Bitteres Ende einer vielversprechenden Sportler-Laufbahn, zwei Monate nach der Tour de France: Der belgische Radprofi Nathan Van Hooydonck hat im Alter von nur 27 Jahren seine Karriere aufgrund von Herzproblemen beendet.
Herz-Drama: Tour-Stars unter Schock
Der Edel-Helfer von Jonas Vingegaard bei dessen zweitem Tour-Sieg im Juli hatte am Dienstag vergangener Woche beim Autofahren hinterm Steuer einen Herzstillstand erlitten und dabei einen schweren Unfall verursacht.
Nach gründlichen Tests sei bei Van Hooydonck - der laut belgischen Medienberichten reanimiert werden musste - eine Herzmuskel-Anomalie diagnostiziert worden, verkündete sein Rennstall Jumbo-Visma am Mittwoch.
Die Erkenntnis ist so schwerwiegend, dass Van Hooydonck Schluss machen muss.
Vingegaard-Helfer Van Hooydonck muss Karriere beenden
Am Mittwoch hat Van Hooydonck das Krankenhaus verlassen, die Ärzte haben ihm aber einen internen Defibrillator eingesetzt. In einigen Ländern - unter anderem der Radsport-Hochburg Italien - sind Rennen mit Defibrillator aus Gründen des Gesundheitsschutzes verboten, Das Verbot trug auch dazu bei, dass der Italiener Sonny Colbrelli seine Karriere beendete, auch er bekam einen Defibrillator eingesetzt, nachdem er im März 2022 bei der Katalonien-Rundfahrt kollabiert war.
Der Fall Van Hooydonck rückt nun ein weiteres Mal ins Bewusstsein, dass das Leben der Radsport-Profis nicht nur durch tragische Unfälle wie dem des tödlich verunglückten Gino Mäder in diesem Jahr bedroht sind, sondern auch die Belastungen für das Herz.
Kurz nach dem Unfall hatte Jumbo-Visma-Konkurrent Cofidis öffentlich gemacht, dass auch der 32 Jahre alte Niederländer Vincent Kreder Ende August einen fast tödlichen Infarkt erlitten hatte.
Mehrere tödliche Herzinfarkte im belgischen Radsport
Van Hooydonck, Kreder und Colbrelli sind nicht die einzigen Radprofis, die in den vergangenen Jahren Herzprobleme im jungen Alter erlitten haben: Im Lauf des vergangenen Jahres beendete auch der Australier Heinrich Haussler (39) deswegen seine Karriere, Im Jahr 2020 erschütterte auch der tödliche Infarkt des Ex-Profis Nicolas Portal die Szene: Portal, Sportdirektor von Team Sky / Ineos bei den Tour-Siegen von Chris Froome, Geraint Thomas und Egan Bernal, wurde nur 40 Jahre alt, auch er hatte seine aktive Karriere zehn Jahre vorher wegen Herzproblemen beendet.
Auch in Van Hooydoncks Heimat Belgien gab es in den vergangenen Jahren gleich mehrere Herz-Todesfälle bei Radsportlern: 2018 starb Michael Goolaerts beim Eintagesrennen Paris-Roubaix, im selben Jahr kamen auch das Talent Jimmy Duquennoy (23) ums Leben, im Jahr darauf der 26 Jahre alte Joren Touquet.
Auch der Fall Van Hooydonck hätte tödlich enden können, wie er nun deutlich macht. „Ich habe erkannt, dass ich unglaubliches Glück hatte“, wird er in der Jumbo-Visma-Mitteilung zitiert: „Die Dinge wären vielleicht anders verlaufen, wenn ich nicht so schnell gute Hilfe bekommen hätte. Jetzt geht es mir gut, aber ich muss immer noch damit fertig werden, dass dies das Ende meiner beruflichen Laufbahn bedeutet.“
Van Aert erschüttert - schwangere Frau hat Glück im Unglück
Schockiert zeigte sich auch Van Hooydoncks Landsmann und Jumbo-Visma-Kollege Wout van Aert. „Das ist eine sehr traurige Nachricht“, erklärte er am Rande der Zeitfahr-EM in den Niederlanden: „Ich bin froh und dankbar, dass Nathan noch hier ist, aber es ist schwer für mich. Ich verliere meinen besten Teamkollegen und einen meiner besten Freunde. Er hat so viel durchmachen müssen, es ist ungerecht.“
Das Schicksal Van Hooydoncks überschattet ein historisches Jahr für das Jumbo-Visma-Team, das als erster Rennstall der Geschichte die Tour, den Giro d‘Italia (Primoz Roglic) und die Vuelta (Sepp Kuss) gewann. Vingegaard hatte sein Mitgefühl schon bei der Vuelta ausgedrückt, als er Van Hooydonck den Sieg bei der Etappe am Tag von dessen Unfall gewidmet hatte.
Der Fall Van Hooydonck bewegt auch deshalb, weil er bereits im Dezember 2021 einen persönlichen Schicksalsschlag erlitten hatte: Der Sohn Thiago, den er gemeinsam mit Lebensgefährtin Alica Cara erwartet hatte, war tot auf die Welt gekommen.
Cara ist nun wieder schwanger und saß mit Van Hooydonck in dem Unfallauto - blieb aber zum Glück unverletzt. „Mit Alicia und der Schwangerschaft läuft alles gut und wir freuen uns auf die Geburt. Das hilft mir jetzt wirklich“, sagt Van Hooydonck nun.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)