Casper Ruud zeigte sich im Moment der Niederlage wie üblich als fairer Sportsmann. Während Gegner Raphael Collignon noch auf dem Boden lag und den größten Erfolg seiner Karriere bejubelte, kam Ruud auf die Seite seines Widersachers und beglückwünschte ihn mit freundlichen Worten. (US Open 2025 täglich im LIVETICKER)
US Open: Unerklärlich! Der nächste Topstar stürzt ab
Der nächste Topstar stürzt ab
Dann packte der Norweger seine Sachen und verschwand schnell nach der Zweitrundenniederlage bei den US Open. Es ist der nächste große Rückschlag für einen, der bereits in drei Grand-Slam-Endspielen stand und 13 Titel auf der ATP-Tour sein Eigen nennt. Doch von jener Form ist er aktuell weit entfernt, was die Niederlage gegen die Nummer 107 der Welt unterstreicht.
Es ist die Fortsetzung des Absturzes eines weiteren großen Stars auf der ATP-Tour. Während Daniil Medvedev immer häufiger auf dem Court ausflippt und Stefanos Tsitsipas nicht selten abseits davon für Stirnrunzeln sorgt, lässt sich Ruud diesbezüglich nie etwas zu schulden kommen. Doch sportlich läuft auch bei ihm fast nichts mehr.
Dabei gilt Ruud als Musterprofi und extrem trainingsfleißig - wenn er nicht gerade auf seinen ungeliebten Rasenplätzen spielen muss, die er doch lieber nur zum Golfen nutzt.
Doch spielerisch wird er immer mehr von seinen Gegnern durchschaut - zudem fehlt ihm augenscheinlich aktuell jegliches Selbstvertrauen. Selbst seine großartige Vorhand, die gerade auf Sand eine echte Waffe ist, flatterte gegen Collignon in den entscheidenden Momenten sehr.
Verletzung bei French Open wirft ihn aus der Bahn
Noch im Mai sah das ganz anders aus. Da hatte der 26-Jährige gerade das Masters in Madrid gewonnen und galt vor den French Open wieder einmal als Mitfavorit.
Doch ausgerechnet bei seinem Grand Slam in Paris folgte der Schock. Von Knieschmerzen geplagt, ging Ruud in der zweiten Runde gegen den Portugiesen Nuno Borges unter. Es folgte eine längere Pause, das von ihm eher ungeliebte Wimbledon-Turnier sagte er ab, um seine Rückkehr auf den geliebten Sand in Gstaad zu geben.
Doch die Resultate blieben aus und so ging es ohne viel Selbstvertrauen auf die US-Tour vor den US Open, die ebenfalls schleppend verlief. Nach dem Aus in New York steht fest, dass Ruud bei den Grand Slams in dem gesamten Jahr gerade einmal drei Siege geschafft hat.
„Ich kann ehrlich sagen, dass ich in diesen Tagen nicht mit viel oder sogar gar keinem Selbstvertrauen spiele“, fasste Ruud nach dem jüngsten Aus seine Gemütslage zusammen.
Casper Ruud: „Das ist kein gutes Gefühl“
Ruud fügte an: „Als ich zurückkam, habe ich nicht viele Matches gewonnen. Außerdem habe ich viele Schläge verfehlt. Ich habe viele Bälle mit meiner Vorhand, die eigentlich meine beste Waffe sein sollte, mit dem Rahmen getroffen. Das ist kein gutes Gefühl.“
Der kriselnde Star fügte an, nun „ehrlich zu sich selbst“ zu sein und alles auf den Kopf zu stellen. Denn eines stellte er klar: „Werde ich versuchen, noch besser, härter zu trainieren? Ja, auf jeden Fall! Bin ich motiviert? Ja!“
Ende September will er beim Laver Cup mit Team Europa wieder zurückkommen und eine ganz andere Form zeigen.
Doch wie schnell kommt Ruud aus seinem Tief heraus? Immerhin machte er seit seinem Durchbruch noch nie eine solche Durststrecke durch.
Zwar dauerte es etwas, bis er sich unter den Top 100 der ATP etabliert hatte, doch als er das geschafft hatte, ging es steil nach oben. Im September 2022 war er mit gerade einmal 23 Jahren die Nummer 2 der Welt.
Vor allem auf Sand war Ruud nur schwer zu schlagen und erreichte gleich zwei French-Open-Endspiele. Kein Wunder, dass er dort als möglicher Nachfolger seines großen Idols galt - Sandplatzkönig Rafael Nadal.
Ruud steht am Scheideweg
Doch ähnlich wie Alexander Zverev gelang ihm nie der ganz große Wurf. Bei den French Open scheiterte er im Finale 2022 an Nadal, ein Jahr später an Novak Djokovic, bei den US Open 2022 zog er gegen Carlos Alcaraz knapp den Kürzeren.
Definitiv drei Namen, gegen die man erhobenen Hauptes verlieren kann. Doch auch wenn Nadal danach die Bühne freimachte und Djokovic abseits von Grand Slams kaum noch antritt, bekam Ruud das gleiche Problem wie Zverev und Co.: Alcaraz entfernte sich gemeinsam mit Jannik Sinner vom Rest der Welt.
Während diese beiden immer besser wurden, rutschte Ruud eher ab, was zumindest teilweise auch an Pech lag. So brachte ihn im vergangenen Jahr eine Parasiteninfektion aus der Spur, in diesem Jahr macht sein Knie Probleme.
Nach dem Aus bei den US Open wird der 26-Jährige in der Rangliste nun noch weiter abrutschen, denn im vergangenen Jahr erreichte er in New York immerhin das Achtelfinale. Das Finale der besten acht Spieler der Saison wird sehr wahrscheinlich ebenfalls ohne den Norweger steigen.
Ruud ist am Scheideweg angekommen - spätestens im nächsten Jahr wird sich zeigen, ob er noch einmal die Kurve kriegt oder sein Weg nach unten weiter anhält.