Home>Fußball>Frauen-Bundesliga>

Frauen-Bundesliga: Was Anja Mittag mit RB Leipzig nach dem Aufstieg vorhat

Frauen-Bundesliga>

Frauen-Bundesliga: Was Anja Mittag mit RB Leipzig nach dem Aufstieg vorhat

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

RB? „Spüre keine Feindseligkeiten“

Anja Mittag schafft mit RB Leipzig den Aufstieg in die Bundesliga. Im SPORT1-Interview spricht die frühere Nationalspielerin über Fortschritte im Frauenfußball, Feierfreuden, Fahrstuhl-Mannschaften und mehr.
Anja Mittag hat als aktive Spielerin alle Titel im Frauenfußball gewonnen. Jetzt arbeitet sie als Co-Trainerin bei RB Leipzig und schnürt ausgerechnet für Stadtrivalen Chemie Leipzig die Schuhe.
Marie Backhaus
Marie Backhaus
von Marie Backhaus

50 Tore in 158 Länderspielen sind mal eine Hausmarke - und nicht nur das! Anja Mittag ist eine der erfolgreichsten deutschen Fußballerinnen aller Zeiten.

{ "placeholderType": "MREC" }

Inzwischen arbeitet die frühere Nationalspielerin, die Weltmeisterin (2007), Olympiasiegerin (2016) und dreimal Europameisterin (2005, 2009 und 2013) wurde, als Co-Trainerin bei RB Leipzig, feierte mit dem Team vorzeitig den Aufstieg in die Frauen-Bundesliga.

Und weil Mittag noch immer nicht genug hat vom aktiven Fußball, spielt sie parallel noch für Chemie Leipzig in der Landesklasse.

Im SPORT1-Interview spricht die 37 Jahre alte Stürmerin unter anderem über die Fortschritte im Frauenfußball, den Untergang von reinen Frauen-Vereinen, angebliche Feindseligkeiten gegen RB - und Feierfreuden mit der Konkurrenz.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Ein gutes Team zusammenstellen, um Klasse zu halten“

SPORT1: Was sind Ihre Ziele und Ambitionen für die erste Saison in der Bundesliga?

Lesen Sie auch

Mittag: Es geht erst mal darum, ein gutes Team zusammenzustellen, in der ersten Bundesliga konkurrenzfähig zu sein und die Klasse zu halten. Wir gehen nicht mit der Vorstellung in die Saison, dass wir Meister werden. Da sind wir schon realistisch genug. Wir wollen das Ganze nachhaltig aufbauen, und unsere Entwicklung braucht Zeit. Ich glaube, wir haben einen guten Ansatz, und hoffe, dass wir auf jeden Fall auch dem einen oder anderen Verein ein Beinchen stellen können. Aber natürlich wollen wir uns auch spielerisch weiterentwickeln.

SPORT1: Wenn man noch ein bisschen weiter in die Zukunft schaut, vielleicht so in fünf Jahren. Was sind die Ziele für Leipzig? Wo will man in fünf Jahren ungefähr stehen?

Mittag: Mein Wunsch wäre es natürlich, dass wir uns in der ersten Bundesliga etablieren und nicht eine Fahrstuhl-Mannschaft werden, was auch nicht der Anspruch von RB Leipzig ist. Wir hoffen, dass wir uns in den Top-Fünf etablieren. Die Möglichkeit, um die Qualifikation für die Champions League mitzuspielen und vielleicht auch irgendwann mal um die Meisterschaft, wäre für mich persönlich und auch für den ganzen Verein etwas sehr Schönes.

{ "placeholderType": "MREC" }

„Bei Turbine Potsdam sind an verschiedenen Stellen Sachen verpasst worden“

SPORT1: Man sieht in letzter Zeit einen kleinen Wandel in der Bundesliga. Den reinen Frauenfußball-Klubs wie zum Beispiel Turbine Potsdam, das momentan Letzter ist, geht es schlechter. Der 1. FC Frankfurt ist jetzt fusioniert mit Eintracht Frankfurt. Diese reinen Frauenfußball-Klubs verschwinden von der großen Bildfläche. Wie sehen Sie die Entwicklung in der Liga?

