Mancher TV-Zuschauer wird sich verwundert Augen und Ohren gerieben haben, als Thomas Bach am Mittwochabend in den ARD-Tagesthemen seine Pläne für die Olympischen Spiele im Sommer vorstellte.
Wie das IOC Corona ausblendet
"Wir arbeiten mit vollem Engagement auf den Erfolg der Olympischen Spiele mit der Eröffnungsfeier am 24. Juli hin", kündigte Bach an.
Das öffentliche Leben bricht weltweit zusammen, Schulen, Kitas, Theater werden geschlossen, der Sport stellt seinen Betrieb mehr und mehr ein - doch das IOC hält trotz der Krise um das Coronavirus beharrlich an seinen Plänen von gestern fest.
Sicherlich auch deshalb, weil Milliardensummen auf dem Spiel stehen und der Ringeorden - anders als Ligen und Serien im internationalen Sport - nur in diesen 16 Olympia-Tagen seine Mega-Einnahmen generiert.
Fackellauf abgebrochen
Mit welchen Widrigkeiten das IOC derzeit zu kämpfen hat, zeigte sich beim olympischen Fackellauf in Griechenland. Nur einen Tag nach seinem Start im antiken Olympia musste der Lauf am Freitag wegen zu großer Menschenmengen abgebrochen werden.
Die Organisatoren hatten die Bevölkerung zuvor gewarnt, sich nicht in zu großer Anzahl am Rande der Strecke zu versammeln. Dies wurde offenbar ignoriert.
Die Fackel soll nun planmäßig am 19. März an Tokio 2020 übergeben werden, der Fackellauf wird dann in Japan fortgesetzt.
IOC-Präsident Bach verweist auf WHO
Fast schon gebetsmühlenartig betonte Bach, dass er sich bei der Entscheidung über eine mögliche Absage auf den Rat der Weltgesundheitsorganisation stützen werde.
Das verschafft dem IOC-Chef Luft, doch nicht wenige Kritiker sehen darin auch eine Möglichkeit für Bach, sich hinter der Einschätzung anderer wegzuducken.
Kanzlerin Angela Merkel ordnete für Deutschland an, Sozialkontakte zu meiden, derweil schürt Bach weiter die Vorfreude auf Tokio, obwohl die Qualifikationswettbewerbe kaum noch durchzuführen sind.
Besonders schwierig wird es für Athleten, sobald in ihrer Trainingsgruppe oder Mannschaft ein Coronafall auftritt und eine Quarantäne droht.
Röhler witzelt über Hantel-Training daheim
Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler hat sich längst mit dem Szenario befasst. "Ich sehe mich schon mit einer Hantelstange zu Hause trainieren", sagte der 28-Jährige aus Jena mit einem Schmunzeln.Eine mögliche Quarantäne "wäre in einer Olympia-Saison natürlich suboptimal", sagte der Europameister.
Röhler bestätigte aber auch, dass unter Athleten im Trainingslager in den vergangenen Tagen die Unsicherheit zugenommen habe, "wie der Sommer aussehen wird, ob überhaupt etwas stattfinden kann", sagte Röhler: "Wir werden uns täglich neuen Entwicklungen stellen müssen."
Aufgrund der in zahlreichen Ländern herrschenden Reisebeschränkungen sei "ein fairer Qualifikationsprozess" auf dem Weg nach Tokio schon jetzt "nicht mehr gegeben".
Sogar Trump spricht von Verschiebung
Und auch so mancher Staatspräsident ließ durchblicken, dass eine Verlegung von Olympia seiner Meinung nach kaum noch zu vermeiden sei. Die Sommerspiele sollten "vielleicht" um ein Jahr verschoben werden, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch. Das wäre zwar ein "Jammer", aber er ziehe eine Verschiebung "leeren Stadien" vor.
Damit tat Trump Bach und den Organisatoren von Tokio allerdings keinen Gefallen. Japans Sportministerin Seiko Hashimoto reagierte prompt. "Ich bin mir der Äußerungen von Präsident Trump bewusst, aber weder das IOC noch das Organisationskomitee erwägen, die Spiele zu verschieben oder abzusagen", sagte sie.
Auch Japans Premierminister Shinzo Abe schaltete sich ein und suchte das Gespräch mit Trump, der im Anschluss kleinlaut zurückruderte.
"Ich hatte gerade ein großartiges Gespräch mit Abe. Ich habe ihm gesagt, dass die olympischen Sportstätten fantastisch sind. Er hat einen unglaublichen Job gemacht. Gute Sachen werden für Japan und seinen großartigen Premierminister passieren", ließ Trump wissen.
Bach verspricht: "Werden Spiele zum Erfolg führen"
Damit war die Aufregung erstmal beigelegt, selbst bedeutende Zweifler wie Trump werden zügig auf Linie gebracht. Bach hat in seiner siebenjährigen Amtszeit schon einige Krisen gemeistert, und er ist offenbar auch davon überzeugt, in den gut 130 verbleibenden Tagen das Coronavirus zu besiegen.
Seine Hoffnung: "Das sind viereinhalb Monate, und wir werden die Zeit entsprechend nutzen, um die Spiele zum Erfolg zu führen."