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Ligue 2: Frankreichs Rekordmeister AS Saint-Éti­enne nach 0:6-Pleite mit neuem Tiefpunkt

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Ligue 2: Frankreichs Rekordmeister AS Saint-Éti­enne nach 0:6-Pleite mit neuem Tiefpunkt

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Saint-Éti­ennes unrühmlicher Absturz

Die Geschichte der AS Saint-Éti­enne hat einen neuen Tiefpunkt. Denn der ehemalige französische Rekordmeister hält die rote Laterne in der zweiten Liga. Dabei blickt man auf eine so unglaublich erfolgreiche Geschichte zurück.
PSG und St.-Étienne liefern sich die wohl verrückteste Schlussphase der Saison! Bis zur 78. Minute steht es 0:0 - aber dann fallen ganze fünf Treffer.
Finn Schneider
Finn Schneider
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Für die AS Saint-Éti­enne scheint es immer weiter bergab zu gehen.

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Nachdem der ehemalige französische Rekordmeister vergangene Saison auf unrühmliche Art und Weise abstieg, hält man nun sogar die rote Laterne in der zweiten Liga. Die peinliche 0:6-Pleite gegen Le Havre am 2. Spieltag markiert einen neuen Tiefpunkt in der sonst so erfolgreichen Geschichte der ASSE.

So steht Saint-Etienne nun mit +7 Toren und -1 Punkten auf Platz 20 der Ligue 2. Die negative Punktebilanz ist auf eine drei-Punkte-Strafe zurückzuführen: Eine Last, die der Klub wegen skandalösen Abgang aus Frankreichs höchster Spielklasse immer noch mit sich trägt.

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Damals waren es erschreckende Bilder, die aus Saint-Éti­enne um die Welt gingen. Ein Platzsturm und schwere Randale begleiteten in der vergangenen Spielzeit den Abstieg des Traditionsklubs. Am Tag nach der Krawallnacht wurden 33 Verletzte gezählt: 17 Fans, 14 Polizisten sowie zwei Gäste-Profis von AJ Auxerre. Videobilder aus den Stadion verdeutlichten, dass nur pures Glück weit schlimmere Folgen des indiskutablen Gewaltausbruchs verhinderte.

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Das Stadion Geoffroy-Gui­chard ist seit jeher bekannt für seine heißblütigen Fans, die auf zwei gegen­über­lie­genden Steh­tri­bünen, Kop Sud und Kop Nord, mit je zwei unter­schied­li­chen Ultra­-Gruppen, ihren Arbeiter-Klub mit Gesängen und grünen Bengalos unermüdlich anpeitschen.

„Kämpft für euren Klub, macht das Trikot nass und respek­tiert dessen Farben“, steht auf einem großen Banner, das in jedem Heimspiel in der Grünen Hölle ausgerollt wird. Doch diesen Kampf und diese Leidenschaft für ihre so geliebten ASSE haben die Anhänger in der letzten Saison selten gesehen.

Am Ende rettete sich der Klub noch in die Relegation, doch es war nur der aufgeschobene Genickschlag. Gegen Auxerre scheiterte Saint-Éti­enne dramatisch nach Elfmeterschießen - anschließend verloren die AS-Fans die Beherrschung.

Der Abstieg des Traditionsvereins mündete in einer wahren Hetzjagd auf die Profis des französischen Rekordmeisters, die mit ihren letzten Kräften unverletzt in die Katakomben flüchten konnten. Es war das unschöne Ende einer katastrophalen Saison.

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Dabei war Saint-Éti­enne bis 2021/22 alleiniger französischer Rekordmeister, bis das neureiche Paris Saint-Germain die AS ablöste.

ASSE ist Frankreichs Rekordmeister

Die ruhmreiche Geschichte der AS Saint-Éti­enne begann 1919, als der Klub von Mitarbeitern der Einzelhandelskette Casino gegründet wurde. Der Arbeiter-Klub entwickelte sich daraufhin zu einem der größten und erfolgreichsten Frankreichs.

Für ASSE spielten einst die französischen Fußball-Legenden Michel Platini und Laurent Blanc. In den 60er/70er Jahren dominierten Les Verts den französischen Fußball nach Belieben und gewannen bereits 1981 (!) ihre zehnte Meisterschaft.

Eines der größten sportlichen Höhepunkte aber war das Europapokal-Finale der Landesmeister 1976: In Glasgow verlor Saint-Éti­enne auf unglückliche Weise mit 0:1 gegen den FC Bayern um Maier, Beckenbauer und „Bomber“ Müller - und traf zwei Mal die Latte.

„Es heißt bis heute, wären diese Pfosten rund gewesen, dann hätte Saint-Éti­enne das End­spiel gegen die Bayern gewonnen“, so Philippe Gastal, der Leiter des Fußball-Museums von ASSE gegenüber 11Freunde. Doch die Bälle fielen nicht etwa ins Tor, sondern prallten vom eckigen Gestänge ins Feld zurück.

Nichtsdestotrotz kaufte die Spielvereinigung den Schotten eben jene Pfosten und die Latte für 20.000 Euro ab und stellt seitdem das Tor­ge­stänge eines ver­lo­renen Finals im Museum aus. Übrigens: Das Tor­ge­stänge entdeckten ASSE-Anhänger 2013 bei einer Sta­di­on­füh­rung im Hampden Park selbst. Geschichten gibt‘s.

