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Vor Debüt von Jürgen Klinsmann: Südkorea-Direktor fordert - „Diese Diskussionen müssen aufhören“

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Vor Debüt von Jürgen Klinsmann: Südkorea-Direktor fordert - „Diese Diskussionen müssen aufhören“

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„Klinsmann brennt für diese Aufgabe“

Vor dem Debüt von Jürgen Klinsmann bei der südkoreanischen Nationalmannschaft spricht Michael Müller bei SPORT1 über den früheren Bundestrainer. Seine Forderung: Die Diskussionen um den 58-Jährigen müssen aufhören.
Südkoreas neuer Nationaltrainer Jürgen Klinsmann freut sich schon auf Tottenham-Stürmer Heung-Min Son. Der Deutsche bestätigt zudem, dass Andreas Herzog erneut sein Assistent sein wird.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Am Freitag gibt Jürgen Klinsmann sein Debüt als Nationaltrainer von Südkorea gegen Kolumbien.

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Nach seiner Arbeit als Bundestrainer beim DFB und als Nationaltrainer der USA ist es das dritte Mal, dass der 58-Jähirge für einen Verband arbeitet.

Michael Müller ist technischer Direktor beim südkoreanischen Fußballverband. Er war mitverantwortlich für Klinsmanns Verpflichtung.

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Müllers Weg nach Südkorea

Im SPORT1-Interview spricht der 57-Jährige über seine Arbeit im Verband und die Erwartungen an Klinsmann-

SPORT1: Herr Müller, Sie sind seit Januar Technischer Direktor beim südkoreanischen Fußballverband. Wie war die Anfangszeit?

Michael Müller: Es war eine große Herausforderung, nach Südkorea zu gehen. Im Großen und Ganzen blicke ich bisher positiv auf diese Zeit zurück. Die Arbeit für den Verband ist höchst interessant. Ich habe in der Talentförderung und Trainerausbildung gearbeitet. Zudem habe ich viele Projekte begleitet wie den Asia-Cup. Es ist eine große Wertschätzung, diesen Job machen zu dürfen.

SPORT1: Warum wollten Sie nach Südkorea?

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Müller: Ich bin geschieden und habe drei Töchter, die in Deutschland leben. Die Entscheidung für Südkorea war daher nicht leicht. Ich hatte beim DFB einen unbefristeten Vertrag und einen tollen Job. Ich war zehn Jahre für die Trainer-Ausbildung und drei Jahre für die Talent-Förderung zuständig. Wenn man das so lange macht, steckt man da irgendwie fest. Ich wollte etwas Neues machen. Dann bekam ich das Angebot, die Trainer-Ausbildung in Südkorea zu entwickeln und den Kleinfeld-Fußball zu etablieren und das hat mich - verbunden mit der neuen Kultur - unglaublich gereizt. Ich konnte ein paar Stufen auf der Karriereleiter klettern.

Müller nicht das deutsche Klischee

SPORT1: Bei Ihrer Beförderung im Januar war von Ihnen zu hören, dass Sie als Deutscher international denken müssen. Wie meinten Sie das?

Müller: Ich habe viele Erfahrungen gemacht und lerne gerne weiter von Trainern, Spielern und Verbänden. Ich sehe mich nicht als den typischen Deutschen mit allen Klischees an. Ich habe deutsche Tugenden, aber ich habe mich mit der Zeit international aufgestellt und bin offen für Neues.

SPORT1: Sie haben in Köln Sportwissenschaften studiert, haben mit Thomas Doll und Hansi Flick Ihren Fußballlehrer gemacht und waren einst beim 1. FC Kaiserslautern im Nachwuchsleistungszentrum tätig, das damals frisch gegründet wurde. Was haben Sie noch gemacht?

Müller: Ich war beim FCK Koordinator für den Bereich U15-U19 und habe die U15 trainiert. Bei Darmstadt 98 war ich Co-Trainer und gleichzeitig U19-Coach. Davor habe ich als Scout bei Fortuna Düsseldorf gearbeitet. Ich war immer ein kleiner Abenteurer, habe in meinem Leben viel ausprobiert. 1998 habe ich auch mal ein Jahr in Japan gearbeitet. Ich bin richtiger Fußballtrainer und bilde auch Fußballlehrer auf höchstem Niveau aus. Heute ist der Trainermarkt viel offener. Nach der Zeit beim FCK kam das Angebot vom DFB und das war dann die sichere Option.

