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Henrikh Mkhitaryan über Armenien, DFB-Team und Borussia Dortmund

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Henrikh Mkhitaryan über Armenien, DFB-Team und Borussia Dortmund

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Mkhitaryan: So ist mein Verhältnis zu Watzke

Henrikh Mkhitaryan spricht vor dem Duell gegen Deutschland bei SPORT1 über die WM-Chancen des DFB-Teams und seine Vergangenheit beim BVB.
In Wolfsburg bereitete sich das DFB-Team auf das anstehende Spiel in Armenien vor. Im Fokus vor allem Marc André Ter Stegen, der für Manuel Neuer im Tor stehen wird.
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von Patrick Berger

Henrikh Mkhitaryan ist der größte Fußballer, den Armenien hervorgebracht hat. Der 32 Jahre alte Ex-Bundesliga-Spieler hat 94 Länderspiele für sein Land bestritten und dabei 31 Tore erzielt. Vor dem letzten WM-Qualispiel in Jerewan gegen Deutschland (Sonntag ab 18 Uhr im LIVETICKER) hat sich der Star von AS Rom viel Zeit für das exklusive Interview mit SPORT1 genommen. Mkhitaryan spricht über seine Zeit in Deutschland, die Hintergründe über sein Aus beim BVB, seinen extrovertierten Berater Mino Raiola und Erling Haaland. (Müller gegen Armenien Kapitän)

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SPORT1: Sie haben mit Armenien zuhause 0:5 gegen Nordmazedonien verloren. Wie kam dieses Debakel zustande?

Henrikh Mkhitaryan: Wir haben einfach nicht gut gespielt. Wir sind schon schlecht gestartet in die Partie und wurden knallhart für unsere Fehler bestraft. Das ist wirklich bitter, weil wir uns sehr viel vorgenommen hatte. Die Hoffnung war groß, dass wir uns in diesem Jahr erstmals für ein großes Turnier qualifizieren. Leider ist uns das nicht gelungen. Wir haben unsere Punkte gegen Liechtenstein (1:1) und Island (1:1) liegen lassen.

SPORT1: Welche Erwartungen haben Sie an das letzte WM-Qualispiel gegen Deutschland?

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Mkhitaryan: Wir wollen gegen Deutschland alles reinhauen. Für viele unserer Spieler ist es das Spiel des Lebens. Wir wollen unseren Fans einen guten Abschluss schenken.

„In Deutschland bin ich zu dem Fußballer gereift, der ich heute bin“

SPORT1: Was hätte Ihnen eine WM-Teilnahme mit Armenien bedeutet? Das Land war schließlich noch nie bei einem großen Turnier dabei.

Mkhitaryan: Natürlich wäre damit ein riesiger Traum in Erfüllung gegangen. Wir hatten die Chance, haben es aber verbockt. Wir haben viele gute, junge Spieler und ich hoffe, dass sie eines Tages unseren großen Traum erfüllen können und die Menschen in unserem Land stolz machen.

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SPORT1: Zum dritten Mal spielen Sie mit Armenien gegen Deutschland. Bislang haben Sie 0:6 und 1:6 verloren. Ist es trotzdem ein besonderes Spiel für Sie?

Mkhitaryan: Das ist total speziell für mich. In Deutschland bin ich zu dem Fußballer gereift, der ich heute bin. Ich freue mich sehr auf das Spiel. Wir wollen uns an solchen Gegnern messen lassen. Diese Spiele bringen uns als Mannschaft weiter. Die Deutschen zeigen dir knallhart, wo du dich noch besser musst. Wir haben die letzten vier Spiele alle gegen Deutschland verloren. Wir wollen das Unmögliche trotz allem möglich machen.

SPORT1: Gehört die deutsche Mannschaft Ihrer Ansicht nach weiterhin zur Weltspitze?

Mkhitaryan: Definitiv! Das deutsche Team ist nach wie vor eines der stärksten in Europa. Wir haben vor zwei Monaten gegen sie gespielt, die Qualität im Kader ist einfach unglaublich. Selbst auf den Positionen 16, 17 oder 18. Sie sind in meinen Augen einer der Top-Favoriten auf den WM-Titel in Katar. Ich kenne ja noch viele Spieler aus meiner BVB-Zeit: Hummels, Gündogan, Reus oder Ginter. Die Mannschaft ist super. Sie haben zudem viele junge Spieler, die einfach unglaublich sind.

Henrikh Mkhitaryan trifft mit Armenien auf die DFB-Elf
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SPORT1: Welche jungen Spieler begeistern Sie?