Skandale, Abstiege und Chaos

Ein Jahr nach dem letzten Meistertitel geriet in der Bergarbeiterstadt alles aus den Fugen, die Spielvereinigung wurde in einen Finanz-Skandal verwickelt und der damalige Präsident Roger Rocher inhaftiert.

Danach befand sich der sechsmalige Pokalsieger im freien Fall. 1984 folgte der Abstieg und die Grünen wurden daraufhin zu einer sogenannten Fahrstuhl-Mannschaft zwischen der ersten und zweiten französischen Liga! (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Ligue 1)

Das Chaos wurde sogar noch schlimmer: 2001 wurde ASSE mit Punktabzügen abgestraft, weil sie Spieler mit falschen Pässen eingesetzt hatten. Damals war die Anzahl von Profis aus nicht-euro­päi­schen Län­dern noch begrenzt, der Arbeiter-Klub wollte die Regel aber unter­laufen.

Komplette Pyro-Eskalation in Saint-Etienne
Komplette Pyro-Eskalation in Saint-Etienne

So benutzten der Brasilianer Alex Dias und der Ukrainer Maksym Levytsky gefälschte portugiesische und griechische Pässe. Beide wurden für vier Monate gesperrt. Nach einer gerichtlichen Untersuchung wurden Mitglieder der Vereinsführung mit den Fälschungen in Verbindung gebracht, Saint-Étienne wurden schließlich sieben Punkte abgezogen - und stieg ab.

Aufschwung hält nicht lange an

Erst drei Jahre später kehrte der Rekordmeister in die Ligue 1 zurück und wurde 2004 Sechster. Unter Trainer Christophe Galtier (2010-2017) gehörten Les Verts mit Spielern wie Zouma, Perrin, Matuidi, Payet und Aubameyang wieder zur Beletage und die Fans träumten sogar von Titeln. 2013 war es dann soweit: Nach über 30 Jahren gewann ASSE den Coupe de la Ligue. Doch die Hochphase sollte nicht lange andauern.

Der Absturz deutete sich bereits in den vergangenen Spielzeiten an. Nach acht Jahren in Folge auf einem einstelligen Tabellenplatz rettete sich Saint-Étienne 2019/20 nur knapp vor dem Abstieg - und auch Rang Elf in der Vorsaison täuscht, denn die Abstiegszone war nur sechs Zähler entfernt.

Dass der Platini-Klub in gefährliche Fahrwasser geriet, lag vor allem am Missmanagement der Vereinsbosse: Lediglich 600.000 Euro wurden in der Abstiegssaison in neue Spieler investiert, stattdessen wurde damals auf die Fast-Absteiger aus dem Vorjahr und auf die eigene Jugend gesetzt. Ein fataler Fehler.

Das Ausbildungszentrum hat zwar einen exzellenten Ruf, allerdings verlieren die Grünen jedes Jahr ihre besten Spieler, wie Saliba (Arsenal) oder Fofana (Leicester City). „Es waren erfolgreiche Verkäufe, die fast 65 Millionen Euro einbrachten, aber keinesfalls in die Stärkung des Kaders reinvestiert wurden“, analysiert David Fioux bei SPORT1.

„Die Stimmung ist immer noch desaströs“

„Damit war ASSE dazu verdammt, auf den Nachwuchs zu setzen, der nicht unbedingt bereit war, sich der harten Realität der Ligue 1 zu stellen“, so der L‘Équipe-Journalist. Schmerzhaft waren damals vor allem die ablösefreien Abgänge der Routiniers Debuchy und M‘Vila, denn dem unerfahrenen und jungen Team fehlte klar die Führung.

Dieses Missmanagement setzt sich offenbar fort. Auch diese Saison konnte man bereits 18,55 Millionen Euro an Transfereinnahmen erwirtschaften. Letztendlich war es jedoch lediglich Benjamin Bouchouari, der als einziger Neuzugang eine Ablöse (1,1 Millionen Euro) kostete. Ansonsten verstärkte ASSE den Kader ausschließlich durch ablösefreie Transfers oder Leihen.

„Der direkte Aufstieg ist das Ziel“, sagte Fioux im Vorfeld der Saison. Stand jetzt hat sich das Ziel schon wieder erledigt. Jedoch sollte man die ersten vier Spiele noch nicht überbewerten. Mit Platz 20 könnte man jedoch nicht weiter vom Ziel Aufstieg entfernt sein.

Was dafür sprechen könnte, ist der neuer Trainer Laurent Batlles. „Er kennt den Klub sehr gut, hat zu seiner aktiven Zeit für Saint-Éti­enne gespielt - und ist ein Spezialist des Aufstieg.“ 2021 führte er Troyes in die Ligue 1.

Ob das Unterfangen Wiederaufstieg gelingen wird, erscheint aber spätestens seit dem Saisonstart mehr als fraglich. „Die Aufgabe ist schwierig, denn die Stimmung ist immer noch desaströs. Zudem wollen die beiden Präsidenten Roland Romeyer und Bernard Caiazzo den Klub schon lange verkaufen“, sagte Fioux bereits vor Saisonstart.

Seitdem ist das ganze Unterfangen nochmal deutlich schwieriger geworden. Spätestens nach der 0:6-Klatsche gegen Le Havre sollte es das erste Ziel sein, von den Abstiegsrängen zu klettern.