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Masseur schuld, Sinner Opfer? So soll's gewesen sein

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Masseur schuld, Sinner Opfer? So soll's gewesen sein

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Doping-Unfall? Die Akte Sinner

Der Dopingfall Jannik Sinner schlägt hohe Wellen. Mittlerweile kommen neue Details der Chronologie und seiner Entlastungsstrategie ans Tageslicht.
Ein unabhängiges Tribunal stellte fest, dass Jannik Sinner durch einen Betreuer mit dem anabolen Steroid in Kontakt gekommen war. Doch der Italiener wurde freigesprochen.
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Der Dopingfall Jannik Sinner schlägt hohe Wellen. Mittlerweile kommen neue Details der Chronologie und seiner Entlastungsstrategie ans Tageslicht.

Mitte März wurde Tennisprofi Jannik Sinner beim ATP-Turnier in Indian Wells zweimal positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet. Über fünf Monate danach sickerte diese Meldung durch, gepaart mit der Nachricht, dass ein von der zuständigen Anti-Dopinginstanz ITIA angerufenes Schiedstribunal ihn bereits von jeder Schuld freigesprochen hat.

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In der Zwischenzeit wurde der Südtiroler Anfang Juni nach seinem Halbfinaleinzug bei den French Open die Nummer eins der Tennis-Welt, gewann kurz darauf das Rasenturnier in Halle/Westfalen und triumphierte zuletzt in Cincinnati.

Dabei wahrscheinlich immer im Hinterkopf des 23-Jährigen dürften die Doping-Ermittlungen gesteckt haben, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfuhr.

Im Verborgenen kämpfte das Team des Italieners gegen eine Sperre und stellte seine Sicht der Dinge dar. Sinner hatte demnach erklärt, die Substanz könne nach einer Kontamination durch ein Mitglied des Betreuerteams in seinen Körper gelangt sein. Dieser habe ein in Italien rezeptfrei erhältliches Spray mit Clostebol auf seine eigene Haut aufgetragen, um eine Wunde zu behandeln.

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Wie genau lief der Fall ab? SPORT1 zeichnet den zeitlichen Ablauf der Ereignisse nach - so wie das Tribunal ihn in seinen Akten darstellt.

Fall Sinner: Alles begann in Bologna

Am 12. Februar 2024 wurde demnach das im Zentrum stehende Spray von Sinners Fitnesscoach Umberto Ferrara in einer Apotheke in Bologna gekauft. Der Name des Mittels: Trofodermin.

Am 3. März soll sich der Physiotherapeut Giacomo Naldi beim Griff in seine Behandlungstasche an einem Skalpell geschnitten haben. Das benutzt Naldi regelmäßig, um Schwielen der Sportler zu entfernen. Sein kleiner Finger der linken Hand wurde dabei aufgeschlitzt. Zunächst zwei Tage lang trug Naldi einen Verband.

Zeugen bestätigten die Verletzung am 3. März, gaben aber unterschiedliche Details zum genauen Zeitpunkt und Ort des Missgeschicks an. Außerdem soll Sinner laut Darstellung seiner Verteidigung am Abend der Verletzung bei einer Behandlung Naldi auf den Verband angesprochen haben - um sich dabei rückzuversichern, ob Naldi eventuell mit einer für ihn verbotenen Substanz in Kontakt gekommen sein könnte.

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Der Masseur soll versichert haben, dass er die Verletzung nicht behandelt habe. Der Dialog ist ein zentraler Element von Sinners Entlastungsstrategie, die für das Tribunal plausibel war.

Physio ist unvorsichtig

Zwei Tage war der Finger von Naldi verbunden, dann soll er am 5. März auf Empfehlung von Ferrara das Trofodermin-Spray wegen seiner heilenden Wirkung verwendet haben. Naldi prüfte die Inhaltsstoffe wohl nicht, darunter auch den verbotenen Stoff Clostebol. Naldi trug die Substanz angeblich acht Tage lang jeden Morgen auf die kleine Wunde an seinem Finger auf. Ort soll das Badezimmer der Villa sein, in der sie in Kalifornien während des Turniers wohnten.

Parallel gab Naldi Sinner vom 5. bis 13. März täglich Ganzkörpermassagen mit Ölen - ohne Handschuhe zu tragen. Dabei behandelte er auch Sinners Sprunggelenke. Insgesamt dauerten die Sitzungen jeweils 60 bis 90 Minuten.

Am 10. März sprühte Naldi angeblich morgens zwei Sprühstöße Trofodermin auf seinen Finger. Er soll dann Sinners Füße und Knöchel behandelt haben, wo eine Hauterkrankung des Spielers - psoriasiforme Dermatitis - aufgetreten ist. Diese verursacht Juckreiz, was zu Kratzern, kleinen Schnitten und Wunden führte. Naldi konnte sich aber nicht erinnern, ob er sich zwischen dem Auftragen des Sprays auf seinen Finger und dem Massieren von Sinner die Hände wusch.

Sinner positiv nach Sieg gegen Struff

Am selben Tag schlug Sinner den Deutschen Jan-Lennard Struff und gab bei der Dopingprobe zwei Urinproben (Primär- und Bestätigungsurin) ab. Beide positiv auf Clostebol. Acht Tage später, am 18. März, musste Sinner erneut zur Dopingprobe. Vor dem Turnier in Miami schlug der Test erneut an, wieder Clostebol.

Stimmt die Erklärung, dass die Kontamination durch die Masseurhände die Positivtests ausgelöst hat? Der anerkannte Doping-Experte Prof. Dr. Fritz Sörgel hält dies im SPORT1-Interview für wenig stichhaltig. „Wenn jemand eine Schnittwunde hat, wie es bei dem Physio von Sinner der Fall gewesen sein soll, dann schmiert man die Salbe ja nicht pfundweise drauf. Sondern eher dünn. Auch wenn er ihn jeden Tag massiert, halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass das Clostebol in solchen Mengen durch die Haut eindringt, dass es im Dopingtest auffällt.“

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Sinner wurde am 4. April offiziell über den positiven Befund informiert und bekam automatisch eine vorläufige Sperre Noch am selben Tag stellte der 23-Jährige einen Eilantrag auf Aufhebung der Sperre - erfolgreich. Das gleiche Prozedere passierte am 17. April.

Sechs Wochen später konfrontierte die International Tennis Integrity Agency (ITIA) Sinner mit den Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen. Daraufhin veröffentlichen Sinners Anwälte am 19. Juni detaillierte Erläuterungen zur positiven Dopingprobe. Am 20. August enthüllte nun die International Tennis Integrity Agency den Dopingfall Sinner und gab bekannt, dass Sinner vom Fehlverhalten freigesprochen wurde.

Doping-Experte Sörgel: „Das stinkt zum Himmel“

Ein Freispruch, den Sörgel im SPORT1-Interview unter die Lupe nahm und klar urteilte. „Diese Methode der Ausrede, dass es über die Haut aufgenommen wird, wird in letzter Zeit verstärkt verwendet. Und das ist nun ein weiterer Fall“, stelle Sörgel fest und redete Klartext zum Fall Sinner: „Das stinkt zum Himmel.“

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Sörgel forderte nun Schritte der WADA, die auf SID-Anfrage ankündigte, die Entscheidung sorgfältig zu prüfen. Ein Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ist weiter denkbar.