Am Ende fehlten nur wenige Sekunden. Sekunden, die die Rückschau und Analyse des Spiels komplett anders hätten ausfallen lassen. Denn hätte der HSV nicht in der siebten Minute der Nachspielzeit den 1:1-Ausgleich erzielt, wäre beim BVB eigentlich alles wie immer gewesen: Minimalismus pur. Denn einen knappen Vorsprung über die Zeit retten war bislang die Paradedisziplin der Dortmunder in dieser Spielzeit.
Die Misstöne beim BVB werden lauter
Die Misstöne werden lauter
Sowohl gegen Wolfsburg, Köln und Augsburg als auch in der ersten Pokalrunde setzte sich der BVB mühevoll mit 1:0 durch. Gegen Eintracht Frankfurt gab’s den Zittersieg nach Elfmeterschießen. Fußball ist ein Ergebnissport, da sind sich alle einig. Auch für einen knappen Sieg gibt es drei Punkte. Doch die Art und Weise sorgt intern für Gesprächsstoff. Die Kritik wird lauter.
BVB ärgert sich über hergeschenkten Sieg
Viele Fans waren nach dem Remis in Hamburg frustriert. Wie kann die Mannschaft, die zuvor das Spiel über eine Stunde dominiert hatte, nach dem Führungstreffer mit dem Fußballspielen aufhören? Wie kann sich das Team gegen einen Aufsteiger so einigeln?
Selbst Nico Schlotterbeck forderte: „Wir müssen ein wenig mehr Fußball spielen.“
Auch Sportdirektor Sebastian Kehl ärgerte sich: „Wir waren viel zu passiv und haben den HSV wieder stark gemacht. Das war völlig unnötig, weil wir das Spiel gerade in der ersten Halbzeit sehr stark kontrolliert haben. Wir hätten das Spiel gewinnen müssen.“
BVB-Boss Kehl war „richtig sauer“
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der BVB ein Ergebnis nicht über die Ziellinie gerettet bekommt.
Aber gerade der Zeitpunkt ärgert die Bosse. Sportdirektor Sebastian Kehl war „richtig sauer“. Denn die Dortmunder hätten die Nutznießer aus den Punktverlusten der Konkurrenten aus Leipzig und München sein können. Das große Problem in dieser Spielzeit: Gerade gegen tiefstehende Mannschaften hat der BVB größte Schwierigkeiten, sich Chancen zu erspielen.
Am Anfang sprachen sie in Dortmund von Kaltschnäuzigkeit und maximaler Effizienz. Doch in Wahrheit ist es ein Mangel an Kreativität in der Offensive. Das müssen sich alle nach dem HSV-Remis eingestehen.
Vor der Partie am achten Spieltag gegen den 1. FC Köln war der BVB die Mannschaft, die in der Bundesliga am seltensten aufs gegnerische Tor schoss. Dass gegen Hamburg kein Last-Minute- oder Zittersieg steht, dürfte Warnung genug sein. Nach dem Motto: Lieber früher als später.
Kovac und der BVB müssen den nächsten Schritt machen
Niko Kovac hat die Mannschaft deutlich stabilisiert. Die Formkurve der Defensive ist keine Achterbahnfahrt mehr und die immer wiederkehrende Mentalitätsfrage stellt sich aktuell nicht. Und trotzdem ist die eigene Unzufriedenheit über die Art und Weise kein Geheimnis mehr. Der BVB muss sich spielerische Leichtigkeit und Finesse wieder hart erarbeiten.
Der Kader gibt eigentlich viel mehr her als das bisher Gezeigte. Gerade auf die Kreativabteilung um beispielsweise Felix Nmecha, Carney Chukwuemeka, Karim Adeyemi oder auch Julian Brandt wird es noch mehr ankommen. Sie alle sind gefordert, denn „da wollen wir nicht so weitermachen wie heute“, meinte Kehl nach der Partie und stellte eine klare Forderung: „Ich erwarte, dass wir mit den Möglichkeiten, die wir haben, besser Fußball spielen, so ein Spiel bis zum Ende kontrollieren und auch irgendwann mal ein zweites Tor schießen.“
Trotz erster Misstöne: Der BVB ist voll im Soll, steht auf dem dritten Tabellenplatz der Bundesliga, im Achtelfinale des DFB-Pokals und ist auch in der Champions League - trotz der Niederlage gegen City - voll auf Kurs. Doch die offensive Weiterentwicklung ist der nächste Schritt für Kovac und sein Team. Und der muss zeitnah folgen, sonst werden die kritischen Töne schon bald viel lauter.