Stephen Curry und Klay Thompson schlichen mit leerem Blick aus dem heimischen Chase Center.
Vom 109-Mio.-Flop zum Finalhelden
Vom 109-Mio.-Flop zum Finalhelden
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Die beiden Kunstschützen der Golden State Warriors waren einigermaßen bedient, nachdem ihnen zum Auftakt der NBA-Finals ein fast schon abgeschriebener Oldie die Lichter ausgeschossen hatte: Dank der wundersamen Wiederauferstehung von Al Horford haben die Boston Celtics im Kampf um ihren ersten NBA-Titel seit 14 Jahren einen ersten Wirkungstreffer erzielt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur NBA)
Sechs von acht Dreier-Versuchen verwandelte der 2,08 Meter große „Big Al“, der tags darauf seinen 36. Geburtstag feierte, und stahl beim 120:108 in San Francisco den gefeierten „Splash Brothers“ der Warriors die Wurfshow.
Al Horfords Karriere war schon an die Wand gefahren
„Irgendwie haben mich die Jungs immer wieder gefunden. Und ich habe die Dinger einfach reingehauen“, sagte der Teamkollege von Nationalspieler Daniel Theis (3 Punkte in 6 Einsatzminuten) - dessen eigene Spielzeit gerade unter anderem auch unter Horfords Gala-Form stark leidet.
Horford rückte sich selbst also nicht in den Vordergrund. Musste er auch nicht. Seine Geschichte erzählt sich von selbst.
Dem Mann, der als ersten Spieler aus der Dominikanischen Republik Meister werden würde, winkt das Happy End einer eigentlich schon an die Wand gefahrenen Karriere. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der NBA)
Abschied aus Boston nach Irving-Abgang
„Ich war wirklich abgeschrieben“, erinnert sich Horford an den Karriere-Tiefpunkt, den er vor nicht allzu langer Zeit erlebt hatte.
Horford, fünfmaliger All-Star bei den Atlanta Hawks und den Celtics, hatte Boston 2019 verlassen: Er selbst war dem Ruf des Geldes zu den Philadelphia 76ers gefolgt, unterschrieb als Free Agent einen - mit Boni - 109 Millionen Dollar schweren Vier-Jahres-Vertrag.
Das ist allerdings nur Teil der Geschichte. Denn nach dem enttäuschenden Playoff-Aus gegen die Milwaukee Bucks (1:4) 2019 hatte zunächst Kyrie Irving die Celtics im Stich gelassen.
Der eigenwillige Point Guard zog als Free Agent nach Brooklyn weiter, obwohl er noch vor der Saison vollmundig erklärt hatte, erneut bei den Celtics zu unterschreiben.
Horford wäre in Boston geblieben
Das Team um Irving, Horford, Gordon Hayward und die Jungstars Tatum, Brown sowie Smart hatte nicht funktioniert, fiel auseinander - auch weil sich Horford für einen neuen Weg entschied.
Dabei verriet er später: Hätte er gewusst, dass die Celtics Irving mit Kemba Walker ersetzen, wäre er gleich in Boston geblieben.
Stattdessen bog seine Karriere in die falsche Richtung ab.
Bei Sixers gefloppt, von OKC freundlich aussortiert
An der Seite von Joel Embiid fand Horford in Philly nicht zu alter Stärke und landete auf der Abschussliste, Oklahoma City übernahm aus taktischen Gründen - im Gegenzug wurden wertvolle Draftpick-Rechte verschachert - die Reste von Horfords Monster-Vertrag.
Nach kaum mehr als drei Monaten veröffentlichte OKC ein Statement voller freundlicher Worte (“Al war nicht weniger als spektakulär“ - „absoluter Vollprofi“ - „riesiger Einfluss aufs Team“) - und der Nachricht, dass er mitten in der Saison aussortiert wird.
Man wolle sich auf die Entwicklung jüngerer Spieler fokussieren, hieß es - und sichergehen, dass Horford sich nicht verletzte und das Team damit auf seinem Vertrag sitzenbleiben würde.
Trade mit Kemba Walker als Rettung
Horfords Rettung: Die Celtics wollten den noch enttäuschenderen, noch teureren Walker (141 Millionen für vier Jahre) loswerden - und „Big Al“ durfte zurück nach Boston.
Als er im Sommer 2021 den Anruf des neuen Boston-Managers Brad Stevens kam, der in seiner ersten Celtics-Zeit noch Horfords Trainer war, brach die Freude nicht nur aus dem Big Man heraus. „Ich bin mit meiner Familie gerade von einem Besuch bei meiner Mutter in Atlanta heim gefahren. Wir haben alle vor Freude geschrien. Ich war total begeistert und dankbar“, erzählte er vor den Finals.
So landete Horford wieder in Boston und fand dort eine völlig andere Situation vor, als bei seinem Abgang: Der einstige Mentor für die Jungstars Tatum, Brown und Smart ist jetzt der Rollenspieler. Aber der Big Man nahm das an, schuftete sich zum Leistungsträger zurück und steht im 15. NBA-Jahr erstmals im Finale.
„Ein Mann des Glaubens und ein Leader über alle Maßen“, schwärmte Smart über Horford: „Ich bin gesegnet, ihn als Teamkollegen zu haben. Er ist IMMER da, um mir und uns aufzuhelfen.“ Dieses Lob hatte sich der Big Man in Spiel 1 mehr als verdient.
Während der eigentliche Celtics-Topstar Tatum eher schwächelte, war es vor allem Horfords Gala, die dafür sorgte, dass die aktuelle Celtics-Generation nun beste Chancen hat, in die Fußstapfen von Franchise-Ikonen wie Bill Russell, Larry Bird und dem 2008er-Traumtrio Kevin Garnett, Paul Pierce und Ray Allen zu treten. (Larry Bird: Seine Weltkarriere hatte einen tragischen Ursprung)
Eine erlesene Ahnenreihe und Teamkollege Jaylen Brown gönnt es Horford sportlich wie menschlich, sich in sie einzureihen: „Niemand verdient das so sehr wie Al.“
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Mit Sportinformationsdienst (SID)