In Hamburg suchte man im vergangenen Jahr in den Topsportarten vergeblich einen Erstligisten.
Die neue Sportmacht in Hamburg
Der HSV, einstiger Bundesliga-Dino, kämpft nach gescheitertem Wiederaufstieg weiterhin um die Rückkehr ins Fußball-Oberhaus. Den FC St. Pauli findet man im neunten Jahr in Folge in der Zweitklassigkeit.
Eishockey-Klub Hamburg Freezers ist schon seit 2016 Geschichte, der HSV Handball nach seiner Insolvenz immerhin wieder in der zweiten Liga angekommen.
Doch nun wächst in der Stadt ein neuer Leuchtturm heran: die Hamburg Towers.
Willoughby führt Towers zum Erfolg
Der BBL-Aufsteiger nimmt die Rolle, Hamburgs Fahnen in der Erstklassigkeit zu vertreten, gerne an - ohne aber damit zu prahlen oder sich gar darauf auszuruhen.
"Natürlich finden wir uns gut, aber wir stehen jetzt nicht auf dem Dach und schreien 'Wir sind die Geilsten'", erklärte Marvin Willoughby im Gespräch mit SPORT1: "Wir haben mit dem HSV und St. Pauli diese Topmarken in der Stadt, die selbst in der vierten Liga alles überstrahlen würden."
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Aber "wir kämpfen darum, unsere Sportart und ihr Potenzial in dieser Stadt voranzubringen."
Der frühere Profi, der einst an der Seite von Dirk Nowitzki im Nationalteam und bei Würzburg auflief, war für die Gründung des Klubs 2013 mitverantwortlich und leitet inzwischen als sportlicher Leiter und Geschäftsführer die Geschicke des Klubs.
Kracher-Start gegen den FC Bayern
Fünf Jahre nach dem ersten Pflichtspiel überhaupt starten die ambitionierten Towers am Montag ins Bundesliga-Abenteuer. Der erste Gegner: niemand Geringeres als der FC Bayern (FC Bayern Basketball - Hamburg Towers ab 20.30 Uhr im LIVETICKER).
"Für uns ist es ein perfekter Anfang", sagte Trainer Mike Taylor, der von großer Vorfreude und Aufregung berichtet, bei SPORT1. Auch Jannik Freese findet, "dass es kein besseres erstes Spiel geben kann".
Der Center, mit 281 BBL-Spielen einer der Routiniers im Kader, will von Schadensbegrenzung nichts wissen. "Wir sind alle Sportler und wollen gewinnen und so fahren wir auch nach München", meinte Freese bei SPORT1.
Willoughby hofft, dass man die Bayern "am Anfang der Saison vielleicht mal ärgern kann. Wir gehen mit der Einstellung in das Spiel, so viel wie möglich mitzunehmen."
Towers ambitioniert
Dass die Saison Rückschläge bereithalten wird, ist allen Beteiligten bewusst. Doch der Neuling geht durchaus ambitioniert in die Spielzeit und spricht bewusst nicht vom Klassenerhalt.
"Wir stellen lieber etwas Positives in den Vordergrund und wollen Spiele gewinnen", erklärte Willoughby die Devise. Freese will "nach oben schauen. Wie weit das möglich ist, werden wir sehen."
Für Taylor wären "die Playoffs ein Traum", vordergründig geht es dem Trainer, der von 2003 bis 2011 bei ratiopharm Ulm an der Seitenlinie stand und bei der WM 2019 überraschend Polen ins Viertelfinale führte, aber darum, "das meiste aus den Spielern und der Mannschaft herauszuholen."
Auf den US-Amerikaner angesprochen, gerät Willoughby ins Schwärmen. "Er ist einer der besten Trainer Europas", sagte der ehemalige Bundesligaspieler.
Coup mit Schaffartzik
Es sei leicht, mit dem 47-Jährigen zu arbeiten, "denn er ist keine Diva. Er möchte einfach Basketball trainieren und wenn er merkt, dass die Menschen um ihn herum Gas geben, dann fällt es ihm leicht, diese positive Art zu haben."
Der US-Amerikaner hat seit Mitte September einen neuen Anführer auf dem Feld: Heiko Schaffartzik. Der 115-malige Nationalspieler, der bis 2018 in Frankreich bei Nanterre 92 spielte und sich zuletzt beim FC Bayern fit hielt, wollte eigentlich in diesem Jahr erneut im Ausland unterschreiben.
"Aber nach der gefühlt 15-millionsten Nachfrage hat sein Agent anders reagiert als sonst", berichtete Willoughby lachend, wie der Coup zustande kam.
Die Towers waren "vielleicht die einzige" Mannschaft, bei der sich der 35-Jährige vorstellen konnte, in der Bundesliga zu spielen: "Es passt perfekt zusammen". Wie Hamburg und die BBL?
Berlin-Boss schwärmt von Hamburgs Potenzial
"Das Potenzial ist fantastisch. Nicht nur, weil aktuell kein anderer namhafter Erstligist in der Stadt angesiedelt ist, sondern weil Hamburg eine große Sportstadt ist, die gleichzeitig über eine enorme wirtschaftliche Kraft verfügt", meinte Marco Baldi, Geschäftsführer von ALBA Berlin, im Gespräch mit SPORT1.
Willoughby zeigt die großen (Entwicklungs-)Möglichkeiten auf.
"Wir haben ein großes Selbstverständnis. Hamburg ist ein großer Markt, der im Basketball noch nicht groß beackert wurde in den letzten 100 Jahren. Hier ist ein riesen Potenzial, wo wir alle aber noch nicht wissen, wo es hingehen kann."
Trainer Taylor hebt auch die "fantastische Fankultur" hervor und sagt: "Das ist eine gesunde Basketball-Stadt. Ich glaube an die Möglichkeiten und Zukunft in Hamburg."
Werden die Towers zum Spitzenklub?
Der Klub will sich infrastrukturell besser aufstellen und die Jugendarbeit verbessern. Perspektivisch will man ein regelmäßiger Playoff-Teilnehmer werden.
In den nächsten drei bis fünf Jahren soll auch eine neue Halle entstehen, mit einem Fassungsvermögen von 6000 bis 8000 Zuschauern. Die Finanzierung für das Projekt steht bereits, nur hinter dem Standort stehen noch Fragezeichen.
Nachdem der Klub behutsam über Jahre aufgebaut wurde, können sie "die Größe und Kraft ihrer Stadt anzapfen und nutzen, um einen großen Schritt zu gehen", erklärt ALBA-Boss Baldi: "Für mich hat Hamburg beste Voraussetzungen, um sich mittelfristig zu einem echten Spitzenklub in der BBL zu entwickeln."
Das ist auch Willoughby klar: "Jetzt müssen wir auch liefern. Wir wollen nicht nur eine süße Geschichte sein."