Rückendeckung für Nuri Sahin: Mit klaren Worten hat TV-Experte und Ex-Profi Dietmar Hamann die Entscheidungen des BVB-Trainers bei der 2:5-Niederlage bei Real Madrid verteidigt. „Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass die alleinige Schuld beim Trainer liegt. ‚Vercoacht‘ ist für mich das Unwort des Jahres. Ich kann das nicht mehr hören!“, stellte er in seiner Sky-Kolumne klar.
„Untergräbt Autorität des Trainers“
„Wenn die Mannschaft gewinnt, heißt es immer: ‚Der Matchplan ist aufgegangen.‘ Und wenn der Trainer einen Spieler auswechselt, und die Mannschaft kassiert fünf Tore, dann hat er sich vercoacht“, erklärte Hamann. Dies sei „einfach Unsinn“ und „zu billig“. Zudem entspreche es „nicht immer der Wahrheit, weil Spieler auf dem Platz stehen, die den Plan des Trainers auszuführen zu haben“.
Mit 2:0 hatte der BVB bei den Königlichen geführt. In der 55. Minute nahm Sahin Torschütze Jamie Gittens vom Feld und stellte mit der Einwechslung von Waldemar Anton auf eine Fünferkette um. Sieben Minuten später glich Real aus und gewann vor allem aufgrund des überragenden Vinícius Júnior noch deutlich.
„Sahins Erklärungen nach dem Spiel waren für mich schlüssig und plausibel“, stellte Hamann klar und bezeichnete den Wechsel als „sympathische Lösung“. Schon eher zweifelte er an der kurz danach erfolgten Auswechslung von Donyell Malen, einem weiteren Konterspieler.
BVB? „Irgendetwas kann nicht stimmen“
In erster Linie nahm der ehemalige Bayern-Star allerdings die Mannschaft in die Pflicht – mit deutlichen Worten. „Nach dem 1:5 in Stuttgart hat Sahin gesagt, er will dieses Gesicht seiner Mannschaft nicht mehr sehen. Das hat Borussia Dortmund aber danach eine Halbzeit lang gegen Bochum, in der ersten Hälfte bei Union Berlin und auch in Madrid wieder gezeigt. Das sagt mir, dass irgendetwas mit der Mannschaft oder um sie herum nicht stimmen kann.“
Besonders hart ging Hamann mit Marcel Sabitzer ins Gericht. Dieser hatte nach dem Sieg in der Champions League in Brügge darauf hingewiesen, dass er lieber auf einer anderen Position zum Einsatz kommen wolle – im Zentrum statt auf dem Flügel. Der BVB reagierte darauf nicht – in den Augen von Hamann ein Fehler. „Ich hätte erwartet, dass jemand - intern und auch öffentlich - klarstellt: Was Sabitzer da gesagt hat, geht nicht.“
Es könne schließlich nicht sein, „dass ein Profi sich nach fünf Pflichtspielen öffentlich hinstellt und sagt, dass er auf einer anderen Position spielen will. Damit untergräbt er die Autorität des Trainers.“ Sahin müsse nun darauf achten, „dass er die Spieler für sich einnimmt. Und dafür braucht er die Unterstützung des Vereins. Die hat er intern wahrscheinlich, aber die hätte man auch öffentlich zeigen müssen.“
Ansonsten, so Hamann, drohe eine Situation, wie sie beim FC Bayern „vor ein paar Jahren“ der Fall war: „Dass die Mannschaft gefühlt untrainierbar wird, weil einzelne Spieler zu viel Macht haben“. Der Wechsel auf der Trainerbank von Edin Terzic zu Sahin habe zwar „kurzfristig eine Reaktion“ zur Folge gehabt, aber: „Es muss das Ganze funktionieren und so, wie es im Moment in Dortmund bisher gelaufen ist, funktioniert es nicht. Statt eine Aufbruchstimmung erzeugt zu haben, steckt der BVB jetzt in einer unguten Situation.“