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Ex-Stuttgart-Talent Günes trumpft auf: "Eine Rückkehr zum VfB wäre mega"

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Ex-Stuttgart-Talent Günes trumpft auf: "Eine Rückkehr zum VfB wäre mega"

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„Eine Rückkehr zum VfB wäre mega“

Umut Günes ist einer der aufstrebenden Spieler im türkischen Fußball. Im SPORT1-Interview spricht er über seine Besessenheit vom Fußball, die Bedeutung von Mesut Özil, die Auswirkungen des Erdbebens und eine mögliche Rückkehr nach Deutschland.
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Reinhard Franke
Reinhard Franke

Mit 19 Jahren hat Umut Günes 2019 den Schritt vom VfB Stuttgart II ins Ausland gewagt. Und er sollte diesen nicht bereuen.

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Beim türkischen Fußballverein Alanyaspor hat er sein Glück gefunden, ist dort zum Leistungsträger avanciert. Doch der 23-Jährige könnte sich eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen.

Im exklusiven SPORT1-Interview spricht er über die Süper Lig, Mesut Özil und die Chancen des VfB in der Relegation.

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SPORT1: Herr Günes, Sie haben als Profilbild bei WhatsApp einen Zweikampf mit Mesut Özil. Warum?

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Umut Günes: Ich mag das Foto. Schon als Kind war ich ein großer Fan von Özil. Als ich Jugendlicher war, glänzte er bereits bei Real Madrid und Arsenal. Die Möglichkeit in der Türkei, zusammen mit ihm auf dem Platz zu stehen, war krass.

SPORT1: Wie war Ihre Verbindung zueinander?

Günes: Wir sind keine Freunde geworden, aber wir haben im Spiel das eine oder andere Mal miteinander geredet, weil er ja wusste, dass ich auch aus Deutschland komme. Es war immer sehr witzig, wenn sich Mesut während des Spiels manchmal beschwerte, dass ich so viel laufe. Dann meinte er nur: ‚Lauf mal etwas weniger!‘ Da mussten wir beide lachen.

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„Mesut hat das in seiner Karriere sehr gut gemacht“

SPORT1: Waren Sie überrascht von seinem Karriereende?

Günes: Schon. Auch, wenn es sich etwas abgezeichnet hatte. Er war zuletzt immer wieder verletzt und stand nicht mehr so oft auf dem Platz. Als er dann noch innerhalb der Türkei wechselte, hat das bereits auf ein Karriereende hingedeutet. Es war ein bisschen schade für ihn, wie es dann endete. Er hatte so eine große, vorbildliche Karriere.

SPORT1: Stand Özil sich durch seine introvertierte Art oft selbst im Weg?

Günes: Schwer zu sagen. Jeder Spieler hat seine eigenen Charakter-Eigenschaften. Es gibt halt extrovertierte und introvertierte Menschen. Ich finde, Mesut hat das in seiner Karriere sehr gut gemacht. Bei Real Madrid hatte er gar keine Probleme, schwierig wurde es für ihn erst zum Schluss bei Arsenal. Zeitungen, die bewusst negativ über Mesut geschrieben haben, haben ihren Anteil daran, dass er sich in den vergangenen Jahren immer mehr verschlossen hat.

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SPORT1: Kommen wir zu Ihnen. Seit 2019 spielen Sie bei Alanyaspor. Wie blicken Sie zurück?

Günes: Ich bin am Anfang aufgrund einer Mandelentzündung 14 Tage ausgefallen, musste Antibiotika nehmen und habe rund sechs Kilo Gewicht verloren. Leider war das genau zu der Zeit, als ich neu zum Verein kam. Ich habe damals dann erstmal fünf Spiele in der zweiten Mannschaft gemacht, um wieder in den Spielrhythmus zu kommen. Meine Zeit in der Türkei war bisher sehr aufregend. Mein erstes Jahr war anstrengend. Ich musste viel Geduld haben.

„Bekomme von der Datenanalyse immer ein Extralob“

SPORT1: In Ihrer ersten Saison auch noch Corona dazu.

Günes: Genau. Aber ich war weiter motiviert und habe diszipliniert an mir gearbeitet. Schließlich habe ich den Lohn dafür bekommen. Heute bin ich nicht nur Stammspieler, sondern bekomme auch von der Datenanalyse immer ein Extralob, da ich mit etwa 13 Kilometer pro Spiel zu den laufstärksten Spieler der Liga zähle. Ist mir auf dem Platz gar nicht so bewusst, aber ich gebe einfach immer alles, was irgendwie geht. Es war immer mein größter Traum, Fußballprofi zu werden. Ich könnte mir nicht verzeihen, dafür nicht jeden Tag an meine Grenzen zu gehen. Körperlich und mental war ich immer bereit. Und als dann die Chance kam, habe ich sie genutzt. Jetzt geht‘s weiter.