SPORT1: Zuletzt haben Sie Jürgen Klinsmann als neuen Nationaltrainer von Südkorea verpflichtet. Warum ihn?

Müller: Ich habe Klinsmann nicht alleine verpflichtet. Da haben in Südkorea schon der Präsident und andere Entscheidungsträger das letzte Wort. Ich bin der Technische Direktor und Sportdirektor und die Suche nach einem Nationaltrainer ist kompliziert und genießt großes, öffentliches Interesse. Viel mehr als in europäischen Ländern. Diesen Prozess musste ich ganz klar einhalten. Ich habe ein Anforderungsprofil und eine Liste von potentiellen Kandidaten erstellen müssen. Ich habe viele Namen aufgeschrieben. Und Jürgen Klinsmann war auch dabei. Es gab natürlich eine Menge Bewerber, weil ich in der Branche bekannt bin. Ich war der verantwortliche Mann für die Trainersuche. Dass ich mich für Klinsmann entschieden habe, verstehen sicher nicht alle.

Klinsmann sehr motiviert für den Job

SPORT1: Wie kam es dennoch dazu?

Müller: Das ist hier in Südkorea ein sensibles Thema. Die Medien sind nochmal krasser als in Deutschland. Dieser Prozess der Trainersuche hat rund zwei Monate gedauert. Ich habe Klinsmann dem Präsidenten und meinen engsten Vertrauten vorgeschlagen und schließlich war relativ schnell klar, dass er es wird.

SPORT1: Wie hat Klinsmann Sie überzeugt?

Müller: Er hatte die absolute Bereitschaft nach Südkorea zu kommen und hier auch zu wohnen. Klinsmann ist total motiviert für diesen Job. Ein Trainer, der nur für die Spiele und einige Trainingseinheiten einfliegen würde, das würde nicht funktionieren. Eine grundlegende Motivation muss schon da sein. Und bei Klinsmann war das so. Bei ihm hat man sofort ein Feuer gespürt. Er hat diesen Hunger auf Erfolg und hat mich damit total überzeugt.

SPORT1: 1988 war Klinsmann schon mal mit der deutschen Olympia-Mannschaft in Südkorea.

Müller: Richtig. Er war auch 2002 bei der WM als Kommentator hier tätig. Und als sein Sohn 2017 bei der U20-WM dabei war, war Jürgen auch vor Ort. Er war zuletzt für die Technical Study Group der FIFA tätig, war bei der WM in Katar und hat die südkoreanische Mannschaft genau analysiert. Das alles hat mir sehr gefallen. Jürgen sieht sehr viel Potenzial in unserem Team.

SPORT1: Was war in den Gesprächen mit Klinsmann besonders positiv?

Müller: Ganz klar seine Fokussierung auf Erfolg. Er will in zehn Monaten den Asia-Cup gewinnen. Seine Ziele fand ich in den Gesprächen beeindruckend. Er weiß genau, wie er das hier anpacken möchte. Er hat zudem mit den USA Erfolg gehabt, denn die Mannschaft hat den Gold-Cup gewonnen, sich für die WM 2014 qualifiziert und dort das Achtelfinale erreicht. Und er ist dazu fähig, mit Stars umzugehen. Klinsmann ist ein absoluter Star, aber er lässt es nicht so raushängen, sondern kommt natürlich rüber. Er hat eine hohe, soziale Kompetenz und kann junge Spieler nach vorne bringen. Das ist auch eines unserer Ziele unsere Talente nach Europa zu bringen. Aus Südkorea kommen talentierte Spieler.

Jürgen Klinsmann bei der Präsentation zum neuen Cheftrainer Südkoreas
Jürgen Klinsmann bei der Präsentation zum neuen Cheftrainer Südkoreas

Keine Skepsis wegen Berlin-Vergangenheit

SPORT1: Die Trennung von Hertha BSC war sehr unschön. Hatten Sie deshalb keine Bedenken Klinsmann zu holen?

