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Spielerberater-Legende enthüllt: "Da hat sich Hoeneß bei mir entschuldigt"

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Spielerberater-Legende enthüllt: "Da hat sich Hoeneß bei mir entschuldigt"

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„Da hat sich Hoeneß entschuldigt“

Als Spielerberater hat Michael Koppold viel erlebt. Wie er einst Rudi Völler zu 1860 München brachte und warum sich Bayern-Legende Uli Hoeneß bei ihm entschuldigte, erzählt er im SPORT1-Interview.
Nach Uli Hoeneß' Kritik an Lothar Matthäus lässt dessen Reaktion nicht lange auf sich warten. Was ist dran an den Vorwürfen über durchgestochene Interna beim FC Bayern?
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Die Macht der Spielerberater im Profifußball wird immer größer.

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Einer, der seit über 40 Jahren im Fußballzirkus tätig ist und zur alten Schule gehört, ist Michael Koppold aus Langenmosen. Sein Motto lautet: „Menschlichkeit und Ehrlichkeit schließen Erfolg nicht aus.“ Er ist immer noch aktiv im Geschäft und hat viel erlebt.

Im SPORT1-Interview spricht der 72-Jährige über seinen Job, seine besten Transfers, Julian Nagelsmann - und warum sich Uli Hoeneß einmal bei ihm entschuldigte.

SPORT1: Herr Koppold, Sie sind ein Kind des Fußballs. Wie fing alles an?

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Michael Koppold: Ich muss etwas ausholen. Seit ich sechs Jahre alt bin, begeistert mich der Fußball. Mein Vater war Sechziger. Wir sind damals mit dem Motorrad zu den Spielen gefahren und ich saß hinten drauf. Ich habe die Energie des Fußballs also ganz früh aufgesaugt. In den Ingolstädter Vereinen habe ich später dann als Fan schon oft mitgeholfen. Ich habe Hans Reuter gekannt, der einst der Manager des MTV Ingolstadt in der 2. Liga war. Ich war schnell in den Fußballkreisen drin und war angefixt.

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SPORT1: Sie haben unter anderem einst Rudi Völler zu 1860 gebracht.

Koppold: Ich habe mir damals das Spiel Kickers Offenbach gegen Hanau angeschaut. Und Völler spielte bei den Kickers. Als ich heim kam, habe ich Hans Ettlinger (Ex-Manager von 1860, 2010 verstorben, Anm. d. Red.) angerufen und ihm Rudi empfohlen. Ich meinte nur zu ihm: „Schauen Sie sich den mal an, das wäre ein Riesen-Spieler für Sechzig.“ Er fragte mich, ob ich Völlers Nummer habe, die hatte ich natürlich nicht, denn ich war ja nur ein Fan. Aber mein Auge hatte mich damals schon nicht getäuscht. Einige Wochen später lese ich in der Zeitung, dass Rudi Völler zu den Löwen wechselt. Herr Ettlinger rief mich an, bedankte sich und meinte, ich könne gerne weiter interessante Spieler empfehlen. So lief der Deal mit Völler und 1860. Und so kam ich dem Job des Beraters immer näher.

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SPORT1: 1986 bekamen Sie ein Angebot von Reiner Calmund, der Sie für den Bereich Scouting nach Leverkusen holen wollte. Sie waren plötzlich drin im Fußballzirkus.

Koppold: Ja, das stimmt. Ich habe mich damals aber für einen Wechsel zum VfB Stuttgart entschieden. Dort habe ich das Scouting und den Jugendbereich mit aufgebaut. Das war eine aufregende Zeit. Ich habe da Marcus Sorg (seit 2016 Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft, Anm. d. Red.) zum VfB gebracht. 1990 bin ich zum SC Freiburg gewechselt und habe dort unter dem berühmten Präsidenten Achim Stocker gearbeitet. Ich habe zu der Zeit schon Spielertransfers gemacht. Unter anderem habe ich Uwe Spies und Alfons Higl nach Freiburg geholt. Ich habe immer Spieler gehabt, die man zuerst nicht so auf dem Schirm hatte, die aber später Nationalspieler geworden sind.

