In Stuttgart ist man sauer auf Julian Nagelsmann. Grund ist die Tatsache, dass der Bundestrainer für die anstehenden Länderspiele gegen Luxemburg und die Slowakei im Rahmen der WM-Qualifikation auf Angelo Stiller verzichtet – und das, obwohl sich der 24 Jahre alte VfB-Profi eigentlich in einer guten Verfassung befindet.
Was hinter vorgehaltener Hand über Nagelsmann gesagt wird
Was über Nagelsmann getuschelt wird
„Dazu möchte ich nichts sagen. Wir haben das intern besprochen, das muss reichen“, sagte Stiller nach dem Europa-League-Spiel der Stuttgarter gegen Feyenoord bei RTL über seine Nicht-Nominierung. Auf die Nachfrage, ob er eine Begründung bekommen habe, fiel die Antwort kurz aus: „Kein Kommentar.“ Ob er wütend sei? „Kein Kommentar.“
„Das hat bei uns schon für eine Überraschung gesorgt“
Grundsätzlich ist es Usus, dass die Öffentlichkeit das Statement „kein Kommentar“ weder in die eine noch in die andere Richtung interpretieren darf. Doch wer die weiteren Aussagen aus Stuttgart hört, kann erahnen, wie Stiller wirklich denkt.
„Ich muss zugeben: Das hat bei uns schon für eine Überraschung gesorgt“, sagte VfB-Sportboss Fabian Wohlgemuth der Bild. Auch Torwart Alexander Nübel zeigte sich „extrem überrascht“.
Es ist deutlich, dass sich Nagelsmann mit der aktuellen Nominierung nur wenige Freunde gemacht hat. Selbst die mutige Entscheidung, Kölns Said El Mala zu berufen, stößt bei Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann auf Kritik. „Für mich ist es zu früh. Ich hätte da noch gerne bis zum Frühjahr gewartet, dann hätte man es immer noch machen können“, meinte Hamann bei Sky. Der Hype um den 19-Jährigen sei bereits jetzt groß genug.
Welche Strategie verfolgt Nagelsmann?
Hinter der Verwunderung steckt bei vielen Beobachtern die Frage: Welche Strategie verfolgt der Bundestrainer eigentlich bei seinen Nominierungen? Hat er für die WM im kommenden Jahr bereits einen gewissen Kader im Kopf, entscheidet die aktuelle Form der Spieler oder probiert Nagelsmann munter drauflos?
Fakt ist: In den vergangenen Wochen und Monaten sendete er unterschiedliche Signale. Joshua Kimmich schob er zwischen der Position als Sechser und als rechter Außenverteidiger hin und her.
Leroy Sané forderte er noch im Sommer mit eindeutigen Aussagen heraus, um ihm jetzt plötzlich wieder das Vertrauen zu schenken. Von Nnamdi Collins, den der Coach gegen die Slowakei noch voller Zuversicht ins kalte Wasser geworfen hatte, ist gar keine Rede mehr.
Die Liste – die sich noch weiter fortsetzen ließe – zeigt: Von der so beeindruckenden Entschlossenheit von vor eineinhalb Jahren ist der Bundestrainer abgerückt.
Damals galt das „Momentum“ der jeweiligen Spieler als das wichtigste Argument für eine Nominierung. Dafür wurde Nagelsmann von seinen Schützlingen mit guten Leistungen belohnt. Die EM 2024 wurde zu einem großen Teil durch seine Person zu einem Erfolg – auf und neben dem Platz.
Ist Nagelsmann „unberechenbar“?
Dass der Bundestrainer aktuell den Eindruck vermittelt, seinen Kompass verloren zu haben, stößt einigen Entscheidern in der Bundesliga sauer auf.
Hinter vorgehaltener Hand ist davon die Rede, Nagelsmann sei mittlerweile „unberechenbar“ und lasse keinen echten Plan erkennen.
Dem 38-Jährigen muss man aber zugutehalten, dass er grundsätzlich ein Mann mit klarer Linie ist. Sein konsequenter Umbau vor zwei Jahren nach den Niederlagen gegen die Türkei und in Österreich ist der beste Beleg dafür.
Gut möglich also, dass er im kommenden Jahr seine deutliche Marschroute wiederfindet. Gegen die aktuelle Kritik helfen allerdings nur Siege und die Qualifikation für die WM 2026.