Das ganze kleine österreichische Dorf war auf den Beinen und feierte den deutschen Vizeweltmeister im Slalom.
Die deutsche Antwort auf Anna Fenninger
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Glühwein- und Würstlbuden waren aufgebaut, der Bürgermeister höchstpersönlich ehrte den Prominenten.
Fritz Dopfer war den Tränen nahe.
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man denken, das Dorf Leutasch in Tirol legte sich am vergangenen Freitag besonders für Dopfer ins Zeug, um ihn zu einem Teamwechsel zu überzeugen.
Wohnsitz und Ausbildung in Österreich
Die Sache ist etwas komplizierter. Dopfer besitzt zwei Staatsbürgerschaften, die deutsche und die österreichische.
Sein Vater ist Deutscher, seine Mutter Österreicherin.
Aufgewachsen ist Dopfer im bayerischen Schongau, doch seit dem 10. Lebensjahr lebt der heute 27-Jährige in Leutasch, das gleich hinter der Grenze bei Mittenwald liegt.
Und deshalb war der Ausspruch des Leutascher Bürgermeisters nicht falsch, als er sagte: "Ausgerechnet ein Österreicher rettet die deutsche Bilanz bei der WM."
Im Alter von 19 Jahren wechselte Dopfer vom ÖSV zum Deutschen Skiverband, zuvor hatte er im renommierten österreichischen Skigymnasium Stams eine erstklassige Ausbildung genossen.
Parallelen zu Fenninger
Dopfers Geschichte hört sich ein wenig an wie die von Österreichs Doppelweltmeisterin Anna Fenninger - nur andersherum.
Fenninger lernte in Bayern das Skifahren und hat ein deutsches Management.
So kamen zuletzt Gerüchte auf, sie würde einen Nationenwechsel anstreben.
Doch wie Fenninger verweist auch Dopfer im Gespräch mit SPORT1 auf seine eigentliche Herkunft:
"Ich bin in Oberbayern in Schongau aufgewachsen. Dort liegen meine Wurzeln. Ich bin extrem stolz, für den Deutschen Skiverband starten zu können. Natürlich gibt es in meiner Biografie auch österreichische Einflüsse wie die Zeit auf dem Skigymnasium in Stams. Aber ich bin echt happy über meine frühe Entscheidung, für den Deutschen Skiverband zu starten. Das habe ich nie bereut."
ÖSV hätte Bedarf
Ein österreichisches Interesse am deutschen WM-Helden würde derzeit aber nicht verwundern.
Denn in der Skination ist eine echte Krise im Slalom und Riesenslalom ausgebrochen.
Superstar Marcel Hirscher ist in dieser Saison der einzige, der Spitzenplätze einfährt.
Abwerbeversuche habe es bislang noch keine gegeben, versichert Dopfer:
"Die Österreicher haben mit Marcel Hirscher den komplettesten Skifahrer der letzten drei Jahre und einige Junge, die in den nächsten Jahren nachkommen werden. Das dauert vielleicht noch ein, zwei Jahre. Aber um den ÖSV brauchen wir uns in den Technikbewerben keine Sorgen machen."
Konzentration aufs Hier und Jetzt
Momentan könnte man in Österreich einen wie Dopfer durchaus brauchen.
Erst recht, weil er gerade einen wichtigen Entwicklungsschritt in seiner Karriere gemacht hat.
Bislang stand Dopfer oftmals sein grüblerischer Charakter im Weg.
Er machte sich zu viele Gedanken und war am Start des Rennens dann nicht locker genug.
Beim Slalom von Beaver Creek war das anders.
"Ich habe mir gesagt: Die Vorbereitung war richtig gut, meine Saison-Ergebnisse im Slalom waren gut, also warum soll ich mich infrage stellen, nur weil der Riesenslalom nicht gut gelaufen ist. Der Slalom ist wieder eine komplett andere Disziplin. So bin ich dann rangegangen, und habe mich dann nur aufs Hier und jetzt konzentriert und habe probiert, das maximal Mögliche auszuholen."
Das Maximale bedeutete für Dopfer WM-Silber vor dem deutschen Aushängeschild Felix Neureuther, der Bronze gewann.
Zugleich war es der bisherige Höhepunkt seiner Karriere.
Platz eins noch offen
Was als nächstes auf seiner sportlichen To-Do-Liste steht, ist klar:
"Ich habe fast alle Platzierungen von Platz zwei bis Platz 40 in Weltcuprennen abgeklappert. Von daher bleibt noch eine Platzierung offen."
Endlich mal ganz oben auf dem Podium stehen, ganz oben auf der Anzeigetafel seinen Namen sehen - davon träumt Dopfer.
"Ein Sieg ist ein großes Ziel von mir. Und da gilt es dranzubleiben und immer weiter dran zu arbeiten", hält er fest.
Der ideale Tag, um das ersehnte Ziel in die Tat umzusetzen, ist wohl der Riesenslalom am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen (ab 10.30 Uhr im LIVETICKER).
Für Dopfer ist es sein Heimrennen, denn er startet für den SC Garmisch.
Zwar äußert er sich vorsichtig:
"Ich bin kein Typ, der große Vorhersagen trifft und sagt: 'An diesem Tag oder bei diesem Rennen muss es passieren.'"
Doch eines ist klar: Das bayerische Garmisch-Partenkirchen würde einen Dopfer-Sieg sicher ähnlich euphorisch feiern wie das österreichische Leutasch.