Warum sich Hoeneß bei Koppold entschuldigte

SPORT1: Auch Karl-Heinz Riedle haben Sie entdeckt.

Koppold: Richtig. Da gibt es eine nette Geschichte mit Uli Hoeneß. Da hat er sich bei mir entschuldigt. Ich habe Riedle in der 2. Mannschaft des FC Augsburg entdeckt. Er saß dann eines Tages als Jungspund mit 20 Jahren bei mir daheim in Langenmosen auf der Couch und ich war einfach überzeugt von ihm. Ich habe ihn überall angeboten, aber keiner wollte ihn. Ich habe auch Hoeneß angerufen. Doch er meinte zu mir: „Ich suche einen kopfballstarken Spieler.“ Wenig später habe ich zehn Trainer ins Grünwalder Stadion eingeladen, damit sie sich Riedle aus nächster Nähe anschauen konnten. Einige Jahre später saß Hoeneß in einer Fernsehsendung und da durfte man als Zuschauer anrufen. Er wurde dann gefragt, warum er Kalle Riedle nicht genommen hat. Und Uli meinte nur: „Entschuldigen Sie, Herr Koppold, ich habe mich da getäuscht.“ Riedle spielte bei Blau-Weiß 90 Berlin und ist dann zu Werder Bremen gewechselt. Was aus ihm wurde, ist bekannt.

Uli Hoeneß hatte sich wegen Karl-Heinz Riedle bei Spielerberater Michael Koppold entschuldigt
Uli Hoeneß hatte sich wegen Karl-Heinz Riedle bei Spielerberater Michael Koppold entschuldigt

SPORT1: Wie sind Sie dann lizenzierter Berater geworden?

Koppold: Ich habe immer die guten Spieler rangeschleppt, aber kassiert haben die anderen. Da habe ich mir gedacht: Das kann so nicht funktionieren. 2005 habe ich dann die Lizenz als Spielerberater bekommen. Seitdem arbeite ich erfolgreich in dem Job. Meine Spieler hat man nie direkt auf dem Zettel gehabt. Ob es Thomas Broich, Stefan Aigner oder Felix Uduokhai waren. Meine Spieler waren immer Jungs, die andere nicht sofort wollten, aber 95 Prozent von ihnen sind Profis geworden. Auch Stefan Reisinger muss ich hier erwähnen, der heute Co-Trainer bei 1860 ist.

SPORT1: Welche drei Transfers waren finanziell am lukrativsten für Sie?

Koppold: Das war damals der Riedle-Transfer von Blau-Weiß 90 Berlin zu Werder Bremen. Auch der Wechsel von Stefan Lex von Greuther Fürth zum FC Ingolstadt war finanziell sehr interessant. Ebenso der Deal mit Stefan Aigner von 1860 zu Eintracht Frankfurt.

Berater Michael Koppold (m.) transferierte Stefan Aigner einst von 1860 München zu Eintracht Frankfurt
Berater Michael Koppold (m.) transferierte Stefan Aigner einst von 1860 München zu Eintracht Frankfurt

„Dann wollen alle die Kuh melken“

SPORT1: Haben Sie zu Ihren ehemaligen Spielern noch Kontakt?

