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Tour de France 2023: "In der Form seines Lebens" - Ein Deutscher sorgt für Furore

Ein Deutscher sorgt für Furore

Kaum ein Rad-Profi sorgt derzeit für so viele Schlagzeilen wie Phil Bauhaus. Dabei zeigt der deutsche Sprinter, dass er sich sportlich nicht zu verstecken braucht.
Im Frühjahr war Tadej Pogacar der haushohe Favorit auf den Sieg der diesjährigen Tour de France. Doch Jonas Vingegaard hat aktuell gute Chancen, seinen Vorjahreserfolg zu wiederholen.
Kaum ein Rad-Profi sorgt derzeit für so viele Schlagzeilen wie Phil Bauhaus. Dabei zeigt der deutsche Sprinter, dass er sich sportlich nicht zu verstecken braucht.

Bei seiner ersten Teilnahme an der Tour de France hat Phil Bauhaus direkt von sich reden gemacht.

Der Sprinter, der bis dato nicht durch große Erfolge auf sich aufmerksam gemacht hat, kratzte gleich zweimal am Tagessieg „Ich denke, dass ich bewiesen habe, dass ich zu Besten gehöre“, schildert er der dpa.

Diesen Satz füllt er derzeit mit Taten, auch wenn es noch nicht zum ganz großen Wurf - einem Tagessieg - beim „größten Radrennen der Welt“ gereicht hat.

Eine Tatsache, die sich in diesem Jahr noch ändern könnte - zumindest, wenn es nach Jörg Jaksche geht. Im Gespräch mit SPORT1 zeigte sich der ehemalige Rad-Star optimistisch. „Wenn er die Tour bis zum Ende durchfährt, dann hat er vielleicht die Chance, noch ein Rennen zu gewinnen. Viele Sprinter werden nämlich nicht das Ende der Tour sehen.“ Daher wünsche er dem Mann aus Bocholt „ganz viel Glück“.

Auch aus Sicht des deutschen Radsports: „Zudem ist es toll für den deutschen Radsport, wenn Leute nachkommen, die um Etappensiege mitfahren können.“

Ex-Greipel-Motor führt Bauhaus zum größten Erfolg

Generell hat der 28-Jährige noch nicht so viele Erfolge in seiner Laufbahn eingefahren. Erst 20 Etappensiege stehen auf seiner Habenseite, drei davon auf der World Tour.

Dabei hatte er für drei Jahre einen sehr prominenten Anfahrer an seiner Seite: Marcel Sieberg. Gemeinsam kamen sie 2019 zu Bahrain-Merida, jetzt Bahrain-Victorious, und fuhren den ein oder anderen Sieg ein.

Mit Sieberg, der zuvor über mehrere Jahre den Sprint von André Greipel vorbereitet hatte, gelang Bauhaus sein bisher größter Erfolg. 2020 sicherte er sich dank zweier Tageserfolge die Gesamtwertung der Saudi Tour.

Kein Wunder, dass der Sprinter voll des Lobes über seinen Teamkollege war, als dieser seine Karriere 2021 beendete. „Ich schulde dir sehr viel. Du hast in jeder Sekunde an mich geglaubt. Diese drei Jahre habe ich für den Rest meines Lebens“, schrieb Bauhaus.

Bauhaus schockt Démare und Co.

Doch auch ohne Sieberg konnte der Sprinter bereits die harte Konkurrenz bezwingen. Schon im Alter von neun Jahren fuhr er sein erstes Rennen, nachdem sein Vater, der selbst hobbymäßig aktiv war, ihn zum Sport gebracht hatte.

2013 trat er dann erstmal auf internationaler Bühne in Erscheinung, als er bei der Bulgarien-Rundfahrt eine Etappe gewann - damals noch in den Diensten des drittklassigen Team Stölting. 2015 ging er zur zweitklassigen Bora-Equipe, ehe er zwei Jahre später den Sprung auf die World Tour schaffte.

In seiner Debüt-Saison für das damalige Team Sunweb gelang ihm bei der Critérium du Dauphiné, die als Generalprobe für die Tour de France gilt, ein Achtungserfolg.

Auf der fünften Etappe ließ er die gesamte Weltklasse-Elite um Arnaud Démare, Alexander Kristoff und Pascal Ackermann stehen und holte sich seinen ersten Sieg im Herren-Bereich. „Es ist nicht so, dass ich ein Neuling bin. Ich habe alle schon geschlagen“, sagte Bauhaus, der bisher erst dreimal an einer der drei großen Rundfahrten teilgenommen hat, dem SID.

