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FC Barnsley: Daniel Stendel über sein England-Jahr, Klopp, FC Bayern, Hannover 96

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FC Barnsley: Daniel Stendel über sein England-Jahr, Klopp, FC Bayern, Hannover 96

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Stendel über Aufstieg mit Barnsley

Sein Aus 2017 bei Hannover 96 tat ihm weh, beim FC Barnsley blüht Daniel Stendel wieder auf, es gelang der Aufstieg in die Championship. Ein sehr persönliches Interview.
In der dritten englischen Liga ist der ehemalige Trainer von Hannover 96, Daniel Stendel, Opfer einer Prügelattacke geworden.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Daniel Stendel kann wieder lachen. Nach seinem Aus bei Hannover 96 im März 2017 (auf Platz vier liegend) verstand er die Welt nicht mehr. Stendel hing in der Luft.

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Ein Jahr später kam ein Angebot des englischen Drittligisten FC Barnsley. Der Fußballlehrer ergriff die Chance und startete in ein neues Abenteuer. Mit Erfolg. Gleich in seinem ersten Jahr schaffte Stendel den Aufstieg in die Championship.  

Im Interview spricht der 45-Jährige bei SPORT1 über sein erstes Jahr in England, 96, Selbstzweifel, Jürgen Klopp - und eine Prügel-Attacke von Fußball-Rüpel Joey Barton.

SPORT1: Herr Stendel, wie war das erste Jahr in Barnsley?

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Daniel Stendel: Sehr erfolgreich. Ich bin total positiv aufgenommen worden und habe mit den Leuten im Klub und im Umfeld absolut positive Erfahrungen gemacht. Aber am Ende hilft all die gute Arbeit nichts, wenn man nicht erfolgreich ist und das waren wir. Dementsprechend fällt das Fazit positiv aus.

SPORT1: Was war für Sie besonders schwer?

Stendel: Tatsächlich die Sprache. Mein Englisch war nicht von vorneherein so gut. Da haben mir anfangs auch meine Co-Trainer geholfen. Was den Fußball angeht, war eigentlich alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Es geht natürlich noch besser, aber das war eigentlich der größte Schritt. Ansonsten muss man einfach sagen, dass es für mich schon eine große Herausforderung war, in ein anderes Land, eine andere Liga und eine andere Kultur zu kommen. Das zu bewältigen war gut für mich.

SPORT1: Wie leben Sie in Barnsley?

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Stendel: Ich bin alleine da, habe ein Appartement in der Stadt, nur fünf Minuten vom Trainingsgelände entfernt. Grundsätzlich bin ich sowieso die meiste Zeit im Stadion. Deswegen war es für mich jetzt auch nicht zwingend notwendig, in eine größere Stadt zu ziehen. Für mich zählen kurze Wege und die Konzentration auf den Fußball. Man muss sich voll auf die Aufgabe konzentrieren. Das war mir auch erst mal wichtig. Wenn die Zeit es zulässt, fliege ich ab und zu nach Deutschland und besuche meine Familie. Das hat sich ganz gut eingespielt.

Hannovers Aufstieg? "Habe einen großen Anteil"

SPORT1: Der Aufstieg ist Ihr größter Erfolg als Trainer. Haben Sie es schon realisiert?

Stendel: Von außen betrachtet ist es vielleicht der größte Erfolg. Aber ich habe in den zurückliegenden Jahren in Hannover immer erfolgreich gearbeitet. Als Beispiel nenne ich nur den Pokalsieg mit der U19 von 96. Dass ich die Aufstiegssaison 2016/2017 nicht zu Ende bringen konnte, ist nun mal so im Profi-Fußball. Da gibt es Leute, die am Ende über das Schicksal des Trainers entscheiden, das geht nicht nur mir so. Trotzdem denke ich, dass ich auch einen großen Anteil daran habe, dass die Roten 2017 in die Bundesliga zurückgekehrt sind, auch wenn ich am Ende nicht der Aufstiegs-Trainer war.

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SPORT1: Und wie haben Sie sich als Trainer weiterentwickelt?

Stendel: Das erste Mal in meiner langen beruflichen Tätigkeit als Spieler und als Trainer, der ein Jahr mal Pause hatte in dem Sinne, dass ich nicht täglich auf dem Platz stand, habe ich das eine oder andere mitgenommen bei Hospitationen. Sei es in Deutschland bzw. bei Spielen zum Beispiel beim FC Arsenal. Ich war auch in Bröndby bei Alex Zorniger (inzwischen beurlaubt,früher RB Leipzig, d. Red.), was mir sehr gut gefallen hat. Da habe ich schon das eine oder andere mitgenommen, was ich umsetzen will. Auch hinsichtlich Menschenführung oder überhaupt Teamführung. Der war ja eigentlich der Ausschlag dafür, dass ich den Job in Barnsley auch angenommen habe.

