rang vier.
Auf diesem liegt nun der VfB, der bereits sechs Zähler mehr auf dem Konto hat als der BVB. Sollte Leipzig am Sonntag gegen den FC St. Pauli gewinnen, würde der Rückstand auf sieben Punkte anwachsen. Es droht für die Dortmunder eine Saison zum Vergessen.
Das schwarz-gelbe Ruder rumzureißen könnte für Kovac zur Mammutaufgabe werden. Denn die Zeit läuft davon.
BVB-Baustellen bleiben bestehen
Der BVB hatte, wie fast üblich, auch gegen die Stuttgarter mehr Ballbesitz (68 Prozent). Doch das Kreieren von Chancen bleibt weiterhin Mangelware. Vor allem einen Punkt monierte Kovac nach dem Spiel auf SPORT1-Frage: „Das Einzige, was ich deutlich ansprechen muss, ist die Entscheidungsfindung in der Box. Wenn du schießen kannst, dann schieß.“
Viel Ballbesitz und wenig Durchschlagskraft - ein Thema, das die Dortmunder bereits seit einigen Monaten begleitet. Schon unter Edin Terzic war das eine Baustelle. Doch wie soll das nun endlich verbessert werden? „Natürlich mit Trainingseinheiten und Selbstbewusstsein“, erklärte Kovac nach dem Spiel.
Das Selbstbewusstsein dürfte nach diesem erneuten Rückschlag nicht größer werden. Und Trainingseinheiten sind aktuell Mangelware. Dass der BVB den direkten Einzug ins Achtelfinale der Champions League leichtfertig verspielte, bedeutet wiederum zwei weitere englische Wochen für die Westfalen.
Die Baustellen dürften sich wohl so schnell nicht in Luft auflösen. „Vor uns liegt viel Arbeit, wir wollen in der Tabelle klettern. Ich bleibe aber dabei: Das Ergebnis ist das eine, aber die Art und Weise war trotzdem sehr viel besser“, wollte sich Kovac nicht beirren lassen.
Wer, wenn nicht Kovac?
Kovac forderte vor dem Spiel „Disziplin, Aggressivität und Intensität“ und meinte anschließend, die Mannschaft habe „alles“ davon erfüllt.
Genau um diese Attribute wieder ins Team zu bringen, hatten die Dortmunder den 53-Jährigen geholt. Zwar dominierten die Dortmunder über viele Phasen des Spiels, in den entscheidenden Duellen hatten sie aber oft das Nachsehen. In der ersten Hälfte gewannen die Stuttgarter zwei von drei Zweikämpfen gegen die Dortmunder.
Und das, obwohl auch der VfB in vielen englischen Wochen steckt und sogar unter der Woche, anders als der BVB, im DFB-Pokal ranmusste.
BVB in der Krise – Nerven liegen blank
Die groß geplante Aufholjagd bekommt also schon in Spiel eins unter Kovac einen heftigen Dämpfer. Symptomatisch für die brenzlige Situation der Dortmunder ist dabei der Platzverweis von Julian Ryerson: In der 56. Spielminute handelte sich der Norweger, der die gesamte Partie überdreht gewirkt hatte, eine Gelbe Karte wegen lautstarken Meckerns ein.
Rund eine halbe Stunde später fiel Ryerson erneut wegen Undiszipliniertheit auf. Nach einem Halten von Angelo Stiller schlug der Verteidiger aus und kassierte folgerichtig den Platzverweis.
„Es sind Emotionen dabei, das kann schon mal passieren, darf aber nicht passieren. Der Schiedsrichter hätte mit einem Pfiff die Szene beruhigen können“, stellte sich Kovac vor Ryerson.
Ryerson-Auftritt sinnbildlich
Überhaupt ist der BVB in dieser Kategorie Bundesliga-Spitze. Kein Team kassierte bislang mehr Platzverweise als die Dortmunder (sechs). Zweiter ist Wolfsburg mit vier, gefolgt von einigen Mannschaften mit drei und weniger.
Einen direkten Zusammenhang zwischen Disziplin und dieser Statistik kann allerdings nicht gezogen werden. Denn die Platzverweise von Can, Schlotterbeck (zweimal) und auch Groß waren zum Teil unglücklich. Sinnbildlich ist das Auftreten von Ryerson zu diesem Zeitpunkt der Saison allemal und zeigt: Bei einigen Spielern liegen die Nerven blank.
Zwar ist der BVB um gute Stimmung bemüht. Mit Schönrederei dürften die Dortmunder allerdings nicht weiterkommen. Die Probleme - das zeigt das Spiel eindeutig - kann auch Kovac nicht im Handumdrehen in Luft auflösen.