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Die Legende, die der deutsche Fußball einst nicht wollte

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Die Legende, die der deutsche Fußball einst nicht wollte

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Die ungewollte deutsche Legende

Sie war die Pfadfinderin des deutschen Frauenfußballs in einer Zeit, als der DFB den eigentlich noch gar nicht wollte. Anne Trabant-Haarbach wird heute 75.
Anne Trabant-Haarbach war die große Pionierin des deutschen Fußballs der Frauen
Anne Trabant-Haarbach war die große Pionierin des deutschen Fußballs der Frauen
© IMAGO/WEREK
SPORT1
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von SPORT1

Manchmal, sagt Anne Trabant-Haarbach, kommen bei ihr inzwischen die Gedanken hoch: „Dann überlege ich, wie lange ich wohl noch habe.“

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75 Jahre wird die Pionierin des deutschen Fußballs der Frauen am heutigen Neujahrstag alt - und das Thema Gesundheit beschäftigt sie gerade akut: Vor sechs Wochen wurde ihr ein künstliches Schultergelenk eingesetzt. Deshalb ist die große Feier „erstmal verschoben“, sagt sie der Nachrichtenagentur SID: „Aber es geht mir gut, keine Sorge.“

Trabant-Haarbach verbringt heute also einen eher ruhigen Ehrentag - an dem sie Gelegenheit hat, auf ein reichhaltiges und besonderes Vermächtnis zurückzublicken.

Fußball der Frauen: Einst verboten und verspottet

Die geborene Anne Haarbach ist die Pfadfinderin, die Wegbereiterin, der erste ganz große Name des deutschen Frauenfußballs.

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Mit eisernem Willen, Leidenschaft und Entschlossenheit kämpfte sie sich durch die Jahre 1955 bis 1970, in denen der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Frauen- und Mädchenfußball unter seinem Banner verboten hatte. Offizielle Begründung: Die Kampfsportart Fußball sei „der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd“.

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Das verächtliche Bild, das viele Männer damals von Frauen im Fußball hatten, wurde trefflich ausgedrückt in einem berühmt-berüchtigten Beitrag im ZDF-Sportstudio, in dem Moderator Wim Thoelke einen sexistischen Spruch nach dem anderen vom Stapel ließ (“Erna ist nicht flink genug“ - „... ja und decken, decken, nicht Tischdecken, Mann decken. Frei von allen kleinlichen Sorgen um Haushalt, Mann und Kinder spielt der Libero da hinten“).

Anne Trabant-Haarbach setzte einen Meilenstein nach dem anderen

Trabant-Haarbach, aufgewachsen im niedersächsischen Emlichheim, musste gegen diese Vorurteile und Widerstände ankämpfen, als sie der Leidenschaft nachging, die sie schon als Kind auf dem Bolzplatz umtrieb.

Wegen der rechtlichen Hürden spielte sie zunächst Handball und betrieb Leichtathletik. Als die Hürden fielen, startete sie im Fußball durch und setzte einen Meilenstein nach dem anderen. Als Spielerin und Trainerin - teils in Personalunion - gewann die Top-Technikerin mit dem TuS Wörrstadt, dem Bonner SC und der SSG Bergisch-Gladbach insgesamt elf deutsche Meisterschaften sowie die ersten beiden Endspiele um den DFB-Pokal.

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1981 trat sie nach einer eher halbherzigen Einladung durch den DFB mit Bergisch-Gladbach bei der inoffiziellen WM in Taiwan an und brachte auch von dort den Titel mit.

Und endlich, endlich entschloss sich der DFB, den nächsten Schritt zu gehen und eine Frauen-Nationalmannschaft aufzubauen, Trabant-Haarbach war in die Planungen eingebunden. „Und dann durfte ich diese Nationalmannschaft zu ihrem ersten Länderspiel als Kapitänin aufs Feld führen“, erzählt sie. Das war am 10. November 1982 in Koblenz, Deutschland gewann 5:1 gegen die Schweiz: „Bei dem Gedanken kommen mir immer noch die Tränen, die Emotionen sind so lebendig wie am ersten Tag.“

Weil Trabant-Haarbach zum damaligen Zeitpunkt schon im fortgeschrittenen Fußballerinnen-Alter war, war ihre Karriere bald darauf beendet. Der heute wohl logische Weg in den Job als Bundestrainerin war ihr auch versperrt: So weit, einer Frau das Team als Trainerin anzuvertrauen, ging die Fortschrittlichkeit der DFB-Gremien noch nicht, der 2014 verstorbene Gero Bisanz führte das Team von 1982 bis 1996.

Trabant-Haarbachs Verdienste werden heute in höherem Maße gewürdigt, 2022 wurde sie in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen.

Anne Trabant-Haarbach wurde 2022 in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen
Anne Trabant-Haarbach wurde 2022 in die Hall of Fame des deutschen Fußballs aufgenommen

Trabant-Haarbach wünscht sich Frau als Hrubesch-Erbin

Das aktuell von vielen Turbulenzen geprägte Geschehen um die Frauen-Nationalmannschaft verfolgt Trabant-Haarbach immer noch genau.

Die Qualifikation für Olympia in Paris ist aus ihrer Sicht „zu schaffen, die Chance ist da, die müssen sie einfach nutzen“. Leidenschaft und ein fester Wille von jeder einzelnen Spielerin seien dafür erforderlich und „die Bereitschaft, nicht nur sich selbst, sondern die Sache, die Mannschaft in den Vordergrund zu rücken.“

Horst Hrubesch, der Interims-Bundestrainer, sei für diese knifflige Mission durchaus der richtige Mann, obwohl sich Trabant-Haarbach auf Dauer wieder eine Frau auf der Bank wünscht. Was die mitbringen muss? „Natürlich viel Fachwissen, sehr viel Selbstvertrauen und die Fähigkeit, gelassen und konstruktiv mit Kritik umzugehen.“

Trabant-Haarbach weiß mehr als die meisten anderen, wovon sie spricht.

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)