SPORT1: Von Ihnen stammt der Satz "Ich will meinen Kindern mitgeben, dass nicht der nächste Tag darüber entscheidet, wie die nächsten zwanzig Jahre laufen." Wie haben Sie das gemeint?

Stendel: Am Ende geht es natürlich darum, dass man Werte vermittelt. Insbesondere an seine eigenen Kinder, aber auch an die Spieler, mit denen man arbeitet. Dass man für Werte steht, für Ehrlichkeit und Respekt. Und dass das über diesen einen Tag hinausgeht, aber dass es auch eine Erwartung an alle Menschen ist, mit denen man zusammenarbeitet. Dass man zugestehen muss, aber auch erwarten darf. Manchmal stellt man sich die Frage, ob das wirklich alle Menschen so handhaben. Mittlerweile geht es oft auch um die große, die reißerische Story. Solide hat sofort einen negativen Touch. Wenn ich gerade verfolge, was für einen guten Job Friedhelm Funkel in Düsseldorf gemacht hat, der nicht jede Woche neue Taktik-Professuren in die Öffentlichkeit rausschreit, aber trotzdem mit harter, guter und konstanter Arbeit seine Mannschaft sehr souverän in der Bundesliga gehalten hat, obwohl er sicherlich nicht die beste Mannschaft hatte. Das sind alles Punkte, bei denen ich mir einen guten Umgang mit anderen Menschen wünsche und das will ich natürlich auch an meine Kinder weitergeben - und an meine Spieler.

SPORT1: Wie sehr hängt es Ihnen noch nach, dass Sie bei 96 auf Platz vier entlassen wurden?

Stendel: Ich habe es aufgearbeitet. Natürlich ist man nicht erfreut darüber, weil ich fast zwanzig Jahre als Spieler, Nachwuchstrainer und Cheftrainer in dem Verein war. Weil es ein Stück weit Heimat ist. Meine Kinder sind in Hannover geboren, meine Familie lebt dort, meine Freunde auch. Man kann nicht einfach die Sachen packen und nach Hause fahren und dann ist das Thema abgeharkt. Sondern man lebt damit in der Stadt. Das ist nicht so einfach. Das war nicht die schönste Erfahrung, die ich gemacht habe. Ansonsten muss man sagen, dass es sicherlich ein Jahr war, das mir wirklich über weite Strecken sehr viel Spaß gemacht hat. Weil es sicherlich auch der nächste Schritt in meiner Trainerkarriere war und ich viel daraus gelernt habe.

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SPORT1: Was haben Sie daraus gelernt?

Stendel: Was ich für mich mitgenommen habe, ist für mich persönlich die Zuversicht und den Glauben an mich selbst nie zu verlieren, sondern immer weiter meinen Weg zu gehen. Ein wichtiger Punkt ist Vertrauen. Das Vertrauen braucht man, um am Ende erfolgreich zu sein. Man kann spekulieren, ob ich den Aufstieg mit 96 auch geschafft hätte. Ich glaube, dass die Mannschaft und der Trainer, der nach mir kam, es sehr gut gemacht haben. Mit dem nötigen Vertrauen. Damit meine ich nicht den Tag meiner Entlassung. Insbesondere hätte man deutlich mehr Ruhe bewahren können, auch schon in früheren Phasen. Dann hätten wir auch eine sehr große Chance gehabt, in der Konstellation, wie sie vorher bestand, aufzusteigen. Es geht nicht nur um Fußball. Es geht in dem Geschäft um eine Menge Geld, um viele Arbeitsplätze und um viel Zirkus drumherum. Da muss man eine solche Entscheidung hinnehmen, aber man muss für sich seine Schlüsse ziehen und das habe ich getan. Aber es war meine erste Freistellung als Trainer, die vergisst man nicht so schnell. Aber ich glaube, in dieser Form wird es mir so nicht mehr passieren können. Weil ich einfach weiter bin.

"Wünsche Slomka viel Erfolg"

SPORT1: Wie ist heute Ihr Verhältnis zu 96-Boss Martin Kind?

