Die Vorbereitungen für einen feierlichen Empfang laufen bereits auf Hochtouren. Die Frage lautet nur: Wann kommt Jordi Paulina in Dortmund an? Der Inselstaat Curacao steht völlig Kopf, die Feierlichkeiten sind nach der ersten WM-Qualifikation in der Geschichte des Landes ungebrochen.
BVB-Juwel löst WM-Ticket! "Das hatten wir noch nie"
Das hatte der BVB noch nie!
Noch immer reiben sich die gerade einmal knapp 150.000 Einwohner (!) die Augen: Ihre Nationalmannschaft hat das Unmögliche möglich gemacht und ist im kommenden Jahr das kleinste Land, das jemals an einer WM teilgenommen hat.
Mittendrin: Jordi Paulina, Stürmer der U23 des BVB. Eigentlich sollte der 21-Jährige bereits am Donnerstag über Amsterdam nach Dortmund zurückkehren. Doch die Ankunft verschiebt sich - mit vollem Verständnis des Vereins.
BVB-Bubi zur WM: „Hatten wir noch nie“
„Das, was sie geschafft haben, ist außergewöhnlich! Die Feierlichkeiten können noch zwei oder drei Tage länger dauern. Das ist ihm aber mehr als vergönnt. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass er schnell wieder bei uns ist und auflaufen kann. Fürs Wochenende (Punktspiel gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Köln) werden wir aber eher nicht mit ihm planen“, so der Sportliche Leiter der zweiten BVB-Mannschaft, Ingo Preuß.
Und weiter: „Wir freuen uns alle unglaublich mit ihm. Viele Jungs und Mitarbeiter haben bei dem entscheidenden Spiel (0:0 gegen Jamaika; Anm. d. Red.) mitgefiebert. Für uns alle ist das etwas Besonderes. Dass ein Spieler aus der zweiten Mannschaft womöglich zu einer WM fährt, das hatten wir in dieser Form noch nie.“
BVB-Juwel sorgte schon einmal für eine Sensation
Der 67-Jährige muss es schließlich wissen: Preuß ist seit 1992 in verschiedenen Funktionen im Verein, arbeitete als Trainer und Scout. Seit 2011 fungiert er als Sportlicher Leiter der zweiten Mannschaft. Und: Er war es, der Paulina entdeckte und zum BVB lotste. Aufgefallen war ihm der 21-Jährige vor rund zwei Jahren. Damals sorgte Paulina mit seinem Ex-Verein für Furore. Mit Heracles Utrecht, einem niederländischen Viertligisten, warf er Ajax Amsterdam aus dem Pokal und zog ins Achtelfinale ein – eine Sensation. Obwohl im Anschluss gegen den Zweitligisten SC Cambuur Schluss war, hinterließ der Youngster einen bleibenden Eindruck bei Preuß und Co. Die Folge: Die Dortmunder luden ihn zum Probetraining nach Dortmund-Brackel ein, Paulina überzeugte und die Dortmunder verpflichteten ihn im Sommer 2024.
„Ein gewisses Talent konnte man nicht übersehen. Wie weit es geht, kann man aber so früh noch nicht abschätzen. Da muss man schon auch immer Glück haben. Bei ihm passt aber sehr viel zusammen“, so Preuß.
Paulinas steiniger Weg in die Nationalmannschaft
Paulina, geboren in der niederländischen Stadt Odijk bei Utrecht, hatte eigentlich schon mit dem Profifußball abgeschlossen. Der Eredivisie-Klub FC Utrecht sortierte ihn im Alter von 16 Jahren aus.
Auch deshalb entschloss er sich dazu, einen anderen Berufsweg einzuschlagen und studierte Psychologie. Fußball spielte er zunächst nur noch nebenbei. Nun, knapp fünf Jahre später, bietet sich ihm die Chance, zu einer Weltmeisterschaft zu fahren - zu dem größten Turnier, das ein Profifußballer bestreiten kann.
