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"Meine Frau war aus gutem Grund kurz davor, sich zu trennen"

Wenn eine Mission zur Belastung wird

André Wiersig gibt im Podcast SPORT1 Deep Dive bemerkenswerte Einblicke in sein Leben als Extremschwimmer.
Bei Deep Dive erzählt Extremschwimmer André Wiersig eine verrückte Anekdote von seinem Projekt bei Helgoland.
André Wiersig gibt im Podcast SPORT1 Deep Dive bemerkenswerte Einblicke in sein Leben als Extremschwimmer.

Eine olympische Medaille wird er nie gewinnen. Dafür ist André Wiersig mit seinen 53 Jahren schon viel zu alt.

Und dennoch gehören seine Leistungen zu den beeindruckendsten, die ein Schwimmer je vollbracht hat.

Wiersig ist Extremschwimmer. Statt im Becken oder nah am Ufer schwimmt er hinaus aufs offene Meer. „Da liegen absolute Welten dazwischen“, sagt er in der neuen Folge des Podcasts SPORT1 Deep Dive über den Unterschied zum olympischen Schwimmer: „Das hat mit dem, was ich da mache, relativ wenig zu tun.“

Da ist zum Beispiel die Geschwindigkeit. Während es bei Olympia im Höllentempo um Bruchteile von Sekunden geht, kommt Wiersig teilweise stundenlang nicht vom Fleck – wie damals im August 2021, als er als erster Mensch vom Festland aus zur Insel Helgoland schwamm.

Wiersig: „Fünfeinhalb Stunden auf der Stelle geschwommen“

„Als ich nach Helgoland geschwommen bin, bin ich fünfeinhalb Stunden auf der Stelle geschwommen“, sagt er. „Die Strömung kam, anders als vorausberechnet, von vorne.“ Die Geschwindigkeit der Strömung war genauso hoch wie sein Schwimmtempo: „Dann ist Feierabend, dann stehst du.“

Nach Helgoland hat er es irgendwann dennoch geschafft - und nicht nur das. Als erster Deutscher hat er sämtliche Passagen der Ocean’s Seven durchquert. Die sieben Stationen – zu denen auch der Ärmelkanal und die Cookstraße zwischen der Nord- und der Südinsel Neuseelands gehören – gelten als größte Herausforderung für Extremschwimmer. Vor Wiersig haben diese Challenge weltweit erst 15 Schwimmer erfolgreich bewältigt.

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Wenn man auf dem offenen Meer unterwegs sei, mache man eine Erfahrung sehr schnell, so Wiersig: „Das Meer macht einfach mit dir, was es will, das muss man einfach akzeptieren.“

Genauso wie die Gefahr, der man sich als Extremschwimmer jedes Mal aussetzt, wenn man sich in den Ozean stürzt. „Du bist definitiv nicht allein. Und wann was vorbeikommt, dann ist das auch groß“, schildert der gebürtige Bochumer seine Erlebnisse auf hoher See.

Wiersig: „Wenn da mal ein Hai kommt...“

„Wenn da mal ein Hai kommt, dann ist das nicht so eine Handtaschen-Version, dann ist das schon ein ganz schöner Koffer“, sagt Wiersig: „Da kriegst du ganz schnell aufgezeigt, wer da der Meister ist und wer da gerade auf Kurzbesuch ist.“

Dass diese Gefahr vor allem für seine Frau und seine drei Kinder nicht immer leicht zu verkraften ist, ist ihm bewusst. „Meine Mission ist für meine Familie auch eine unfassbare Belastung. Meine Frau war aus gutem Grund kurz davor, sich zu trennen. Aber wir haben das irgendwie hingekriegt. Das ist das Wichtigste für mich“, betont er.

Gefahren gehen dabei aber längst nicht nur von Haien aus. Auch der Müll, der in immer größeren Mengen in den Ozeanen landet, ist für Wiersig schon extrem gefährlich geworden. „Ich bin mal mit dem Kopf zuerst in eine Plane hineingeschwommen und war komplett eingehüllt“, erinnert er sich: „Ich habe da keine Luft bekommen, genau wie die Tiere.“ Mit dem Unterschied: „Ich kann wieder an Land gehen, aber die Tiere, die da zu Hause sind, die können da nicht weg.“

Botschafter der Meere

Es sind die Situationen wie diese, die ihn dazu bewogen haben, sich für den Schutz der Ozeane einzusetzen: als Botschafter der Deutschen Meeresstiftung und der UN Ocean Decade.

Die Meere haben ihn geprägt und in ihren Bann gezogen. Dort, so sagt er, „habe ich immer meine Ruhe“.

Im Freibad sei ihm viel zu viel los: „Ich schwimme manchmal lieber draußen im Pazifik, nachts mit irgendwelchen Tigerhaien, als im öffentlichen Badebetrieb.“