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Ligue 1: Favre und Nizza - ein großes Missverständnis?

Favre und Nizza - ein klarer Irrtum?

Lucien Favre ist noch nie so schlecht in seine Saison gestartet wie mit dem OGC Nizza in 2022/23. Was läuft schief? SPORT1 gibt Aufschluss.
Der ehemalige Bundesliga-Trainer Lucien Favre heuert bei OGC Nizza an. Der Schweizer will dafür sorgen, dass sich die Mannschaft in den kommenden Jahren verbessert.
Lucien Favre ist noch nie so schlecht in seine Saison gestartet wie mit dem OGC Nizza in 2022/23. Was läuft schief? SPORT1 gibt Aufschluss.

Es war ein Moment, der sinnbildlich für die aktuelle Situation von Lucien Favre bei OGC Nizza steht.

In der Pressekonferenz vor dem Heimspiel in der Europa Conference League gegen den 1. FC Köln (Heute ab 18.45 Uhr im LIVETICKER) sorgte der frühere Bundesligatrainer für eine bizarre Szene. Als ein Journalist fragte, ob er Neuzugang Ross Barkley eher als Sechser oder Achter sehe, antwortete der Trainer-Routinier: „Mir wurde gesagt, dass er eher ein Achter ist.“

Kennt da jemand seine eigenen Spieler nicht? Klar ist: Favre wirkt phasenweise orientierungslos - und hat noch nie solche Startschwierigkeiten bei einem neuen Klub in seiner Trainer-Karriere durchlebt wie gerade in Nizza.

Bei seiner Vorstellung Ende Juni zeigte er sich in seinen Aussagen noch ziemlich forsch. Zu forsch? „Spätestens in zwei Jahren müssen wir uns unter den Top Drei etablieren und jedes Jahr an der Champions League teilnehmen.“

Mit Ach und Krach in die Conference League

Ein ganz anderer Favre als noch bei Borussia Dortmund, wo ihm immer wieder zum Vorwurf gemacht wurde, zu zaghaft und emotionslos zu sein.

Zuletzt qualifizierten sich die Aiglons (Anm. d. Red.: die Adler) mit Ach und Krach gegen Maccabi Tel Aviv für die Gruppenphase der Europa Conference League. In der Liga stehen sie nach der Derby-Pleite gegen Monaco (0:1) nur auf Platz 16 nach sechs Spieltagen. (DATEN: Die Tabelle der Ligue 1)

„Wir sind schlecht mit Ball, wir sind schlecht ohne Ball. Nichts läuft in unserem Spiel. Ich weiß nicht, wie es weiterlaufen soll“, stellte der Schweizer Trainer beinahe resignierend fest.

Nizzas elf Transfers werfen Fragen auf

Dabei herrschte im Sommer noch Aufbruchstimmung. In der abgelaufenen Transferperiode verpflichteten die Verantwortlichen insgesamt elf neue Spieler.

Und nun? Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass Nizza in zwei Lagern geteilt ist, was für große Unruhe sorgt: Auf der einen Seite Favre mit Präsident Jean-Pierre Rivère und auf der anderen Ineos-Eigentümer Jim Ratcliffe.

Die englischen Bosse um Ratcliffe holten britische Auslaufmodelle wie etwa Aaron Ramsey, Ross Barkley sowie Kasper Schmeichel, der bisher in keiner Partie überzeugen konnte. All diese Spieler wollte Favre nicht haben - was der 64-Jährige in Barkleys Fall auf der PK auch nicht zu verbergen versuchte. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Ligue 1)

Der ehemalige BVB-Coach hoffte insgeheim eher auf einige Gladbacher Stars, wie die französischen Stürmer Marcus Thuram und Alassane Pléa sowie Verteidiger Nico Elvedi und Schlussmann Yann Sommer. Spieler, die er kaum kennt oder nicht in seinem Spiel-System passen, wollte Favre keinesfalls in seinem Team haben.

Favre sagte Gladbach für Nizza ab - ein Fehler?

Aber auch der 64-Jährige sorgt mit einigen fragwürdigen Personal-Entscheidungen in der Ligue 1 für Verwunderung - etwa wenn er Flügelspiele Nicolas Pépé immer wieder in der Mitte aufstellt. Auch Favres Nibelungentreue zu Dante, der mit seinen fast 39 Jahren längst über dem Zenit ist, kommt im Umfeld des Klubs nicht immer gut an.

Die Versprechungen aus den Gesprächen vor seiner Vertragsunterschrift, dass der Kader ordentlich aufgerüstet werde, scheinen nicht eingehalten worden zu sein, was ihn sichtbar ärgert und beschäftigt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Ligue 1)

Im Juni schien er sich längst mit Borussia Mönchengladbach einig zu sein, bis er im allerletzten Moment doch noch Sportdirektor Roland Virkus absagte und zurück nach Nizza ging. Ob er im Nachhinein erneut genauso entscheiden würde, glauben mittlerweile die wenigsten.