Man kennt Thomas Müller für seine gute Laune, seinen Hang zu Späßchen - und die Reporter in Orlando konnten sie auch an diesem schwülheißen Morgen erleben.
Ein nachdenklicher Müller-Auftritt
Ein nachdenklicher Müller-Auftritt
„Während der Einheit hatte man das Gefühl, dass eine Fußbodenheizung eingebaut ist“, kommentierte das scheidende Urgestein des FC Bayern die erste Trainingseinheit im Gastgeberland der anstehenden Klub-WM.
Auch bei anderen Themen gab es lockere Sprüche, kleine spaßige Kabbeleien mit den Journalisten. Thomas Müller eben. Aber es gab auch ein Thema, bei dem die ernste, die nachdenkliche Seite des 35-Jährigen zu hören war: die Lage der Welt und die politische Situation in den USA - dem Land, in dem womöglich auch nach der Klub-WM Müllers sportliche Zukunft liegt.
Los Angeles? „Natürlich, man nimmt das wahr“
„Natürlich, man nimmt das wahr“, reagierte Müller auf die Frage, ob ihn die Situation in Los Angeles, an der gegenüberliegenden Küste beschäftige – aktuell Schauplatz von Protesten gegen rabiate Abschieberazzien der Regierung des sich autoritär gerierenden Präsidenten Donald Trump, die dieser mit der rechtlich strittigen Entsendung von Nationalgardisten und Marines beantwortete.
Müller hütete sich davor, seine Meinung dazu kundzutun - aber gab Einblicke in grundsätzliche Gedanken, wie er als Sportler und Mensch auf Politik und Gesellschaft blickt.
„Wenn man Politisches, grundsätzliches Weltgeschehen in seine täglichen Handlungen einfließen lassen würde, wenn man es nicht schaffen würde, da auch Dinge trennen zu können, würde es schwierig werden“, führte Müller aus.
„Man nimmt Dinge wahr, man macht sich Gedanken“, ergänzte die Münchener Klubikone: „Da geht es nicht nur um das, was Sie angesprochen haben, das gesamte Weltgeschehen ist immer mal wieder aufreibend für die Nerven. Die Informationen werden schnell und global geteilt, man kriegt viel mit und vieles ist nicht allzu rosig. Damit haben wahrscheinlich alle Menschen zu kämpfen.“
Bayern-Ikone Müller will „Dinge trennen“
Auf die Nachfrage, ob seine politischen Gedanken womöglich auf seine Entscheidung für oder gegen eine Fortsetzung der Karriere in der US-amerikanischen MLS haben, deutete Müller recht klar an: eher nein.
„Wie gesagt: Ich versuche, Dinge zu trennen“, erwiderte Müller: „Es geht da nicht nur um die konkrete Sache, von der die Rede war. Es geht uns ja in Deutschland genauso. Von der Regionalpolitik über Ausschreitungen bis zu dem, was gestern in Österreich passiert ist (ein Amoklauf an einer Grazer Schule mit elf Toten, Anm. d. Red.): Es passiert ja ständig was auf der Welt.“
Die Konsequenzen daraus? „Wahrnehmen ist gut, sich Gedanken machen ist auch gut, für sich Rückschlüsse ziehen, wie man selber durch die Welt gehen will: Das ist völlig klar.“ Einen „direkten Zusammenhang“ zu seinen Zukunftsplanungen sieht Müller aber nicht.
Entscheidung während der Klub-WM? Nicht ausgeschlossen
Konkrete Neuigkeiten zu seiner Zukunft, dies hatte Müller schon zuvor betont, gibt es aktuell keine. Er schloss allerdings nicht aus, dass es sie noch während des Turniers in den USA geben könnte.
„Das ist ein Prozess der noch andauert, vielleicht werden wir es hinkriegen, es diesmal zu verkünden, wenn es was zu verkünden gibt“, witzelte Müller in Anspielung auf die Misstöne um die Entscheidung der Bayern, seinen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern: „Ihr könnt aber gern euren Job machen, vielleicht wisst ihr es doch wieder vor mir.“
Müller hielt sich offen, ob es noch während des Turniers Bewegung geben könnte: „Ich bin da komplett entspannt. Wenn sich da währenddessen was tun sollte, werde ich mich davon nicht ablenken lassen. Klar ist es auch eine Möglichkeit, hier jetzt ein bisschen reinzuschnuppern, gerade wenn wir weit kommen und unterschiedlichste Regionen der USA zu Gesicht bekommen.“
„Wir sind ja alle ein bisschen noch kleine Kinder“
Von Orlando - auch ein MLS-Standort - ist Müller schon mal ganz angetan, nicht zuletzt wegen der weltberühmten Attraktion Disney World.
„Ich bin kein Fan-Fan, aber natürlich Sympathisant“, verriet Müller auf Nachfrage zu dem Thema: „Jeder war mal Kind, wir sind auch damit aufgewachsen, mit den Figuren und Geschichten. Von unserem Hotelbalkon aus sieht man das Cinderella-Schloss. Wir sind ja alle ein bisschen noch kleine Kinder, zumindest wenn wir kramen in uns drin. Hier zu sein macht da schon ein bisschen Spaß.“
Thomas Müller will sich den Blick auf die schönen Seiten der USA nicht nehmen lassen.