„Der Verband von Curacao wollte ihn schon öfter in den Kader berufen. Doch immer wieder bremsten ihn Verletzungen aus“, schilderte Preuß das anfängliche Interesse. Als Scouts des Inselstaates nach Deutschland reisten und den Dortmunder Ende Oktober bei einem Regionalliga-Spiel gegen Rödinghausen genauer unter die Lupe nahmen, verriet Preuß seinem Mittelstürmer nichts: „Ich habe ihm nichts davon erzählt, weil ich nicht wollte, dass er sich nicht zu großen Druck macht.“ Beim 4:2-Sieg hinterließ er, unter anderem mit seinem Tor zum Endstand, schließlich einen bleibenden Eindruck und wurde zum ersten Mal in die Nationalmannschaft berufen.
Traumdebüt in der Nationalmannschaft
Für ihn ging somit schon vor gut einer Woche ein Traum in Erfüllung. Sein Debüt verlief wie im Bilderbuch: Beim 7:0-Erfolg gegen Bermuda wechselte Curacaos Nationaltrainer Dick Advocaat den 21-Jährigen zur zweiten Halbzeit ein. Keine zwei Minuten später knipste er zum 3:0 und legte 15 Minuten später mit seinem zweiten Treffer zum 5:0 nach.
„Sein Debüt sagt eigentlich schon alles: Er kommt rein, schnappt sich wenige Minuten später den Ball und haut den Elfmeter ins Tor. Er ist so ein frecher Kerl. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht“, grinst Preuß.
Beim entscheidenden Spiel der Auswahl gegen Jamaika kam er in der Schlussminute ins Spiel und half mit, die Sensation über die Zeit zu bringen - in seinem zweiten Einsatz schrieb er für sein Heimatland Geschichte.
Preuß hat eine spezielle Verbindung zu seinem Youngster: „Nach der WM-Quali hat er mir direkt ein Feiervideo aus der Kabine geschickt.“
„Ich habe ihn einfach ins Herz geschlossen“
Doch was zeichnet diesen Jungen, der für Preuß „aus dem Nichts“ kam, aus?
„Er ist unheimlich lernwillig. Auf dem Platz will er sich immer verbessern, ist extrem ehrgeizig. Das sieht man an seiner Spielweise. Er ist zwar Offensivspieler, arbeitet aber auch defensiv enorm viel. Das, was er gegen den Ball macht, ist außergewöhnlich. Er läuft nicht nur an, sondern wirft sich auch richtig in die Zweikämpfe und ackert für seine Mitspieler“, lobt Preuß.
„Doch auch abseits des Platzes ist er ein ganz feiner Junge. Er kann einige Fremdsprachen und lernt gerade fleißig Deutsch“, lobt Preuß. Paulina ist auch aufgrund seiner Art überaus beliebt in der Mannschaft.
Besonders angetan ist das BVB-Urgestein von Paulinas fußballerischen Fähigkeiten: „Du kannst den egal wie anspielen. Egal ob auf Knie-, Brust-, oder Kopfhöhe. Der kann fast alle Bälle festmachen.“ Preuß zusammenfassend: „Ich habe ihn einfach ins Herz geschlossen.“
Für die U23 des BVB in der Regionalliga West erzielte Paulina in dieser Saison in neun Einsätzen sechs Tore und bereitete ein weiteres vor. Kein Wunder, dass sich nach SPORT1-Informationenauch andere Vereine schon nach ihm erkundigt haben.
Profidebüt und Vertragsverlängerung?
Knapp acht Minuten durfte der Stürmer bereits Profiluft schnuppern. Beim Pokal-Aus des BVB gegen Wolfsburg (0:1 n. V.) in der vergangenen Saison wechselte Ex-BVB-Trainer Nuri Sahin Paulina kurz vor Ende der Partie für Maxi Beier ein. Damals hatten die Dortmunder mit extrem großen Personalsorgen zu kämpfen.
Zu einem weiteren Einsatz kam es bislang nicht. Und trotzdem: Paulina fühlt sich in der zweiten Mannschaft des BVB pudelwohl. Er weiß, was er am Verein hat. Die Dortmunder wissen, was sie an ihm haben. Auch deshalb verlängerten die Verantwortlichen vor wenigen Wochen den Vertrag vorzeitig bis 2028. „Mich freut es einfach, dass wir so einen Jungen in Dortmund haben. Und er ist auch glücklich“, so Preuß.
Der sportliche Leiter glaubt an seinen Youngster und traut ihm noch eine erfolgreiche Karriere zu. Preuß lacht: „Spätestens, wenn er WM-Torschützenkönig wird.“