Der Manipulations-Skandal um die norwegischen Skispringer erschüttert den Sport in seinen Grundfesten - und der dreimalige Weltmeister Severin Freund fordert eine umfassende Aufarbeitung.
WM-Skandal: Was Freund stutzig macht
In seiner Funktion als ZDF-Experte unterstrich Freund die Tragweite der Geschehnisse und stellte dabei auch dem internationalen Skiverband (FIS) ein vernichtendes Zeugnis aus.
Freund fordert: „Alle Karten auf den Tisch legen“
„Was zur Hölle machen die da? Das ist absolut schockierend“, zeigte sich Freund entsetzt über ein aufgetauchtes Video, das das norwegische Team bei Präparieren der manipulierten Anzüge zeigt: “Da hat man sehr viele Fragezeichen im Kopf, weil das eine Dimension hat, die man sich nicht wirklich vorstellen konnte.“
Dass nach der ersten Suspendierungs-Welle am Mittwoch nur einen Tag später drei weitere Norweger suspendiert worden sind, mache die ursprünglichen Aussagen der Verantwortlichen außerdem unglaubwürdig.
„Es macht fassungslos, weil es genau den Aussagen vom norwegischen Team - dass es nur um die Anzüge von der Großschanze ging und dass es eine einmalige Sache war - widerspricht. Das war also Quatsch“, erklärte der ehemalige Skispringer und setzte den Norwegern die Pistole auf die Brust. „Wenn sowas passiert, muss man alle Karten auf den Tisch legen. Denn so wird der Schaden immer größer werden.“
Scharfe Kritik auch am Weltverband FIS
Aber auch die FIS gehört für Freund zu den Schuldigen: „Ich habe Probleme mit den Aussagen, die von der FIS kamen“, offenbarte der 36-Jährige.
Der Verband hatte erklärt, die Manipulationen seien von außen nicht erkennbar gewesen. Man hätte den Anzug aufschneiden müssen. Doch Freund widersprach: „Aus meiner Erfahrung ist es ehrlicherweise schon erkennbar. Wenn ich mir einen Anzug nehme, der nicht manipuliert ist, und an der Naht ziehe, dann bewegt sie sich. Dann sehe ich, da ist keine Versteifung drinnen. Da sieht die FIS wahnsinnig unglücklich aus.“
Die Norweger hatten die Anzüge zunächst auseinandergenommen und mit einem verstärkten Faden versehen, der vom Knie bis zum Schritt eingenäht wurde. Somit wurden wohl die Flugeigenschaften illegal verbessert.
Die FIS hätte anders mit der ganzen Thematik ganz anders umgehen müssen, findet Freund: „Man hätte hingehen können und sagen können: Wir können nichts beweisen, aber es gibt ein Verdachtsmoment. Aber wenn du hingehst und sagst: ‚Wir haben sie geprüft und sie waren legal’, dann siehst du nicht gut aus“, konstatierte der Team-Olympiasieger von 2014.
So muss das Kontrollprozedere geändert werden
Damit sich so ein Fall nicht wiederholt, muss der Weltverband aus Sicht von Freund nun viel Geld und „Manpower“ zur Verbesserung des Kontrollsystems investieren. Auch der 3D-Scanner solle verbessert werden, damit er auch Anzüge vermessen kann, befand Freund: „Dann haben die Kontrolleure wieder Kapazitäten, um auf solche Sachen wie Manipulationen zu schauen.“
Für Freund kann nur ein hartes und durchsetzungsfähiges System kommende Skandale verhindern: „Die Gefahr, erwischt zu werden, muss so hoch sein, dass man nicht mehr auf die Idee kommt.“ Zudem forderte der 36-Jährige Sanktionen für unterschiedliche Vergehen, „die richtig wehtun. Dann wird sowas nicht mehr passieren“.
Die FIS sei „absolut in der Verantwortung und muss tätig werden. Sonst werden wir die Glaubwürdigkeit verlieren“, schloss Freund seine Brandrede ab.