Erst Geschichte geschrieben, dann die Party-Nacht eingeläutet.
Das sind Deutschlands neue Helden
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Die große Sause der deutschen 7er-Rugby-Nationalmannschaft endete erst am frühen Montagmorgen. Auch viele Stunden nach dem Abpfiff ist die erste Qualifikation für eine Weltmeisterschaft in der Mannschaft kaum zu begreifen, die Freude grenzenlos. (NEWS: WM! Deutsches Rugby-Team historisch)
„Es ist eine riesige Erleichterung, es endlich geschafft zu haben“, sagte Bundestrainer Clemens von Grumbkow im SID-Interview. Zehn Jahre nach dem ersten Anlauf sicherte sich die deutsche Männer-Auswahl am Sonntag beim Qualifikationsturnier in Bukarest das historische Ticket für die WM in Südafrika (9. bis 11. September). „Richtig realisiert haben wir es noch nicht“, fügte von Grumbkow hinzu.
Viele Helden mussten schon wieder zur Arbeit
Wie auch? Bei so einem Mega-Ereignis war noch kein Spieler als Aktiver dabei. Viele von ihnen mussten schon am Dienstag bereits wieder auf der Arbeit erscheinen. „Die meisten sind Studenten, die werden sich wieder in die Uni setzen - oder auch nicht“, scherzte von Grumbkow, der am Flughafen „ein paar müde Gesichter gesehen“ hatte. Das sei aber „in Ordnung so, das haben sie sich verdient“.
Ein besonderer Moment ist es vor allem für Bastian van der Bosch, Anjo Buckman, Fabian Heimpel und Sam Rainger. Das Quartett nahm vor fast genau zehn Jahren zum ersten Mal Anlauf für die WM-Teilnahme.
Von amateurhaften Strukturen hin zum Spitzensport
Damals scheiterte man jedoch in der Qualifikation für die Titelkämpfe in Moskau. Zwei Niederlagen gegen Georgien (10:21) und Frankreich (0:31) bedeuteten das Ende des Traums. Immerhin gelang ein 14:10-Erfolg gegen Belgien.
Betrachtet man die Rahmenbedingungen im deutschen Rugby zu dieser Zeit, war das schon ein Achtungserfolg. Die Spieler trafen sich zu dieser Zeit noch in Eigenregie - ohne Trainer und Aussicht auf anstehende Turniere - in Heidelberg. Viermal wöchentlich trafen sich die Interessierten morgens für ihre Einheiten.
Entsprechend ernüchternd waren teilweise die Ergebnisse. 2009 wurde das Team bei einem Mini-Turnier im englischen Rugby-Mekka Twickenham von den Südafrikanern in alle Einzelteile zerlegt. 0:70 hieß es, und das nach nur zweimal sieben Minuten Spielzeit.
Bei der schnellen Variante des Rugby ist die Partie nach nicht einmal 15 Minuten Nettospielzeit beendet. Beim klassischen 15er Rugby werden zweimal 40 Minuten.
Bei der deftigen Klatsche in Twickenham spielte bei Südafrika auch Philip Snyman mit. Heute unterstützt er von Grumbkow als deutscher Nationaltrainer.
Auch er weiß, welche Entwicklung das deutsche 7er Rugby genommen hat. „Die bauen da richtig etwas auf“, wurde er in der Frankfurter Allgemeinen zitiert.
Seit einigen Jahren hat sich dank der deutschen Sporthilfe viel getan. Professionelle Strukturen wurden aufgebaut, und die Nationalspieler haben eine gewisse Sicherheit bei der Ausübung ihres Sports - neben Job oder Studium.
Nächster Stopp des Wolfsrudels: Südafrika
Investitionen, die sich nun in der historischen Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Südafrika ausgezahlt haben. In Kapstadt werden bei der Endrunde Mitte September in der malerischen WM-Arena 60.000 Fans erwartet.
Heimpel, einer aus dem deutschen Quartett, dessen Einsatz nach zehn Jahren nun endlich belohnt wurde, fasste diesen Triumph in drei einfachen Worten zusammen: „No words needed...“ (Deutsch: Ohne Worte...) schrieb er auf Instagram neben das Jubelbild seines Teams. (NEWS: Alles zum Rugby)
Nun will man sich in Südafrika auch im Kreis der Großen behaupten. In einem Punkt ist das deutsche Team bereits auf Augenhöhe mit den Topteams aus Südafrika, Australien oder Neuseeland. Sie haben einen Spitznamen.
Ein prominenter TV-Kommentator hatte die Deutschen beim Siebener-Klassiker in Hongkong 2018 als „Wolfpack“ bezeichnet, weil sie sich wie ein Rudel hungriger Wölfe in der Defensive auf jeden Angreifer stürzte.
Es war der erste kleine Ritterschlag für das junge deutsche Rugby.
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Nun will das Wolfsrudel also in Südafrika für Furore sorgen. Nach fast zehn Jahren Wartezeit ist das Team mehr als bereit dafür.
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mit Sport Informationsdienst SID