Klartext von Sven Hannawald: Die deutsche Wintersport-Legende hat mit dem aktuellen Regelchaos im Skispringen abgerechnet. Wie so häufig in den vergangenen Wochen geht es um die Frage nach den Anzügen der Athleten.
Schummel-Anklage von Hannawald
Hannawald mit Schummel-Anklage
„Es muss endlich ein Umdenken passieren. Die Entscheidungsträger sind in der Pflicht“, schimpfte Hannawald bei einem Interview mit der Bild-Zeitung.
„Es ist einfach nur traurig, wie weit es gekommen ist. Die Nationen untereinander beschimpfen sich gegenseitig. Das kann doch nicht wahr sein“, sagte der einstige Sieger der Vierschanzentournee weiter. Es herrsche „pures Misstrauen im Zirkus. Und warum? Weil die Verantwortlichen keine klare Linie haben.“
Hannawald: Erst fair, dann vogelwild
Zur Erklärung: Zuletzt hatte das norwegische Team der Konkurrenz aus Österreich vorgeworfen, mit unerlaubt großen Anzügen zu springen und sich so einen Vorteil zu verschaffen. Jüngst richtete die polnische Auswahl Vorwürfe in Richtung der deutschen Springer.
Im Sommer waren die Regularien für die Anzüge klar festgelegt, was zunächst auch den gewünschten Erfolg hatte. Hannawald meinte: „Am Anfang war das alles fair, jetzt ist es vogelwild.“
Bei der Nordischen WM wurde den Athleten dann allerdings erlaubt, zwei weitere Anzüge zu melden. Und hier geht es laut Hannawald nicht mehr mit rechten Dingen zu: „Das sieht jemand mit sechs Dioptrien, dass da Anzüge jetzt dabei sind, die nicht zugelassen werden sollten - wenn man sich an die Regeln vom Beginn der Saison halten würde.“
Zwei Beispiele sind dem 50-Jährigen dabei ein besonderer Dorn im Auge: Zum einen der Anzug der Norwegerin Anna Odine Stroem, die mit der Mixed-Staffel Gold geholt hatte. „Gib mir diesen Anzug und sogar ich springe wieder. Da weiß ich, mir kann nichts passieren, der fängt mich auf.“
„Man wird quasi zum Schummeln gezwungen“
Und auch der Norweger Marius Lindvik, Sieger von der Normalschanze, wird kritisch beäugt: „Lindvik hat vor der Weltmeisterschaft, als das Reglement strikt war, oft nicht einmal den zweiten Durchgang erreicht. Und jetzt ist er Weltmeister, mit der gleichen Technik. Das ist alles wie in einem schlechten Film.“
An die Regelhüter gerichtet, sagte Hannawald: Man dürfe nicht „während der Saison Schlupflöcher zulassen. Jeder Springer, der seinen Sprung an den engeren Anzug angepasst hat, wird jetzt einfach nur bestraft.“
Er sei extrem genervt: „Man wird quasi zum Schummeln gezwungen, wenn man vorn dabei sein möchte. Das ist doch nur noch frustrierend.“
Hannawald hofft auf den internationalen Ski-Verband FIS. Dieser könne eine klare Linie finden: „Sonst haben wir bei den Olympischen Spielen nächsten Winter am Ende ein weiteres Vollchaos.“