Koppold: Ja, zu vielen. Felix Uduokhai spielt aktuell beim FC Augsburg, er war bei 1860 leider nur Ersatzspieler. Ihm habe ich oft gut zugeredet, was er verbessern muss. Das Problem ist, dass die Berater von den großen Agenturen dann in Erscheinung treten, wenn der Spieler schon etwas bekannter geworden ist. Dann wollen alle die Kuh melken. Viele Eltern denken heutzutage leider, dass der Sohn fast schon Nationalspieler ist, wenn er geradeaus laufen kann. Das große Problem im heutigen Fußball ist, dass die Jungs zu früh in die Internate gesteckt werden. Die sollen noch etwas zu Hause bleiben. Auch wird doch gar nicht mehr auf die Basics geachtet. Die jungen Spieler trauen sich nichts mehr zu. Auch gegenüber den Medien dürfen sie nichts mehr sagen. Heute soll keiner mehr dribbeln, sondern es wird auf dem Platz nur noch verschoben. Das ist Schwachsinn. Die heutigen Ausbilder sind meistens Studenten und denken, sie hätten den Fußball erfunden.

SPORT1: Wie hat sich das Beratergeschäft im Vergleich zu früher verändert?

Koppold: Viele reden von Miteinander und Respekt, aber es ist alles viel unmenschlicher geworden. Es zählt nur noch das große Geld. Ich bin seit 40 Jahren in diesem Geschäft. Die Ehrlichkeit ist leider bei manchem verloren gegangen. Es gibt aber auch gute Kollegen. Das Beratergeschäft ist ein Haifischbecken. Friss oder stirb. Solange ein Spieler laufen kann, ist er interessant. Nur zwei Prozent aus den Nachwuchsleistungszentren schaffen es tatsächlich zum Bundesligaspieler. Viele achten doch gar nicht mehr darauf, wie sich ein Spieler verbessern kann. Das ist schade.

SPORT1: Wurden Sie auch mal reingelegt bei einer Verhandlung?

Koppold: Schon. Von anderen Beratern und auch von Spielern. Wie gesagt: Die Menschlichkeit wird mit Füßen getreten. Ich habe aber auch gute Manager erlebt wie in Frankfurt Bruno Hübner oder in Ingolstadt Thomas Linke. Edgar Geenen (starb 2007, Anm. d. Red.), der frühere Manager von 1860 und vom 1. FC Nürnberg, war auch einer der korrekten Manager. Ich bin bisher mit vielen gut ausgekommen, weil sie wissen, dass ich realistisch, dankbar und demütig bin.

„Sechzig wollte Aigner nicht mal für die Bayernliga“

SPORT1: Wie verlief der Deal von Stefan Aigner zu Eintracht Frankfurt?

Koppold: Das war sehr interessant. Stefan ist ein Riesentyp. Er hat zwölf Jahre umsonst bei 1860 in der Jugend gespielt. Nach einem Freundschaftsspiel habe ich Stefan einfach angesprochen, ob er einen Berater braucht. Wir haben uns dann getroffen und ich habe ihn nach Burghausen gebracht. Ich habe zu deren Manager Kurt Gaukler gesagt: „Ich habe eine Granate für dich.“ Und er hat mir vertraut, nachdem ich ihm schon Thomas Broich und Stefan Reisinger vermittelt hatte. Aber es war sehr witzig. Sechzig wollte Aigner nicht mal für die Bayernliga haben. Dann wechselte er nach Bielefeld und später doch zu 1860. Nach zwei tollen Jahren bei den Löwen ist er zu Eintracht Frankfurt gewechselt.

SPORT1: Auch Thomas Broich hat eine bewegte Geschichte.

Koppold: Er spielte damals in der Landesliga bei der SpVgg Unterhaching. Doch dort wollte man ihn nicht. Rudi Bommer war Trainer bei Wacker Burghausen, wollte Thomas sofort haben und er wechselte dann zu ihm. Auch Peter Neururer, damals Trainer beim VfL Bochum, wollte Thomas später haben. Nach zwei Jahren in Burghausen ging er nach Mönchengladbach und startete richtig durch. Er war nicht der schnellste Spieler, aber er konnte den Ball perfekt behandeln. Und heute ist er ein exzellenter TV-Experte. Das machen ja inzwischen viele, weil es gut bezahlt wird und viele Ex-Spieler nicht zwingend gute Trainer werden.

