„I think I‘m cute. I know I‘m sexy. I‘ve got the looks, That drive the girls wild ...“: Jeder WWE-Fan kennt das legendäre Theme des „Heartbreak Kid“ Shawn Michaels - und es gibt nur wenige, die nicht in nostalgischer Bewunderung auf seine Karriere zurückblicken.
WWE: Waren diese legendären Tränen nur Schmierentheater?
Waren diese Tränen Schmierentheater?
The Showstopper, The Main Event, The Icon, Mister WrestleMania. Der Ausnahme-Wrestler mit den vielen Ehrentiteln ist aus Sicht zahlreicher Anhänger der bis heute beste WWE-Wrestler aller Zeiten. Aber die Hall-of-Fame-Karriere des Texaners war lange Zeit auch von Skandalen durchzogen.
Michael Shawn Hickenbottom - wie „HBK” eigentlich heißt - war einst ein „Enfant terrible“, das hinter den Kulissen höchst umstritten, teils absolut verhasst war.
Als Michaels in den Neunzigern an die Spitze der damaligen WWF emporstieg, war er als Feierbiest verschrien. Er hatte - wie er später selbst einräumte - massive Drogenprobleme und galt auch als Intrigant, der hinter den Kulissen einen mächtigen Backstage-Freundeskreis aufbaute und allzu sehr auf den eigenen Vorteil bedacht war.
Berühmt-berüchtigt ist in dieser Hinsicht unter anderem ein Auftritt, der heute vor 28 Jahren die Showkampf-Welt bewegte.
Als Shawn Michaels sein Lächeln verlor
Es war der 13. Februar 1997, Michaels war amtierender Champion der Liga, nachdem er beim Royal Rumble den im vergangenen Jahr verstorbenen Sycho Sid entthront hatte.
Zu der TV-Show RAW in der Stadt Lowell in Massachussetts erschien Michaels jedoch in Zivilkleidung und mit Grabesmiene: Er habe eine Knieverletzung erlitten, wegen der er seinen Titel abtreten müsse.
Michaels übergab den Gürtel im Beisein von Ligaboss Vince McMahon an Ringlegende Gorilla Monsoon, der damals den Präsidenten der Liga mimte, und sprach unter Tränen von Rücktrittsgedanken: Er habe sein Lächeln verloren („I’ve lost my smile”) und müsse es irgendwie wiederfinden.
Drei Tage später gewann Michaels' Erzrivale Bret Hart den Titel in einem Vierkampf gegen den Undertaker, Stone Cold Steve Austin und Vader - und verlor ihn einen Tag darauf an Sid, der den Gürtel bei WrestleMania 13 wiederum an den Taker abtrat.
Verletzung vorgetäuscht? Das Getuschel war groß
Die Umstände von Michaels' Rückzug aus dem WWE-Geschehen sorgten in der Szene für Getuschel: Es gab Vorwürfe, Michaels‘ scheinbar authentisch emotionaler Auftritt sei reines Schmierentheater gewesen: Er hätte sich damals schlicht aus persönlicher Eitelkeit vor einer geplanten Niederlage gegen Hart - auch im realen Leben damals sein Intimfeind - beim Jahreshöhepunkt WrestleMania gedrückt.
Der Verdacht wurde geschürt dadurch, dass Michaels in den Jahren zuvor mehrfach mit Täuschungen und Backstage-Machenschaften aufgefallen sein soll - sein Freundeskreis „The Kliq“ („Razor Ramon“ Scott Hall, „Diesel“ Kevin Nash, „1-2-3-Kid“ Sean Waltman und der heutige WWE-Vorstand „Triple H“ Paul Levesque) ist Legende.
Stutzig machte viele Kollegen und Beobachter auch die enorm schmalzige Art und Weise Inszenierung - fast identisch mit ähnlichen Auftritten Michaels' zwei Jahre zuvor, als er seinen Intercontinental Title niederlegte und ebenfalls von einem drohenden Karriere-Ende sprach. Hintergrund waren damals reale Verletzungen, die Michaels sich zuzog, als er in eine Barschlägerei geraten war.
Was den Argwohn vergrößerte: Michaels ließ sich wegen der angeblich schweren Knieverletzung nie operieren. Er kam Ende Mai zurück, eine intensive konservative Therapie hätte überraschend doch gereicht.
Realer Zoff mit Intimfeind Bret Hart eskalierte
Was immer wirklich war: „I’ve lost my smile” wurde in der Wrestling-Welt zu einem geflügelten Wort für eine anrüchige Täuschung - und die Irrungen und Wirrungen um HBK spitzten sich nach dem Comeback weiter zu.
Die reale Feindschaft mit Bret Hart eskalierte nicht nur vor der Kamera: Es gab eine reale Schlägerei, nachdem Michaels in einem TV-Segment ohne Absprache andeutet hatte, dass der verheiratete Hart eine Affäre mit der inzwischen tief gefallenen Kollegin Sunny gehabt hätte.
Ende des Jahres folgte dann der der berühmte „Montreal Screwjob“: WWE-Chef McMahon ließ Michaels entgegen der Absprache ein Titelmatch gegen Hart gewinnen, der damals bei der Konkurrenzliga WCW unterschrieben und sich weigern hatte wollen, zum Abschluss ausgerechnet Michaels zu unterliegen. Michaels gab erst Jahre später zu, dass er in den Betrug eingeweiht war. McMahon hatte ihn vor der Wut Harts und anderer Kollegen schützen wollen.
Auch Michaels' WWF-Karriere erreichte kurz nach dem Eklat ihr vorläufiges Ende: Nach der WrestleMania-Niederlage gegen den aufstrebenden Stone Cold Steve Austin 1998 (und einem Fausthieb von Gaststar Mike Tyson) trat Michaels wirklich zurück, von heftigen Rückenproblemen geplagt.
Comeback polierte den Ruf auf
Vier Jahre danach feierte Michaels ein damals unerwartetes Comeback, das sich als Glücksfall für Michaels' Vermächtnis erwies.
In seiner zweiten Karriere-Hälfte lieferte Michaels unzählige weitere Klassiker - und polierte auch seinen persönlichen Ruf auf: Michaels' Comeback blieb skandalfrei, in seiner Ringpause hatte er sein Leben neu geordnet, schwörte den Drogen ab, wurde zum gläubigen Christen und führt seitdem ein gesetztes Leben an der Seite von Ehefrau Rebecca (das ehemalige „Nitro Girl Whisper“ bei WCW). Auch eine von WWE groß in Szene gesetzte Versöhnung mit Bret Hart gab es 2010.
Heute ist Michaels hinter den Kulissen von WWE aktiv und verantwortet den Talententwicklungskader NXT - zur höchsten Zufriedenheit der WWE-Führung. Die Skandal-Vergangenheit des heute 59-Jährigen ist längst abgehakt.