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Neues, großes Interview: Das sind Uli Hoeneß' Hintergedanken

Das sind Hoeneß' Hintergedanken

Uli Hoeneß meldet sich wieder zu Wort: Müller, Wirtz, Finanzen. Dabei zeigt der Patriarch, was er sich von seinem FC Bayern wünscht.
Im Poker um Florian Wirtz bieten sich dem FC Bayern München offenbar alternative Optionen, um einen potenziellen Transfer zu ermöglichen. Der FC Liverpool steht vor wichtigen Vertragsverlängerungen mit zwei Schlüsselspielern.
Uli Hoeneß meldet sich wieder zu Wort: Müller, Wirtz, Finanzen. Dabei zeigt der Patriarch, was er sich von seinem FC Bayern wünscht.

In den vergangenen Wochen hat der FC Bayern in der öffentlichen Diskussion viele offene Fragen hinterlassen. Viele Fäden endeten im Nirgendwo und die Aufklärung fehlte. Jetzt ist es Uli Hoeneß, der in der Welt am Sonntag für Klarheit sorgt – zumindest in Teilen.

Es ist eines jener Gespräche, in denen der Patriarch seine Lesart der Dinge unters Volk bringen will – Zweifel werden nicht mehr zugelassen. So hat er es schon öfter gemacht, so auch jetzt.

Hoeneß gibt Hinweise an Bayern-Führung

Doch was meint Hoeneß wirklich? Fakt ist: Sein Einfluss ist weiter enorm und jede Aussage darf als kleiner Hinweis für die sportliche Führung verstanden werden. Ein ungeschriebener Paragraf in der Sitzung des FC Bayern lautet weiterhin: Hoeneß sagt, wo es langgeht.

Via Interview verteilt er Aufträge und Lob – die Angesprochenen wissen, was zu tun ist. SPORT1 klärt auf, was Hoeneß sagt – und was er meint.

Kleine Hoeneß-Spitze gegen Müller?

„In den vergangenen zwei Jahren habe ich ihm [Thomas Müller – Anm. d. Red.] immer wieder gesagt, dass ich mich gern mal mit ihm zusammensetzen würde, um über seine Pläne für die Zukunft zu sprechen. Weil ich ihn für einen absolut fähigen Mann halte, der künftig die Fäden des FC Bayern auch außerhalb des Fußballplatzes halten kann. Er hat Interesse gezeigt, aber immer gesagt: ‚Jetzt noch nicht!‘“

Kritiker könnten aus diesen Sätzen einen Seitenhieb auf Thomas Müller erkennen. Das Motto: Die Bayern haben dem Urgestein immer wieder eine Brücke Richtung Karriereende gebaut, doch der unverwüstliche Müller habe das nicht gewollt. Meint Hoeneß, dass der Rekordspieler den richtigen Moment für den Absprung verpasst hat?

Möglich, denn der Ehrenpräsident erklärt gleichzeitig, warum er Müller im Februar öffentlich ein Karriereende nahelegte: „Ich wollte diesen Schritt gehen, der ja auch mutig war, um mal Gedanken in diese Richtung zu äußern. Ich wollte helfen, etwas Gutes bewirken“, sagt Hoeneß jetzt und fühlt sich offenkundig missverstanden.

Eine Sichtweise, die man SPORT1-Informationen zufolge im Lager von Müller nicht teilt. Dass Hoeneß ausgerechnet die Film-Premiere von „Thomas Müller – Einer wie keiner“ für so eine brisante Aussage wählte, sorgte allgemein für Kopfschütteln.

„Wären wir zu dem Schluss gekommen, Thomas einen neuen Vertrag zu geben, wäre ich der Letzte gewesen, der dagegen gewesen wäre.“

Wieder eine interessante Aussage, da Hoeneß seine Rolle im Klub kleinredet. Hätte er eine Vertragsverlängerung für Müller wirklich gewollt, hätte er sicher Mittel und Wege gefunden, um einen Abschied zu verhindern. Etwas anderes zu glauben, wäre naiv.

Gleichzeitig verweist er auf die Einstimmigkeit in sämtlichen Gremien, wo Sportvorstand Max Eberl doch bereits mehrmals betonte, dass es im Hintergrund durchaus auch harte Diskussionen gegeben habe – nicht nur in der Causa Müller. Dass er gleichzeitig verkündet, dass Müller auf die Entscheidung des Klubs nicht vorbereitet gewesen sei, wirft ein besonderes Licht auf den Vorgang. War der Bayern-Star zu blauäugig?

Erneutes Treffen mit Wirtz-Vater

„Wie ich schon mehrmals gesagt habe: Ich persönlich würde ihn [Florian Wirtz – Anm. d. Red.] gern beim FC Bayern sehen. Aber das ist meine Meinung als Privatmensch, und der Spieler steht bei Bayer Leverkusen unter Vertrag. Für seinen Transfer bräuchten wir ein Sondervermögen wie die Bundesregierung. Daher ist das im Moment kein Thema.“

Wieder verschleiert der Patron ein wenig seine Rolle im Klub. Streng genommen gibt es schließlich keinen „Privatmenschen Hoeneß“. Im Interview der Welt am Sonntag wird er als Ehrenpräsident eingeführt, nicht als fußballinteressierter Laie oder erfolgreicher Unternehmer.