Berater Michael Koppold (m.) mit seinen Spielern Thomas Broich (l.) und Stefan Reisinger (r.)
Berater Michael Koppold (m.) mit seinen Spielern Thomas Broich (l.) und Stefan Reisinger (r.)

„Den Spieler Nagelsmann habe ich immer abgelehnt“

SPORT1: Julian Nagelsmann war als Spieler bei 1860 eng befreundet mit Stefan Aigner.

Koppold: Stimmt. Den Spieler Nagelsmann habe ich immer abgelehnt. Sein Stiefpapa hat mich des Öfteren angerufen und bat mich, Julian zu betreuen, aber ich habe ihm abgesagt: „Es reicht spielerisch nicht.“ Er war in der Jugend bei den Löwen und später in Augsburg nur Ersatzspieler.

SPORT1: Wie kommt es, dass Nagelsmann und Thomas Tuchel so tolle Trainer geworden sind, obwohl beide als Spieler nicht für Furore sorgen konnten?

Koppold: Weil das nicht abhängig voneinander ist. Und weil sie die Philosophie des Fußballspiels verstanden und verinnerlicht haben. Gewisse Dinge im Fußball kannst du nicht lernen, die hast du im Kopf und jetzt können Tuchel und Nagelsmann alles frei umsetzen. Früher haben sie auf ihre Trainer hören müssen. Beide haben sich als Trainer ganz toll entwickelt.

SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Spielerberater Michael Koppold zum Interview in Pfaffenhofen
SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Spielerberater Michael Koppold zum Interview in Pfaffenhofen

SPORT1: Was meinen Sie, wo Julian Nagelsmann seinen nächsten Trainerjob antreten wird?

Koppold: Nagelsmann wird nach England gehen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Noch hat er einen gültigen Vertrag beim FC Bayern und dieser ist überragend. Nagelsmann muss sich nicht unter Druck setzen. Er kann in aller Ruhe abwarten. In Deutschland kann ihn kein Verein mehr bezahlen. Zu Tuchel fällt mir noch eine Geschichte ein.

Warum Tuchel Augsburg verließ

SPORT1: Erzählen Sie.

Koppold: Tuchel war damals Jugendleiter beim FC Augsburg und rief mich an. Er sagte: „Michi, ich habe ein Riesen-Konzept, wie man die Jugend-Gestaltung beim FCA verbessern kann.“ Das hat er dann Andreas Rettig vorgelegt, aber es wurde abgelehnt. Tuchel hat daraufhin aufgehört, wurde in Mainz U19-Trainer. Und was aus ihm geworden ist, wissen wir alle.

SPORT1: Welchen Fehler bereuen Sie als Berater?

Koppold: Dass ich immer zu gutgläubig war und an das Gute im Menschen geglaubt habe, war sicher nicht immer hilfreich.

Bierofka zurück zu 1860? „Kapitel noch nicht zu“

SPORT1: Es gibt aktuell Riesen-Wirbel in Unterhaching um den neuen Trainer Marc Unterberger. Mit Daniel Bierofka, Ihrem Klienten, wurde jetzt auch der Vertrag aufgelöst. Was sagen Sie dazu?

Koppold: Das ist natürlich nicht schön, aber Daniels Vertrag in Haching endet erst 2025. Er und Marc Unterberger (Hachings neuer Cheftrainer, Anm. d. Red.) waren nicht gerade Freunde. Er hätte schon vor einem Jahr nach Duisburg oder Halle gehen können, als er in Innsbruck aufhören musste. Aber er will jetzt erstmal bei der Familie sein und seine Kinder aufwachsen sehen. Daniel wird auf jeden Fall wieder irgendwo als Trainer arbeiten. Eine Rückkehr zu 1860 ist nicht auszuschließen. Das Kapitel ist noch nicht zu.