Mkhitaryan: Ich habe Musiala spielen sehen, er ist schon auf einem Top-Level. Auch Wirtz gefällt mir sehr. Die Jungs sind unglaublich. Ihnen stehen große Karrieren bevor. Mich wundert es aber nicht, dass immer wieder solche Talente rauskommen. Die Deutschen hatten immer schon eine gute Nachwuchsarbeit.

„Ich werde nach Dortmund zurückkommen“

SPORT1: Zwischen 2013 und 2016 spielten Sie für den BVB. Wie blicken Sie auf Ihre Zeit in Deutschland zurück? (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM-Qualifikation)

Mkhitaryan: Ich habe heute noch Kontakt nach Deutschland. Ich werde die Zeit dort nie vergessen. Das war für mich die schönste Zeit als Fußballer.

SPORT1: Sie sind damals von Schachtar Donezk nach Dortmund gewechselt.

Mkhitaryan: Das war ein Riesen-Schritt für mich. Ich bin Jürgen Klopp, dem Verein und den früheren Teamkollegen bis heute dankbar, dass sie mich unterstützt haben. Sie haben mich zu dem Fußballer gemacht, der ich heute bin. Die drei Jahre waren besonders. Eines ist sicher: Ich werde irgendwann wieder nach Dortmund kommen, ich weiß nicht, ob als Spieler, aber auf jeden Fall als Zuschauer!

SPORT1: Sie standen 2014, 2015 und 2016 im DFB-Pokal-Finale, haben aber sowohl gegen die Bayern als auch gegen Wolfsburg verloren. Wie tief sitzt der Stachel?

Mkhitaryan: Das ist sehr schade. Wir kamen in jedem Jahr ins Finale und haben es verloren. Das ist unglaublich bitter. Ich bin einerseits dankbar, dass ich das erreicht habe. Irgendwie stört mich es aber, dass ich diesen Titel nie holen konnte

SPORT1: 2016 kam es zum Elfmeterschießen gegen die Bayern. Sie haben gekniffen. Wie denken Sie mit fünf Jahren Abstand an diesen Moment zurück?

Mkhitaryan: Heute würde ich zu 100 Prozent schießen! Damals war ich extrem platt und war nicht zuversichtlich genug. Ich habe abgelehnt und einem Teamkollegen die Chance gegeben, der sich besser fühlte. Damit wollte ich dem Team helfen. Im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler. Heute würde ich das Ding reinknallen!

„Ich bin wegen der Gelben Wand zum BVB gewechselt“

SPORT1: Träumen Sie manchmal von Ihren vielen Toren vor der Südtribüne? Für den BVB haben Sie in 140 Spielen 41 Tore gemacht und 40 vorbereitet.

Mkhitaryan: Es ist für jeden Spieler ein Traum, in Dortmund zu spielen. Die Gelbe Wand ist verrückt. Ich habe das Woche für Woche genossen. Bis heute fragen mich meine Teamkollegen in Armenien und bei Roma wie es ist, vor 81000 zu spielen. Ich bin sehr stolz, dass ich ein Teil der BVB-Geschichte bin.

SPORT1: Der BVB hat Erling Haaland mit Videos von der Südtribüne geködert. Wie war das bei Ihnen?

Mkhitaryan: Für mich war die Südtribüne auch ausschlaggebend. 2012 habe ich ja mit Donezk in der Champions League in Dortmund gespielt. Ich war nach diesem Spiel total angefixt und habe sofort zu Mino Raiola gesagt: Hier will ich auch mal eines Tages spielen! Nach wenigen Monaten habe ich das Angebot bekommen, das war total verrückt. Die Gelbe Wand hat wirklich den Ausschlag für meinen Wechsel gegeben.

Henrikh Mkhitaryan im Trikot von Borussia Dortmund
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SPORT1: Nach drei Jahren haben Sie Dortmund verlassen, sind unter großem Krach nach Manchester gegangen. Ihnen wurde vorgeworfen, dass Sie nur wegen des Geldes gegangen sind.

Mkhitaryan: Es wurde in dieser Zeit sehr viel Blödsinn erzählt. Die Entscheidung wurde von mir und dem Klub zusammen getroffen. Es gibt aber natürlich die eine oder andere Sache, die nicht so gut lief und die ich für mich behalten möchte. Darüber möchte ich aber nicht reden. Als ich hörte, dass Manchester United an mir interessiert war, wollte ich dorthin. Es war mein großer Traum, irgendwann mal in England zu spielen. Die Leute haben gesagt, dass ich das nur wegen der Kohle gemacht habe. Das ist Quatsch! Ich habe Fußball nie wegen des Geldes gespielt, sonst wäre ich nach Russland oder woanders hin gegangen. Ich war glücklich in Dortmund, aber manchmal muss man harte Entscheidungen treffen, die vielleicht nur einmal im Leben kommen, und auf sein Herz hören.

