Claudia Pechsteins schönstes Geburtstagsgeschenk kam mit fünf Tagen Verspätung. Stolze 53 Jahre alt ist die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin seit dem 22. Februar - und kann der Zukunft nun mit einer neuen Leichtigkeit entgegenblicken.
Das Ende eines 16-jährigen Streits
Im jahrelangen Streit um Schadensersatz mit dem Weltverband ISU ist 16 Jahre nach ihrer umstrittenen Dopingsperre eine Einigung erzielt worden. Der „Fall Claudia Pechstein“ ist beendet.
Die Berlinerin ist von einer Zentnerlast befreit. „Als Verhandlungsführer des Teams Pechstein gebe ich hiermit in vorheriger Absprache mit der ISU offiziell bekannt, dass der Fall Pechstein am 27. Februar 2025 nach über 16 Jahren ein klares und versöhnliches Ende gefunden hat“, erklärte Lebenspartner und DESG-Präsident Matthias Große am Montag.
Pechstein teilte den Beitrag auf ihrer Facebook-Seite mit der Überschrift „Endlich“.
Versöhnung zwischen ISU und Pechstein
Die ISU sprach am Dienstag von einer „Versöhnung“ der beiden Parteien. Man sei übereingekommen, den Rechtsstreit „im Geiste einer Versöhnung beizulegen, um sich auf die künftige Entwicklung des Sports konzentrieren können.“ Man würdige zudem Pechsteins sportliche Leistungen.
Über die Details der Einigung wurde Stillschweigen vereinbart. Wie hoch der Vergleich ausfällt, auf den sich geeinigt wurde, ist unklar. Pechstein hatte ursprünglich 8.372.908,51 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie einen Kniefall der ISU gefordert, damit ihr Ruf als saubere Athletin wiederhergestellt wird.
Die Summe war von der Pechstein-Seite während der Verhandlung im Oktober 2024 am Oberlandesgericht in München bereits auf vier Millionen Euro plus Zinsen reduziert worden, wurde von der ISU aber als „ausgeschlossen“ zurückgewiesen.
Vier Monate später ist die Auseinandersetzung beendet.
Der Dopingskandal
2009 waren bei Pechstein auffällige Blutwerte entdeckt worden, die ISU sperrte sie aufgrund des gerade von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) eingeführten „indirekten Dopingbeweises“ für zwei Jahre, der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigte die Sperre.
Pechstein wehrte sich, unter anderem vor dem Schweizer Bundesgericht, dem Europäischen Gerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht. Das gab 2022 Pechsteins Beschwerde statt: Das CAS-Verfahren soll unfair gewesen sein, ihre Schadensersatzklage war zulässig. Pechstein führt eine von ihrem Vater vererbte Blutanomalie an.
Diese bestätigte sich im Nachgang an eine Verhandlung am Oberlandesgericht München im Oktober des Vorjahres. Laut ISU trafen sich die Parteien zu einem Gespräch in Berlin.
Daraufhin unterzogen sich Pechstein und ihr Vater in einem Schweizer Krankenhaus ektazytometischen Tests, bei denen festgestellt wurde, dass Pechstein an einer „milden Form der dehydrierten hereditären Stomatozytose (DHSt)“ leide.
Start bei Olympia 2026?
Ihre erfolgreiche Karriere wird unweigerlich mit dem jahrelangen Kampf um Gerechtigkeit verbunden bleiben. Zu Ende ist ihre Zeit auf dem Eis nach neun olympischen Medaillen, 41 WM-Podesten und über 100 Top-3-Platzierungen im Weltcup offenbar aber nicht.
Pechstein, die inzwischen auch als Trainerin im Nachwuchs im Einsatz ist, deutete zuletzt einen Start bei den Olympischen Winterspielen in Mailand und Cortina d’Ampezzo an. „Die Vorbereitung kann beginnen“, schrieb Pechstein am 6. Februar, genau ein Jahr vor der Eröffnungsfeier. Musikalisch untermalt war der Beitrag mit dem Song „Dream it, Do it“ der Band Roxl.
Für ihre dann neunten Winterspiele - 34 Jahre nach ihrer Premiere in Albertville - müsste Pechstein aber einige sportliche Hürden überwinden.
Ob sie dazu im hohen Alter noch in der Lage ist, ist fraglich. Ihr letzter Wettkampf liegt jedenfalls über ein Jahr zurück: Im Januar 2024 war sie beim Weltcup in Salt Lake City im Massenstart disqualifiziert worden.