Stendel: Ich hatte als Spieler und als Trainer nicht wöchentlichen oder monatlichen Kontakt. Als ich Cheftrainer war, hatten wir sicherlich mehr Kontakt. Im Moment haben wir keinen Kontakt. Wenn wir uns sehen, ist es ganz normal, man grüßt sich. Zumindest von meiner Seite ist da nichts hängengeblieben. Das sehe ich sehr professionell. Er wollte das Beste für den Klub, ich habe alles gegeben. Er ist verantwortlich und muss Entscheidungen treffen und hat sie getroffen, auch wenn sie für mich sehr schmerzlich war. Die vergangene Saison hat gezeigt, dass es immer Entscheidungen geben wird, bei denen es nicht so einfach ist, diese zu treffen.

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SPORT1: Wie überrascht sind Sie, dass Mirko Slomka und Jan Schlaudraff jetzt das sportlich Sagen haben? Ein echter Neuanfang?

Stendel: Einerseits könnte man schon von einem Neuanfang sprechen. Jan Schlaudraff hat erst vor 13 Monaten wieder im Klub angefangen, Mirko war auch bei anderen Vereinen tätig und hatte jetzt auch eine kleinere Pause. Am Ende ist es für alle eine große Chance, weil man alles auf null stellt. Man ist bereit, neue Wege zu gehen. Trotzdem war es überraschend. Es ist aber eine typische 96-Lösung, wie es im Moment so schön gesagt wird. Hoffen wir mal, dass der Verein in dieser Konstellation Erfolg hat.

SPORT1: Kann das klappen mit Slomka?

Stendel: Natürlich. Er hat eine Menge Erfahrung, hat sicherlich eine erfolgreiche Zeit in Hannover als Trainer verbracht und ich glaube, dass viele Fans seine Arbeit bei 96 in positiver Erinnerung haben. Jan war auch ein wichtiger Bestandteil dieser erfolgreichen Arbeit. Also warum sollte es nicht klappen? Am Ende werden es die Ergebnisse zeigen. Beide sollten aber eine faire Chance bekommen, es positiv anzugehen. Ich wünsche ihnen jedenfalls viel Erfolg.

SPORT1: An einem Namen kommt man gerade nicht vorbei: Jürgen Klopp. Er hat endlich sein großes Finale mit Liverpool gewonnen. Was sagen Sie zu seinem Erfolg?

Stendel: Aufgrund der Nähe zu Liverpool hatte ich die Gelegenheit, das eine oder andere Spiel live zu sehen. Am Ende war es schon ein begeisterungsfähiger Fußball, den Liverpool spielt. Klopp und die Reds haben diesen Titel verdient. Bei dem, was er in den vergangenen Jahren mit der Mannschaft erreicht hat, war grandios. Am Ende will man auch gerne etwas Silbernes in der Hand halten. Das hat Klopp jetzt geschafft. Dazu herzlichen Glückwunsch. Ich verfolge das natürlich schon sehr intensiv, weil die Art und Weise, Fußball zu spielen, schon der Art, wie ich gerne spielen lasse, sehr nahekommt. Ich muss aber sagen, dass Liverpool in der alten Saison noch besser gespielt hat. Aber dafür haben sie damals den Titel nicht gewonnen. So ein Spiel wie das Rückspiel in Barcelona ist nur mit Trainern wie Jürgen Klopp möglich. Das ist es, was den Fußball ausmacht und was uns begeistert an dem Spiel.

"Bayern nicht so emotional wie Liverpool"

SPORT1: Glauben Sie, dass Jürgen Klopp irgendwann bei Bayern landet? Franz Beckenbauer wünscht es sich.

Stendel: Dafür kenne ich zu wenig die Arbeit im Hintergrund und wie die Strukturen in München sind. Der FC Bayern ist nicht so emotional wie Liverpool. Ich meine deshalb, dass Klopp nicht unbedingt zu den Bayern passen würde. Aber für Deutschland wäre es schon toll, wenn er wieder in der Bundesliga arbeiten würde. Klopp ist einfach ein besonderer Trainer, der die Leute fesseln und begeistern kann. Klopp würde der Bundesliga sehr guttun.

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SPORT1:Zuletzt gab es einen heftigen Disput mit Fleetwood-Town-Teammanager Joey Barton. Wie ist der Stand?

Stendel: Es ist nach meinen Erkenntnissen immer noch ein laufendes Verfahren, in dem es noch keine Entscheidung gibt. Deswegen kann ich dazu auch nichts sagen. Die Sache liegt noch bei der englischen Polizei. Alles andere kann ich erst sagen, wenn es eine Entscheidung gibt. Die gibt es meines Wissens im Moment noch nicht. In England dauert alles etwas länger. Es gibt bisher weder ein positives noch ein negatives Feedback. Daher muss ich mich zurückhalten.

SPORT1: Können Sie denn bestätigen, dass Sie von Barton geschlagen wurden?

Stendel: Ich habe Anzeige erstattet, mehr muss ich dazu nicht sagen.