SPORT1: Sie sind damals mit 19 von der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart in die Türkei gewechselt. Ein enormer Schritt…

Günes: Das stimmt. Ich hatte beim VfB Gespräche, wie es weitergehen soll und der damalige Sportdirektor Sven Mislintat sagte mir, dass ich nicht mit den Profis in ein Trainingslager fahren werde. Doch für mich stand fest, dass ich mit der zweiten Mannschaft des VfB nicht weiter in der Oberliga spielen will. Mit 18 hatte ich schon in der türkischen U21 gespielt. Mein Trainer meinte damals zu mir ‚Wenn Du nicht bei den Profis spielst, wird es für dich schwierig, in der Nationalmannschaft.‘ Dort waren Spieler zwei, drei Jahre älter als ich und spielten alle auf einem sehr hohen Niveau. Dann meldete sich Alanyaspor und es hat sich sofort gut angefühlt. Ich habe schließlich den Schritt gewagt und ihn nicht bereut. Es war mutig von mir.

Umut Günes (r.) im Pokal-Finale der U19 2019
Umut Günes (r.) im Pokal-Finale der U19 2019

SPORT1: Waren Sie damals enttäuscht von Mislintat?

Günes: Ganz im Gegenteil. Ich fand es gut, dass er so offen und ehrlich zu mir war. Oft sagen Sportdirektoren zu jungen Spielern doch Sätze wie ‚Wir glauben an dich‘ und dann war alles nur so dahin geredet. Mir hat die Ehrlichkeit von Mislintat sehr geholfen. Ich konnte so einen neuen Weg einschlagen.

SPORT1: Lassen Sie uns über die Süper Lig sprechen. Wie stark ist die türkische Liga aktuell?

Günes: Die Süper Lig wird ein bisschen unterschätzt. Es ist eine sehr körperlich betonte Liga, in der du mental stark sein musst, weil ein enormer Druck herrscht durch die Fans. Es gibt viele ausländische Trainer und europäische Profi-Fußballer in der Türkei. Das Niveau der Süper Lig ist anspruchsvoll, natürlich nicht vergleichbar mit der Premier League oder der Bundesliga. Aber in der Süper Lig wird gute Arbeit geleistet. Wir können uns durchaus mit dem europäischen Spitzenfußball messen.

„In der Türkei wird für den Fußball gelebt“

SPORT1: Wie haben Sie das Erdbeben verarbeitet?

Günes: Die Liga hat einen Monat Pause gemacht. Etwas anderes kam auch gar nicht infrage. An Fußball war nicht zu denken. Darunter hat die Liga sehr gelitten. Das spüren wir auch jetzt noch, weil drei Klubs den Spielbetrieb eingestellt haben. Da haben wir ein Spiel, dann zehn Tage Pause und anschließend drei Partien innerhalb einer Woche. Alle sind froh, wenn diese Saison vorbei ist.

SPORT1: Was war ein spannender Moment in Ihrer Zeit in der Türkei?

Günes: In meiner ersten Saison habe ich mich brutal darauf gefreut vor einem Riesen-Publikum zu spielen, doch dann kam Corona dazwischen. Das war sehr traurig. Besonders, weil die Fans in den Stadien immer Vollgas geben. In der Türkei wird für den Fußball gelebt. Jeder beschäftigt sich hier mit diesem Sport. Der Jugendliche, aber auch die Oma.

SPORT1: Wie hat Sie der Gang ins Ausland menschlich verändert?

Günes: Am Anfang musste ich mich an den türkischen Fußball gewöhnen. Ich habe mich definitiv verändert. Mit 14 bin ich von zu Hause weg, weil ich beim VfB im Internat leben wollte. Also bin ich schon früh sehr reif gewesen. Der Wechsel mit 19 ins Ausland hat mich zu einem noch reiferen Menschen und Fußballer werden lassen. Für mein Alter habe schon extrem viel Erfahrung gesammelt.

Umut Günes macht sich in der Türkei einen Namen
Umut Günes macht sich in der Türkei einen Namen

SPORT1: Heutzutage haben Spieler in Ihrem Alter schon zwei Berater. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Günes: Ich habe nur einen Berater. In jungen Jahren hatte ich keinen Berater und das war gut so. Ich habe viel selber gemacht oder mit der Unterstützung meiner Eltern. Wenn du zu früh den Fokus auf andere Dinge außerhalb des Fußballs legst, ist das der falsche Weg. Mit 15, 16, 17 Jahren sollte man nichts außer Fußball im Kopf haben. Man soll einfach nur Spaß dran haben und Leistung bringen. Alles andere kommt dann schon. Mit 18, 19 kommen auch Vereins-Bosse auf dich zu.