Mittag: Natürlich ist es auf der einen Seite schade, wenn man auch selbst jahrelang bei Turbine Potsdam gespielt hat und auch miterlebt hat, wie das Ganze entstanden ist und wie sich der Verein entwickelt hat. Wir haben zusammen große Erfolge gefeiert. Gleichzeitig finde ich es aber auch schön, dass Lizenz-Vereine fusionieren und den Verein doch auf eine Art und Weise am Leben erhalten. Das ist eine wichtige und richtige Entwicklung, auch für den Frauenfußball. Es engagieren sich viele Vereine und wagen den Schritt in den Frauenfußball. Es ist für uns auch nicht selbstverständlich und wir profitieren davon.

SPORT1: Sind das die entscheidenden Gründe, warum die Entwicklung zum Beispiel bei Turbine zurückgeht? Weil keine Männer-Lizenz-Mannschaft dahintersteht?

Mittag: Das kann ich jetzt schwer sagen. Wenn wir nur über das Beispiel Turbine Potsdam sprechen, sind an verschiedenen Stellen gewisse Sachen verpasst worden. Ich glaube, dass Möglichkeiten da waren, sich auch weiterzuentwickeln.

SPORT1: Wir haben eben schon kurz über die Strukturen, die Möglichkeiten, die bei RB zum Beispiel herrschen, gesprochen. Wie wertvoll sind diese Strukturen im Detail, die Leipzig vor allem dem Frauen- und Mädchen-Fußball gibt?

Mittag: Wir als erste Frauenmannschaft profitieren hier von der ganzen Akademie. Wir haben kurze Wege, sei es beispielsweise, dass unsere Physiotherapeutin im engen Austausch mit der medizinischen Abteilung der Männer steht. Oder auch allgemein die Nutzung der Trainingsplätze. Ansonsten glaube ich, dass die Frauenabteilung logischerweise noch weitere Schritte gehen muss und wird.

SPORT1: Was konkret sind noch Punkte, die verbessert werden müssen?

Mittag: Ein Problem, das wohl jede Stadt aufweist, ist der Mangel an Trainingsplätzen oder an Plätzen generell für die Mannschaften.

Anja Mittag beim Training der RB Leipzig Frauen
Anja Mittag beim Training der RB Leipzig Frauen

SPORT1: Sehen Sie die Entwicklung der Zuschauerzahlen im Fernsehen gerade seit der EM so, dass das gestiegene Interesse und der Hype mitgenommen werden können?

Mittag: Ja, auf jeden Fall. Man sieht auch, dass viele Vereine mutig genug sind, die großen Stadien für Highlight-Spiele zu öffnen und somit den Frauenfußball promoten. Das ist ein schöner Ansatz und das wird auch auf eine gewisse Art und Weise zurückgezahlt. Natürlich wissen wir, dass das nicht in jedem Spiel so umsetzbar ist.

SPORT1: Wenn man auf Ihre Anfangszeit als Spielerin zurückblickt und das mit dem heutigen Training und der Struktur vergleicht: Wie groß sind die Unterschiede?

Mittag: Was mir spontan einfällt, sind zum Beispiel einheitliche Trainingsklamotten. Das ist ein kleiner Fakt, aber ich glaube, der hat auf jeden Fall große Auswirkungen bezogen auf die Zugehörigkeit untereinander. Aber sei es auch, dass die Sachen gewaschen werden, dass du hier natürlich Trainingsplätze hast. Wenn wir vom Thema Professionalisierung sprechen, dann ist es so, dass du am Spieltag oder einen Tag vor dem Spiel Essen bekommst, dass du gemeinschaftlich zu dir nimmst.

