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Wie Florian Wirtz beim FC Liverpool endlich aufblüht

Und dann erhebt sich Anfield für Wirtz

Nach einigen eher dürftigen Auftritten glänzt Florian Wirtz in der Champions League erstmals für den FC Liverpool - und wird dementsprechend gefeiert.
Florian Wirtz kann bislang keine Torbeteiligung beim FC Liverpool vorweisen. Trainer Arne Slot verteidigt seinen Schützling gegen die Kritiker.
Nach einigen eher dürftigen Auftritten glänzt Florian Wirtz in der Champions League erstmals für den FC Liverpool - und wird dementsprechend gefeiert.

An der Anfield Road lief die 74. Minute, als sich die Anhänger des FC Liverpool im Champions-League-Spiel gegen Atlético Madrid (3:2) von ihren Plätzen erhoben. Neuzugang Florian Wirtz wurde ausgewechselt, der Deutsche dabei mit wohlwollendem Beifall bedacht.

Ein überaus angenehmes Ende eines Arbeitstages, nach dem es zuletzt nicht unbedingt aussah. Der FC Liverpool hatte - von der Pleite im Finale des Community Shields abgesehen - eigentlich einen makellosen Start in die neue Saison hingelegt.

Der kostspielige Neuzugang aus Leverkusen verbuchte daran aber nur einen marginalen Anteil. 125 Millionen Euro hatten die Reds im Sommer locker gemacht, um sich die Dienste des Mittelfeldspielers zu sichern. Dank Boni kann die Summe sogar noch ansteigen.

Wirtz: Hohe Erwartungen zunächst enttäuscht

Bis zur Verpflichtung seines noch teureren Teamkollegen Alexander Isak war Wirtz zwischenzeitlich sogar der teuerste Einkauf der Liga-Geschichte. Hohe Ablöse, hohe Erwartungshaltung: Wirtz wurde von Fans und Experten genauestens begutachtet, allzu beglückt zeigte sich ob seiner bisherigen Leistungen aber niemand.

Sky-Experte Micah Richards vermochte es wie folgt auszudrücken: „Wenn man über 100 Millionen für einen Spieler bezahlt, erwartet man, dass es sofort klickt.“ Und schlimmer noch: Ex-Liverpool-Profi Steve Nicol wandte sich sogar öffentlich an Trainer Arne Slot und forderte diesen auf, Wirtz erst einmal auf die Bank zu setzen.

Starke Leistung gegen Atlético

Slot hörte weg - und wurde belohnt. Denn beim ersten Königsklassen-Auftritt der Reds zeigte Wirtz endlich das, was Trainer, Fans und Experten von ihm sehen wollen.

Der Deutsche kreierte fünf Torchancen, mehr als jeder andere Spieler beider Mannschaften. Eine gute Szene reihte sich an die nächste, er präsentierte sich als Aktivposten im Offensivspiel seiner Mannschaft und auch das Zusammenspiel mit Isak nahm vielversprechende Formen an.

Dass seine Teamkollegen Jeremie Frimpong und Mohamed Salah seine mustergültigen Vorlagen nicht zu verwerten vermochten, daran trug der Deutsche keine Schuld.

Eingewöhnung in Liverpool nicht einfach

„Florian war tatsächlich einige Male kurz davor, ein Tor zu erzielen, und er war auch einige Male kurz davor, eine Torvorlage zu geben“, konstatierte Trainer Slot nach der Partie.

„Ich kann auch sehen, dass er immer fitter wird und sich immer mehr an uns anpasst, was normal ist. Man braucht ein bisschen Zeit, um sich anzupassen. Wir alle wissen, wie viel Qualität er hat, aber manchmal vergessen die Leute, dass er ein 22-Jähriger ist, der zum ersten Mal ins Ausland geht.“

Slot berichtete von seinen eigenen Erfahrungen: „Ich bin 47, weil ich heute Geburtstag habe, aber vergangenes Jahr kam ich mit 46 hierher und arbeitete zum ersten Mal im Ausland. In den ersten zwei oder drei Monaten verändert sich dein ganzes Leben. Alles, was für dich normal ist, ist plötzlich nicht mehr normal. Alles ist anders, und das kostet manchmal auch Energie.“

Slot verteidigt Wirtz

Der Fußballlehrer kann die kleinen Anlaufschwierigkeiten, mit denen der Deutsche zu kämpfen hat, also bestens nachvollziehen. Neben Umzug, Umgebung, neuem Klub und Kollegen ist es auch der Spielstil, an den es sich zu gewöhnen gilt.

„Leverkusen spielt mit einer 3-4-3-Formation und wir spielen mit einer 4-3-3-Formation, sodass wir ihm ohne Ball und auch in der Verteidigung etwas mehr abverlangen. Aber ich sehe, wie er immer mehr wächst. Er und die Mannschaft werden immer besser werden. Mir hat seine Leistung sehr gut gefallen.“

Lob gab es unterdessen nicht nur von Cheftrainer Slot, sondern auch von Kollege und Freund Frimpong, mit dem Wirtz schon bei der Werkself spielte und der ihm den Einstieg an der Anfield Road deutlich erleichterte: „Er fängt gerade erst an“, konstatierte dieser im Vereins-TV. „Ich habe vier Jahre mit ihm in Leverkusen verbracht und weiß, was er kann. Ich sehe das. Es kommt. Es gibt noch viel mehr von ihm zu sehen.“

Britische Presse von Wirtz angetan

Angesichts der deutlichen Leistungssteigerung zeigte sich auch die britische Presse angetan. So entdeckte beispielsweise die Zeitung Liverpool Echo bei Wirtz „mehr Anzeichen der Verbesserung“ und hob dessen „direktes Verständnis“ mit Rekordtransfer Isak hervor.

„Er war an sehr vielen guten Liverpool-Szenen beteiligt“, gab es Lob - und gemeinsam mit Ryan Gravenberch die Auszeichnung zum besten Spieler der Partie.

Für Wirtz selbst dürfte all das positive Feedback - gesprochen, geschrieben oder geklatscht - vor allem eines sein: eine große Erleichterung.