Hätte Red Bull im Titelkampf der Formel 1 wirklich härter, cleverer oder taktischer agieren können und müssen? Allein: Beim Blick auf das Rennen wird klar: Die Spielräume für Verstappen waren kleiner als viele Fans vermuten.
Formel 1: Hätte Verstappen unfairer sein müssen?
War Verstappen zu fair?
Schon zu Beginn verpuffte das heiß diskutierte Szenario, Verstappen könne das Feld gezielt einbremsen, um McLaren unter Druck zu setzen. Dafür war die Ausgangslage denkbar ungünstig: Oscar Piastri startete auf harten Reifen. Jede Bummelei von Verstappen hätte automatisch das Risiko erhöht, dass Piastri seine Reifen schont, Druck macht oder selbst die strategische Oberhand gewinnt.
Verstappen fehlte Schützenhilfe
Red Bull musste also Gas geben, um McLaren keinen taktischen Joker zu liefern. Gleichzeitig fehlte Verstappen jegliche Schützenhilfe von Mercedes und Ferrari, die schlicht zu langsam waren, um sich vor Norris zu schieben.
„Max und die zwei McLaren haben es dominiert“, erklärt auch Red-Bull-Chefberater Helmut Marko. „Unsere Hoffnung, dass Ferrari und Mercedes vorne zumindest mitmischen können, hat sich leider nicht erfüllt. Somit war die Ausgangssituation klar: Ein Red Bull gegen zwei starke McLaren war letztendlich der Ausschlag dafür, dass wir heute die WM verloren haben.“
Auch später im Rennen ergab sich keine echte Chance, die WM-Dynamik umzudrehen. Piastris extrem langer erster Stint sah von außen wie ein potenzielles Einfallstor aus – doch ein zweiter Stopp von Verstappen hätte nur seinen Vorsprung zerstört, ohne dass ein realer Vorteil entstanden wäre. „Wir hätten ein riesiges Polster hergegeben, ohne dafür etwas zu erhalten“, analysiert Red-Bull-Teamchef Laurent Mekies.
Verstappen selbst verweist darauf, dass die Strecke 2025 nicht mehr die gleichen Tricks zulässt wie Hamiltons Blockade-Aktion gegen Nico Rosberg 2016: Die Reifen überhitzen weniger, DRS gibt den Hinterherfahrenden bessere Chancen zum Angriff und das neue Layout bietet weniger Möglichkeiten, ein Feld dauerhaft aufzuhalten. Das Problem: Hätte Piastri den Niederländer kassiert, wäre Red Bulls WM-Chance ebenfalls dahin.
Helmut Marko: „Tsunoda hat es versucht“
Auch der Plan, Yuki Tsunoda als Bremsklotz einzusetzen, scheiterte. Der Japaner war auf harten Reifen unterwegs und konnte Norris’ Tempo nicht im Ansatz mitgehen. Für sein überhartes Verteidigen bekam der Japaner eine Strafe. „Tsunoda hat es versucht“, räumt auch Marko ein. „Aber er ist etwas übers Ziel geschossen.“ Von einer Situation wie 2021, als Sergio Pérez rundenlang Lewis Hamilton einbremste, war McLaren nie ernsthaft bedroht.
Fest steht: Verstappen fuhr ein nahezu perfektes Rennen, aber ein perfektes Rennen reichte diesmal nicht zum ganz großen Erfolg. McLaren war strategisch clever aufgestellt, Norris kontrollierte das Podium und ließ sich den Titel nicht mehr nehmen. Red Bull fehlte nicht der Wille, sondern schlicht die Chance.