Mit dieser Entscheidung überraschte Niko Kovac alle! Beim Pokal-Aus des BVB gegen Bayer 04 Leverkusen unter der Woche gab Sommer-Neuzugang Fabio Silva sein Startelf-Debüt. Weil Kovac Serhou Guirassy nach seiner Frust-Auswechslung am Wochenende zuvor immerzu den Rücken stärkte und darum bat, das Thema nicht zu hochzuhängen, nahmen viele an, dass die von Kovac betitelte „Lebensversicherung“ auch im Pokal von Beginn an spielen würde. Doch dem war nicht so.
Wachablösung im BVB-Sturm?
Wachablösung im BVB-Sturm?
Guirassy blieb draußen, Silva begann – und überzeugte. Nun steht Kovac vor der schwierigen Entscheidung: Die gute Leistung von Silva mit einem erneuten Startelfeinsatz am Sonntag gegen die TSG Hoffenheim (17.30 Uhr im LIVETICKER) belohnen oder den sich zuletzt nicht in Topform befindlichen Guirassy wieder das Vertrauen schenken? Wer ist aktuell wichtiger für die Mannschaft? SPORT1 vergleicht die beiden Stürmer.
Silva mit überzeugendem BVB-Startelfdebüt
Kovac betonte zwar vor dem Leverkusen-Spiel, dass er Silva auch auf der linken Außenbahn sehen würde. Am Ende gab er aber dann doch den Guirassy-Ersatz im Sturmzentrum und wusste zu gefallen.
Von Beginn an schmiss sich der 23-Jährige in Zweikämpfe, lief extrem viel und setzte sich und vor allem seine Mitspieler mehrfach gut in Szene.
In einer Situation ließ er seine gesamte Klasse aufblitzen. Bei einer Ryerson-Flanke lief er perfekt im Rücken von Robert Andrich ein, legte den Ball sehenswert aus dem Vollsprint mit der Hacke auf Adeyemi zurück.
Der Flügelflitzer traf aber mit seinem Abschluss nur den am Boden liegenden Andrich. Die Vorarbeit hätte das Zeug zum schönsten Assist des Jahres gehabt.
Silva wirklich besser eingebunden als Guirassy?
Doch auch sonst wirkte es so, als wäre Silva deutlich mehr ins Spiel der Dortmunder eingebunden als der zuletzt so blasse Guirassy. Doch ist dem so?
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Guirassy hat beim Thema Einsätze und Spielminuten die Nase klar vorne. Der 29-Jährige stand in dieser Spielzeit rund siebenmal so lange auf dem Platz wie Silva.
Dementsprechend hat er auch mehr Tore (neun) und Vorlagen (drei) als Silva (ein Tor, zwei Vorlagen).
Rechnet man diese Scorer-Statistik auf Minuten herunter, dann ergibt sich allerdings schon ein anderes Bild. Silva ist alle 74 Minuten an einem Tor beteiligt. Guirassy nur alle 125.
Richtige Ableitungen lassen sich daraus allerdings nicht ziehen. Denn Silva kam häufig in der Schlussphase, als die Mannschaft offensiv mehr Alarm machte und die gegnerischen Abwehrspieler schon etwas müde gewesen sein dürften.
Ein detaillierterer Blick lohnt sich dennoch.
Silva führt mehr Zweikämpfe, Guirassy gewinnt mehr
Guirassys Passquote (77 Prozent) ist knapp höher als die von Silva (71). Auch die Zweikampfquote (48 Prozent) und Ballgewinne pro 90 Minuten (2,5) sind bei dem Guineer besser als bei Silva. Der Portugiese gewinnt gerade einmal etwas mehr als jedes vierte Duell mit einem Gegenspieler (28 Prozent) und gewinnt nur 1,6 Bälle pro 90 Minuten.
Allerdings wagt er auch deutlich mehr. Silva hat pro 90 Minuten mehr Ballaktionen (48) als Guirassy (36) und führt in dieser Zeit auch deutlich mehr Zweikämpfe (15,7) als Guirassy (10,3).
Interessant ist auch die Torschuss-Statistik. Während Guirassy minimal häufiger selbst abschließt (2,9-mal pro 90 Minuten) als Silva (2,4), bereitet der Portugiese deutlich mehr vor. 3,2 Schüsse pro 90 Minuten bereitet Silva vor, bei Guirassy ist es nicht mal einer (0,8).
Silvas Spielweise ist mannschaftsdienlicher
Aus den Zahlen lässt sich durchaus herauslesen, dass Silvas Spielweise deutlich engagierter und mannschaftsdienlicher ist als die von Guirassy.
Vielleicht auch, weil er nicht ausschließlich und schon gar nicht erst ein klassischer Mittelstürmer wie Guirassy ist. Der Sommer-Neuzugang ist in der Offensive nahezu überall zu finden, während Guirassy eben oft im Zentrum bleibt.
Sein Einfluss in dieser Position scheint etwas kleiner geworden zu sein. Während er Ende der vergangenen und am Anfang dieser Saison der favorisierte Zielspieler des BVB war, läuft der Spielaufbau häufiger ohne ihn ab.
BVB-Trainer Kovac hat die Qual der Wahl
Ausbaufähig ist bei beiden die Elfmeterquote. Guirassy verschoss beide seiner Elfer in dieser Saison (traf gegen Villarreal im Nachschuss). Auch Silva vergab gegen die Spanier, traf aber immerhin im Pokal gegen Eintracht Frankfurt.
„Konkurrenzkampf, meine Herren“, wies Niko Kovac am Freitag bei der Pressekonferenz auf die derzeitige Situation hin.
Aktuell haben die Dortmunder keine Verletzten zu beklagen, am Freitag standen 22 Spieler bei der Einheit auf dem Feld. Nur Niklas Süle hat noch Trainingsrückstand aufzuholen.
Zum Vergleich: Zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr konnte Ex-BVB-Trainer Nuri Sahin kaum anständige Trainingsinhalte durchführen, weil kaum Spieler zur Verfügung standen.
Dortmund - die Tendenz geht Richtung Guirassy
Die große Frage im Hinblick auf den Sonntag lautet: Guirassy oder Silva? Die Tendenz geht Richtung Serhou Guirassy. Auch, um ihn bei Laune zu halten. Denn Kovac weiß, wie wichtig der Stürmer in Topform sein kann.
Genau dahin will der BVB-Coach ihn wieder bringen. Ein erneutes Reservistendasein könnte ihn in ein noch tieferes Formloch fallen lassen.
Und das dürfte, gerade im Hinblick auf den Frühjahr, nicht im Dortmunder Sinne sein. Kovac wird die Folgen seiner Entscheidung genau abwägen müssen.
Eine dauerhafte Wachablösung wird es erstmal nicht geben.
Auch eher unwahrscheinlich ist es, dass beide in der ersten Elf stehen werden. Auch wenn Kovac betonte, dass sich Silva für weitere Aufgaben empfohlen habe.
Doch die jüngste Vergangenheit zeigt: Kovac weiß zu überraschen.