Bauhaus bekommt saftige Strafe bei der Tour de France

Er hat also schon bewiesen, dass er im hochbrisanten Massensprint bestehen kann, auch wenn er auf der vierten Tour-Etappe in den Augen der Rennleitung etwas über die Stränge schlug.

Wegen der „Behinderung eines Fahrers“ im Vorfeld des Sprints wurden ihm alle bis dato gesammelten Punkte aberkannt. Auch eine Geld- und Zeitstrafe im Gesamtklassement waren die Folge.

„Bei der Tour ist es auf den letzten 40, 50 Kilometern immer ein ‚War on wheels‘, wie man so schön sagt. Da wird immer mit harten Bandagen gekämpft“, erklärte Jaksche im SPORT1-Interview die schwierige Aufgabe seines Landsmanns. „Außerdem hat der Athlet bei der Tour immer viel Druck. Da geht es für die Teams um sehr viel wie Vertragsverlängerungen und Sponsoren. Bei der Tour herrscht so einfach mehr Risiko und da können solche Strafen, besonders bei den Sprintern, schon mal vorkommen.

Deswegen komme es immer wieder zu solchen Vorfällen, wie auf der Etappe auch Mathieu van der Poel feststellen musst. Der Anfahrer für den späteren Sieger Jasper Philipsen wurde ebenfalls hart bestraft, da er im Sprint seine Linie verlassen hat und dabei einen anderen Fahrer behindert hat.

Diese Strafen sieht Jaksche aber auch als eine Folge der Tragödie um Gino Mäder. Der Schweizer Radprofi war bei der Tour de Suisse tödlich verunglückt. „Ich glaube, dass es durch die Geschehnisse um Gino Mäder das Thema Sicherheit sehr an Gewicht gewinnt.“

Keine Interviews: Bauhaus zofft sich mit ARD

Doch auch abseits der Strecke sorgt der gebürtige Bocholter für Schlagzeilen. Im Fokus stand er dabei vor allem wegen seines Zoffs mit der ARD.

Er verweigerte dem TV-Sender ein Interview nach seinem zweiten Platz am Montag, da sich die ARD im Vorfeld zur Tour kritisch mit den Doping-Vorwürfen um sein Team beschäftigt hat. Die Team-Hotels Bahrain-Victorious-Mannschaft wurde bei den letzten beiden Ausgaben jeweils von der Polizei diskutiert.

„Es kommt immer während der Tour de France. Das ist ein komischer Zufall“, erklärte der Deutsche in dem Beitrag und ergänzte: „Ich habe in Sachen Doping hier nichts miterlebt. Ich vertraue dem Team zu 100 Prozent. Man hat bei den Razzien ja auch nichts feststellen können.“

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Auch auf Twitter legte er im Anschluss nach, als ARD-Dopingreporter Hajo Seppelt auf die Interview-Blockade aufmerksam machte. „Ich finde, dass schnell der Eindruck entstehen kann, dass alle bei Bahrain inkl. mir ja eh alle gedopt sind. Das finde ich schade“, konterte Bauhaus.

Mittlerweile haben sich Seppelt und der Bahrain-Victorious-Fahrer aber ausgesprochen. Dabei stellten sie sogar fest, dass sie in vielen Punkten gleiche Ansichten haben.

Bauhaus-Teamkollege traut ihm viel zu

Somit kann sich die deutsche Hoffnung auf Etappensiege wieder voll auf den Sport konzentrieren. „Es ist eine Stärke von ihm, dass er sich im Rennen fokussieren kann“, schilderte Teamkollege Nikias Arndt vor der Tour.

Nach den zwei starken Auftritten stehen für den Rad-Profi jetzt erstmal die harten Leiden eines jeden Sprinters an. Er muss die Pyrenäen überstehen, doch da macht sich Arndt keine Gedanken. „Phil ist in der Form seines Lebens“, lobte Arndt jüngst in der dpa.

Im Anschluss daran ist das Ziel klar: ein Sieg gegen Philipsen. „Ich hoffe, dass ich irgendwann der Glückliche bin, der ihn schlagen kann“, meinte Bauhaus kämpferisch.