Dass er mit seinen Aussagen die sportliche Führung entlasten will, ist offenkundig. Trotzdem ist es in der Hinsicht vermutlich schon zu spät.

Schließlich sprießen im Fall Wirtz die Gerüchte nicht nur in München aus dem Boden, sondern auch in Leverkusen. Selbst Hoeneß wird diese Dynamik kaum bremsen können – zumal er sich laut SPORT1-Infos erneut mit Wirtz‘ Vater Hans getroffen hat.

Gutes Zeichen für Sané und Goretzka

„Sein Vertrag läuft aus. Leroy [Sané] spielt gut. Es ist vorstellbar, dass er bei uns bleibt. Leon [Goretzka] hat noch ein Jahr Vertrag. Warum sollen wir ihn verkaufen? Er spielt doch gut. Generell gilt: In unserem Kader muss es eine vernünftige Balance geben. Das ist die große Herausforderung für den FC Bayern in nächster Zeit: sportlich erfolgreich zu sein, ohne dass wir wirtschaftlich aus dem ganz großen Füllhorn schöpfen können.“

Hoeneß wählt eine eher zahme Version, um seine Ansage aus dem Sommer 2024 zu wiederholen. Er sagt nicht wie damals „Der FC Bayern hat keinen Geldscheißer“, meint es aber. Auch seine anderen Einlassungen zur Finanzsituation sprechen da Bände.

Dass er Goretzka und Sané eine weitere Zukunft beim Rekordmeister in Aussicht stellt, ist für die beiden ein gutes Zeichen. Hoeneß gibt ganz im Wortsinne den Aufsichtsrat: Er gibt Ratschläge und beaufsichtigt.

„Sollten wir unsere Ziele – vor allem den Gewinn der deutschen Meisterschaft – nicht erreichen, wäre das schon eine Enttäuschung.“

Hoeneß gibt sich vordergründig bescheiden. Wie bereits vor Wochen erklärt er den Titel in der Bundesliga zum obersten Ziel. Champions-League-Triumph? Finale dahoam? Angeblich (fast) egal. Doch seine Worte sind auch Druck.

Druck auf Trainer Vincent Kompany und seine Mannschaft. Denn der Patron sagt, als er auf sein Titelversprechen aus dem vergangenen Jahr angesprochen wird: „Wir hatten seither genug Chancen, den Deckel drauf zu machen. Das haben wir nicht geschafft.“ Damit schlägt er in die gleiche Kerbe wie Karl-Heinz Rummenigge im Februar.

Der hatte auf SPORT1-Nachfrage verkündet: „Es nützt nichts: Die Trainer haben eine schwere Aufgabe. Bei Top-Klubs wie Bayern München, Real Madrid, City und wie sie alle heißen musst du performen. Und das musst du jedes Wochenende!“ Die Botschaft der Alphatiere: Auch Kompany genießt keinen Welpenschutz mehr.

Hoeneß stärkt Eberl den Rücken

„Mit dem Trainer liegen wir sehr gut. Max macht einen guten Job. Natürlich will man als sportlich Verantwortlicher viele Titel gewinnen – und da ist noch was drin diese Saison. Wir sollten Max jetzt mal in Ruhe arbeiten lassen, so wie wir die künftige Bundesregierung auch erst mal machen lassen sollten. Sie wird ja schon kritisiert, bevor es überhaupt losgeht.“

Der vielseitig interessierte Hoeneß liebt offenkundig Querverweise auf die Politik. Es ist nicht das erste Mal, dass er dieses Themenfeld mit dem Fußball vergleicht.

Der Patriarch scheint instinktiv zu spüren, dass er Eberl, seinen einstigen Wunschkandidaten für den Posten des Sportvorstands, stützen muss – alles andere würde die Situation rund um die Säbener Straße noch unübersichtlicher werden lassen. Hoeneß, der politische Stratege.

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Dass aber gerade Jan-Christian Dreesen als CEO immer mehr ins Rampenlicht drängt und auch Aufgaben aus dem sportlichen Bereich übernimmt, wischt Hoeneß beiseite. „Wir haben uns früher die Aufgaben doch auch immer aufgeteilt. So was muss im Zusammenspiel laufen.“

Das mag richtig sein, der 73-Jährige verschweigt jedoch, dass es in der alten Struktur mit ihm als Aufsichtsratsboss und Rummenigge als CEO eigentlich nur zwei große Klub-Strategen gab.

Mittlerweile sind es mit den beiden, sowie Klub-Präsident Herbert Hainer, Eberl, Sportdirektor Christoph Freund und eben Dreesen deutlich mehr Köpfe, die unter Profilierungszwang stehen. Sogar Finanzboss Dr. Michael Diederich ist kein reiner Zahlenmensch.