Er war über einen langen Zeitraum einer der einflussreichsten US-Wrestler abseits des WWE-Kosmos – nun hat er nach 32 Jahren seine Ringkarriere für beendet erklärt.
Legende erklärt Karriere für beendet

Bei der aktuellen Ausgabe der TV-Show AEW Dynamite in der Nacht zum Donnerstag hat Ligaveteran Christopher Daniels vor laufender Kamera seinen Rücktritt verkündet. Der 54-Jährige begründete seinen Schritt mit Verletzungsfolgen seines „Texas Death Matches“ gegen den ehemaligen AEW World Champion Hangman Page am Samstag bei der Show Collision. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu AEW)

Seine Ärzte hätten ihm speziell auch wegen seiner Vorgeschichte schwerer Nackenblessuren zum Rücktritt geraten, erklärte Daniels - und ließ Page mit sichtbaren Gewissensbissen im Ring zurück.
Daniels bekräftigte seinen Rücktritt später via Social Media. Die Art und Weise, wie AEW die Erklärung Daniels‘ als Teil einer Story verkaufte, ließ dennoch Restzweifel zurück, ob der „Fallen Angel“ trotz seines fortgeschrittenen Alters womöglich doch zumindest noch ein Abschiedsmatch plant.
Bei WWE durchgefallen, auf kleinerer Bühne wegweisend
Christopher Daniels Covell, wie Daniels eigentlich heißt, stand seit 1993 im Ring und war über Jahrzehnte hinweg ein gefragter Star der Independent-Szene, der in seiner wechselhaften Karriere aber auch auf größerer Bühne Spuren hinterließ.
Ende der Neunziger war Daniels sowohl bei WWE (damals noch: WWF) als auch beim damaligen Rivalen WCW unter Vertrag, wurde aber jeweils entlassen, ohne je eine größere Rolle in den Shows gespielt zu haben.
Zum Karriere-Sprungbrett für Daniels wurde stattdessen 2002 die Gründung der Liga Ring of Honor (ROH) in ihrer ursprünglichen Form - der stilbildenden Promotion, die Fans damals mit ihrem Fokus auf hochwertige Ringaction begeisterte und damit auch für WWE und später AEW ein wichtiger Inspirationsquell war.
Daniels bestritt den Hauptkampf der ersten ROH-Show gegen Low Ki und Bryan Danielson - der später zu den vielen ROH-Entdeckungen gehörte, die dann auch bei WWE und / oder AEW tragende Rollen spielten (wie zum Beispiel auch CM Punk, Seth Rollins, Kevin Owens, Sami Zayn und viele andere).
Legendäre Fehde mit AJ Styles und Samoa Joe
Mit seinem dunklen Image als „Fallen Angel“ war der eher schmächtige, aber ringerisch und rhetorisch gewandte Daniels einer der Pfeiler der sich wandelnden Szene - bei ROH und später auch der damals zweitgrößten US-Liga TNA.

In Erinnerung ist dort vor allem Daniels‘ legendäre Dreierfehde mit AJ Styles und Samoa Joe, das auch für ein etwas größeres Publikum das Erwartungsniveau an athletische Ringdarbietungen erhöhte.
Der Dreikampf Daniels - Styles - Joe bei der Show Unbreakable 2005 wurde von Kritikerpapst Dave Meltzer mit einem seiner berühmten Fünf-Sterne-Ratings bedacht. Es war damals das erste Mal seit acht Jahren, das Meltzer ein Pay-Per-View-Match auf US-Boden so hoch bewertete – zuletzt hatten das zuvor der WresteMania-Klassiker zwischen Bret Hart und Steve Austin 1997 sowie das erste Hell in a Cell Match zwischen dem Undertaker und Shawn Michaels im gleichen Jahr geschafft.
Während Styles und Joe später auch bei WWE Main-Event-Stars wurden, blieb Daniels ein Veteran der zweiten Reihe. In den 2010er-Jahren war Daniels vor allem als Tag-Team-Wrestler an der Seite seines langjährigen Partners Frankie Kazarian aktiv. Erwähnenswert sind auch Daniels‘ zahlreiche Auftritte in Japan, meist mit seinem komödiantischen Alter Ego als maskierter „Curry Man“ - und seine berühmteste Aktion, der Best Moonsault Ever, bei WWE inzwischen als „Prettiest Moonsault Ever“ übernommen von Damenchampion Tiffany Stratton.
Karriere-Herbst und Neuanfang bei AEW
Die Gruppierung SoCal Uncensored mit Daniels, Kazarian und Scorpio Sky war 2019 eine der ersten Verpflichtungen der damals neu gegründeten Liga AEW, so dass Daniels dort auch nochmal spät auf eine größere TV-Bühne zurückkehrte.
Im Ring spielte Daniels bei AEW immer eher eine Nebenrolle, hinter den Kulissen begann er aber als für Chef-Personalscout der Liga (Head of Talent Relations) eine Karriere hinter den Kulissen. Zuletzt mimte Daniels – der gut mit dem AEW-Mitgründern Nick und Matt Jackson (The Young Bucks) befreundet ist – auch vor der Kamera eine Autoritätsfigur bei AEW.
Wie Szene-Guru Meltzer in seinem Wrestling Observer Radio berichtet, ist nicht 100 Prozent sicher, dass Daniels‘ Karriere-Ende tatsächlich endgültig ist. Sicher sei seinen Quellen zufolge nur, dass Daniels „für den Moment“ nicht mehr in den Ring steigen werde und sein Status noch Teil eines „Angles“, also ein Story-Element sein soll.
Lashley und Shelton Benjamin neue Tag-Team-Champions
Eine tragende Rolle beim aktuellen Dynamite spielte derweil ein anderer Veteran, der bei AEW zuletzt einen zweiten Frühling erlebt hat: Der langjährige WWE-Star Shelton Benjamin – dem seine bald 50 Jahre wenig anzumerken sind - gewann bei Dynamite zusammen mit dem früheren WWE-Champion Bobby Lashley die Tag-Team-Titel der Liga.

Das von dem mit Lashley und Benjamin zu AEW gewechselten MVP gemanagete Hurt Syndicate (ehemals: The Hurt Business) besiegte die bisherigen Titelträger Private Party. Es ist nach über 20 Jahren im Ring das erste Mal überhaupt, dass Lashley einen Tag-Team-Titel hält.