„Ich trainiere wie ein Verrückter“

SPORT1: Wenn man Ihr Instagram-Profil durchschaut, dann sieht man, wie wichtig Ihnen Fußball ist. Ganz wenig typische Instagram-Bilder, dafür fast nur Spiel- und Trainingsbilder.

Günes: Ich achte jetzt nicht darauf, was ich poste. Es passiert einfach automatisch, dass ich viele Spielbilder zeige. Fußball ist mein Leben. Ich trainiere wie ein Verrückter und mag es aber auch, zu Hause Zeit zu verbringen. Meine Freundin ist ein Mensch, der ähnlich tickt. Wir sind beide gerne in den eigenen vier Wänden. Ich war nie ein fauler Spieler, auch in meiner Jugend nicht. Aber seitdem ich das professionell mache, bin ich mit 110 Prozent bei der Sache. Mental und körperlich. Viele Kollegen fragen mich oft ‚Hast du überhaupt Spaß am Leben?‘, aber das ist nunmal meine Art zu leben. Zum Glück ist meine Freundin da wie ich. Wir heiraten übrigens im August. Da wird dann schon gefeiert.

SPORT1: Wie kam es dazu, dass Dennis Aogo Sie berät?

Günes: Dennis habe ich kennengelernt und nach kurzer Zeit fühlte es sich so an, als ob wir uns schon lange kennen. Er kann mir so viel Input geben, weil er jahrelang auf höchstem Niveau Fußball gespielt hat. Er kann mir sehr viel helfen, dass ich noch besser werde. Er weiß auch, wie man mit Druck durch die Fans umgeht.

SPORT1: Sie haben die türkischen Fans gelobt. Und doch möchten Sie zurück in die Bundesliga?

Günes: Das stimmt. Eine Rückkehr in die Bundesliga ist mein Ziel. Das wäre vom Niveau nochmal eine Stufe höher. Generell traue ich mir zu, in einer der Top-5-Ligen zu spielen. Ich suche eine neue Herausforderung. Ich sehe mich vom Potenzial in der Bundesliga. Mein Spiel passt sehr gut dahin. Ich bin in Deutschland geboren, da möchte ich schon mein Können in meiner Heimat zeigen. Ich vermisse Deutschland. Es muss nicht der FC Bayern sein. Spaß beiseite. Wenn es ein guter Klub in der 2. Liga ist, wäre das auch interessant.

SPORT1: Welcher Klub würde Sie am meisten reizen?

Günes: Eine Rückkehr zum VfB wäre mega. Ich hatte dort fünf Jahre eine super Zeit. Ich würde mir wünschen, dort wieder spielen zu können.

SPORT1: Wie haben Sie den VfB verfolgt?

Günes: Ich schaue regelmäßig auf die Bundesliga und den VfB. Es ist so schade, was da in den vergangenen Jahren abgelaufen ist. Das ist so ein großer Verein. Ich würde mir wünschen, dass man dort mal ohne Abstiegsangst und Krisengerede arbeiten kann und vielleicht sogar Europa wieder auf den VfB wartet. Mit Sebastian Hoeneß hat man den richtigen Trainer geholt. Ich kenne ihn aus der Jugend. Wir haben gegen sein Team gespielt, als er Trainer bei Bayern II war. Er ist ein junger, hungriger Trainer. Da ist noch viel Potenzial vorhanden.

„Ein letztes Mal zusammenwachsen und alles geben“

SPORT1: Der VfB spielt am Donnerstag das Hinspiel in der Relegation gegen den Hamburger SV. Wie ist da Ihre Gefühlslage?

Günes: Dadurch, dass der VfB auf Platz 15 in die letzte Spielwoche ist, fühlt sich das ein wenig an wie eine Enttäuschung, nun doch in die Relegation zu müssen. Jedoch sollte man bedenken, dass der VfB in den vergangenen drei Wochen fünf Punkte sammeln konnte und auch die Wochen vorher - abgesehen von der Hertha-Niederlage - eine sehr gute Phase hatte. Hätte man vor acht Spieltagen gefragt, hätten sehr viele die Relegation, als Chance in der Liga zu bleiben, unterschrieben.

SPORT1: Schafft es der VfB?

Günes: Jetzt heißt es eben noch ein letztes Mal zusammenwachsen und alles geben, um das zu schaffen, was die Fans und der Verein verdient haben. Es werden jetzt gegen den HSV zwei sehr schwere Spiele werden. Ich wünsche es mir natürlich, den VfB gewinnen und auch kommende Saison in der Bundesliga spielen zu sehen. Mit der Qualität, die die Spieler haben und mit der riesigen Unterstützung der Fans bin ich mir sicher, dass sie es schaffen werden, die Klasse zu halten.