Müller: Nein. Warum sollte ich Bedenken haben? Ich war in Berlin nicht dabei und weiß nicht, was da abgelaufen ist. Klinsmann wird seine Gründe gehabt haben. So gut läuft es bei der Hertha auch jetzt nicht. Für mich gilt: Jürgen Klinsmann kann Nationalmannschaft! Er hat das auf zwei Kontinenten bewiesen. Jetzt will er das in Asien wiederholen. Wir haben eine gute Mannschaft und es wurde in der Vergangenheit sehr gut gearbeitet. Jetzt gilt es das Niveau zu steigern. Dafür ist Klinsmann der richtige Mann. Dass er ein ausgezeichneter Motivator ist, steht außer Frage.

SPORT1: Wie haben Sie Klinsmann in den ersten Tagen wahrgenommen?

Müller: Komplett anders, wie ihn seine Kritiker sehen. Da tut man Klinsmann unrecht. Er ist vollkommen kommunikativ, neugierig und es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten. Er ist ein Teamplayer und total heiß auf dieses neue Projekt.

SPORT1: Klinsmann hat sich seinen alten Weggefährten Andreas Herzog ins Boot geholt. Das kann auch förderlich sein, oder?

Müller: Absolut. Beide kennen sich schon lange, haben einst beim FC Bayern zusammengespielt. Es gab schon viele Meetings im Vorfeld, Andi ist nun seit einigen Tagen hier. Das macht eine starke Führungspersönlichkeit wie Klinsmann aus, dass er sich die richtigen Leute dazu holt. Das passt sehr gut mit Herzog.

SPORT1: Es ist Klinsmanns dritter Job als Nationaltrainer. Glauben Sie, dass er sich bei einem Verband wohler fühlt als bei einem Klub? Beim FC Bayern und bei der Hertha lief es nicht so gut für ihn.

Müller: Schwierig. Es ist ja schon eine Riesen-Nummer bei den Bayern Trainer zu werden. Damals hat man sich bewusst für ihn entschieden. Ich freue mich, dass er bei uns ist. Klinsmann brennt für diese Aufgabe. Es ist für ihn ein ganz neues Umfeld. Er nimmt alles klasse auf, lernt Koreanisch und geht auf die Leute offen zu.

Debüt steigt gegen Kolumbien

SPORT1: Sein Debüt als Nationaltrainer gibt Klinsmann am Freitag gegen Kolumbien (ab 12.30 Uhr im LIVETICKER). Am nächsten Dienstag geht es gegen Uruguay. Was erhoffen Sie sich?

Müller: Die Jungs sind seit Montag zusammen. Es wurden die Spieler eingeladen, die auch bei der WM in Katar dabei waren. Die Zeit war zu kurz, um neue Spieler einzuladen. Die Saison in Südkorea ist ja auch gerade erst losgegangen. Da grundlegende Einschnitte zu machen, ist nicht notwendig. Ich freue mich, dass es losgeht. Es wäre schön, dass gleich eine gute Chemie zwischen Klinsmann und den Spielern da ist. Jetzt steht ein Freundschaftsspiel an. Kolumbien ist ein starker Gegner, der sich beweisen will. Ich wünsche mir einen hoch engagierten Auftritt unserer Mannschaft. Und dass gleich ein Feuer entfacht wird. Die Fans lieben unsere Nationalmannschaft. Diese Diskussionen müssen endlich mal aufhören.

SPORT1: Diskussionen?

Müller: Na, diese Diskussionen um Klinsmann. Immer kommt beim Thema Klinsmann das Thema Hertha auf den Tisch. Da wird oft nur das Negative gesehen. Es gibt nicht den perfekten Menschen, also auch nicht den perfekten Trainer. Carlo Ancelotti war zum Beispiel bei den Bayern und sein Abschied war ebenfalls nicht der beste. Dennoch ist er ein großartiger Fußballlehrer. Man tut Klinsmann auf jeden Fall Unrecht.

SPORT1: Mehr Rückendeckung geht kaum …

Müller: Am Ende des Tages geht es auf dem Level um Erfolg und Misserfolg. Und er hat schon erfolgreiche Arbeit geleistet. Klinsmann schaut immer über den Tellerrand hinaus. Er sieht den Fußball auch aus anderen Perspektiven und holt sich Leute mit ins Team, die gewisse Dinge besser können. Das ist eine absolute Stärke und das sehe ich sehr positiv. Wir sind heiß und total neugierig, was Klinsmann erreichen kann. Ich wusste, dass die Diskussionen losgehen, aber mich hat er absolut überzeugt. Ich stehe zu meiner Entscheidung.