SPORT1: Für die Ablösesumme von 42 Millionen Euro wechselten Sie zu Manchester United. Hans-Joachim Watzke kritisierte Sie für diesen Transfer. Es kam auch zum Krach mit Ihrem Berater Mino Raiola, weil der Ihren Wechsel erzwungen haben soll.

Mkhitaryan: Zwischen mir und Herrn Watzke ist alles okay! Wir haben uns danach sogar einmal getroffen und auch noch telefoniert. Ich werde nichts Schlechtes über ihn sagen. Er hat einen großen Job für den BVB gemacht, der Klub war fast bankrott, jetzt gehört er zu den größten in Europa. Er hat unglaubliche Arbeit geleistet. Der BVB zaubert immer wieder tolle Talente aus dem Hut. Ich wünsche ihm und dem ganzen Verein alles Gute.

SPORT1: Haaland oder Robert Lewandowski – wer ist der bessere Stürmer?

Mkhitaryan: Sie sind unterschiedliche Spieler. Es ist schwer, sie zu vergleichen. Ich habe ein Jahr mit Lewandowski gespielt, aber nie mit Haaland. Robert ist unglaublich, seine letzten beiden Saisons waren einfach nur wow! Haaland gehört aber die Zukunft. Sie sind beide top und gehören völlig verdient zu den besten Stürmern der Welt.

SPORT1: Gewinnt einer von beiden den Ballon d‘Or?

Mkhitaryan: Beide stehen völlig zurecht auf der Liste. Robert hätte es wieder verdient. Ich bin mir aber sicher, dass Haaland diesen Titel eines Tages holen wird. Er bringt einfach alles mit, um der beste Stürmer der Welt zu werden. (DATEN: Tabellen der WM-Qualifikation)

Das ist der Unterschied zwischen Tuchel und Klopp

SPORT1: Wie tickt Mino Raiola eigentlich?

Mkhitaryan: Er ist immer ehrlich. Er sagt dir direkt ins Gesicht, was er denkt. Ich kenne ihn jetzt schon seit neun Jahren. Er ist mein Berater, aber auch mein bester Freund. Ich kann ihn immer anrufen. Er lobt mich nach guten Spielen Viel wichtiger ist aber: Wenn ich schlecht spiele, ruft er an und sagt: „Henrikh, was war das wieder für ein Bullshit?“ Nur das bringt dich weiter. Er ist wirklich unglaublich. Er bringt uns Spieler weiter. Er ist der beste Berater der Welt. Für ihn ist es wichtig, dass die Spieler glücklich sind. Wenn das nicht der Fall ist, bringt er dich eben woanders hin.

SPORT1: Sie haben unter Thomas Tuchel, Jürgen Klopp, Arséne Wenger, Unai Emery, Jose Mourinho gearbeitet. Wer war der beste Trainer?

Mkhitaryan: Diese Frage ist nicht zu beantworten. Ich habe von jedem Trainer viel gelernt. Meine erfolgreichsten Jahre hatte ich unter Thomas Tuchel. Er war ein genialer Trainer und ein toller Mensch. Sicherlich gehört er zu den besten. Aber von jedem habe ich etwas mitgenommen. Es gibt nicht den einen, der am besten war.

SPORT1: Wie unterscheiden sich Klopp und Tuchel?

Mkhitaryan: Sie sind sehr unterschiedlich. Tuchel achtet mehr auf Taktik. Klopp ist mehr ein Psychologe, er hilft dir mental und nimmt dich auch mal in den Arm. Beide sind sehr erfolgreich und sicherlich völlig zurecht die besten Trainer der Welt!

SPORT1: Henrikh Mkhitaryan, Sie sind 32, Ihr Vertrag bei der AS Roma läuft 2022 aus. Wie lange werden Sie noch Profi-Fußballer sein?

Mkhitaryan: Wenn es nach mir geht, noch so lange wie möglich. Es hängt aber von vielen Faktoren ab. In dem Alter ist es nicht mehr so einfach, auf seinen Körper zu achten. Mein Kopf sagt mir: Fünf, sechs Jahre schaffst du locker noch. Ich hoffe, dass mein Körper auch mitmacht. Ich weiß aber, dass ich nicht mehr so viel Zeit habe. Ich genieße deshalb jede Sekunde und sauge alles auf. Irgendwann wird es leider vorbei sein. Wer weiß wann.

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