„Nachhaltige Entwicklung“ im Vordergrund

SPORT1: Wie wichtig sind Männermannschaften im Hintergrund von Frauenteams? Wie sehr profitieren die Frauenteams davon, wie jetzt auch zum Beispiel bei Bayern oder bei Wolfsburg?

Mittag: In erster Linie kann man wahnsinnig von den Infrastrukturen profitieren. Natürlich findet auch finanziell eine Unterstützung statt. Allerdings ist es nicht so, dass man Millionen zur Verfügung gestellt bekommt, sondern für uns steht immer die nachhaltige Entwicklung im Vordergrund. Aber es ist sehr wichtig und wir profitieren davon. Man sieht an der Entwicklung bei Bayern oder Wolfsburg, dass es nicht über Nacht passiert, sondern es Zeit braucht, um langfristig etwas aufzubauen und eine international konkurrenzfähige Mannschaft zu entwickeln.

FC Bayern München - TSG Hoffenheim: Tore und Highlights | FLYERALARM Frauen-Bundesliga
03:34
FC Bayern München - TSG Hoffenheim (Highlights)

SPORT1: Finden Sie, dass vielleicht manchmal zu wenig Geld vom Verein kommt? Die Hertha zum Beispiel hat jetzt erst eine Frauenabteilung gegründet.

Mittag: Grundsätzlich ist es gut, dass ein Wandel stattfindet, wie auch immer und wann auch immer. Wenn Dortmund sich dazu entscheidet, in der siebten Liga anzufangen, dann ist das trotzdem ein Schritt Richtung Frauenfußball. Jeder hat die Möglichkeit, sein Tempo zu gehen. Es ist wichtig, dass man es nicht auf Krampf versucht und Millionen investiert und hofft, dass man innerhalb von zwei Jahren Champions-League-Sieger wird. Das ist utopisch.

„Ich glaube nicht, dass wir viel Hass erfahren werden“

SPORT1: Wenn man in den Vergleich zum Männerfußball geht, stellt man fest, dass RB Leipzig öfter mal angefeindet wird. Wie ist das bei den Frauen, also sind die Anfeindungen hier genauso groß? Oder ist im Frauenfußball ein anderer Umgang mit Leipzig zu erkennen?

Mittag: Nein, ich glaube nicht, dass wir viel Hass erfahren werden. Der Frauenfußball ist generell ein bisschen kleiner, familiärer und viele Spielerinnen kennen sich untereinander. Da passiert es, dass wir in Freiburg, nach dem DFB-Pokal-Halbfinale, mit dem gegnerischen Team noch zusammen den Aufstieg gefeiert haben. Das ist ein Zeichen von gegenseitiger Wertschätzung: ‚Wir finden das cool, dass ihr in die erste Liga aufgestiegen seid.‘ Wir versuchen, uns gegenseitig zu pushen und das Beste herauszuholen.

SPORT1: Sie haben jetzt auch wieder angefangen zu spielen bei Chemie Leipzig. Wie ist der Kontakt entstanden? Wie ist es dazu gekommen?

Mittag: Über eine der Spielerinnen, die ich aus Leipzig kannte. Sie hat mich kontaktiert und gefragt, ob ich nicht Lust habe, bei ihnen mitzumachen. Ich habe mittrainiert und gemerkt, dass ich mich immer noch auf dem Platz wohlfühle. Wir trainieren meist einmal die Woche, aber bei den Spielen kann ich selten teilnehmen, da wir oftmals selbst Partien haben. Aber es macht zumindest Spaß und das ist das Wichtigste.

SPORT1: Es besteht ja eine gewisse Brisanz zwischen den Vereinen. Wie bekommen Sie beides unter einen Hut?

Mittag: Für mich besteht keine Brisanz. Ich habe nicht dieses Denken. Deswegen ist das für mich auch kein Problem. Ich spüre keine Feindseligkeiten, wenn man das so sagen darf, sondern für mich ist es einfach nur Fußball und für mich geht es um die Sache, die ich genieße.