"Wenn ich am Ende vorne stehe, können mich die Leute auch Arschloch nennen."
Muss Sammer in die BVB-Kabine?
Das Zitat ist zwar schon ein bisschen älter, beschreibt aber auch heute noch den Sportler in Matthias Sammer ganz gut, der noch nie Freund von unnötiger Diplomatie war.
Sein unbändiger Ehrgeiz, gepaart mit entsprechender Gestik und Rhetorik, brachten ihm zu aktiven Zeiten den Spitznamen "Motzki" ein, den er so süffisant wie treffend kommentierte.
Sammer, das Mentalitätsmonster
Bis heute gilt der Ex-Nationalspieler als die personifizierte Siegermentalität. Mentalität, da ist es also wieder, das Wort, das es bei Marco Reus auf den Index geschafft hat.
Die "Mentalitätsscheiße" gehe ihm auf die Eier, machte Reus vor einigen Tagen deutlich. Ein Zitat, das in seiner Direktheit von Sammer stammen könnte, rein inhaltlich aber womöglich nur wenig Zustimmung beim Europameister von 1996 finden würde.
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"Er kennt den Fußball sehr gut und hat seine Meinung immer lautstark vertreten", sagte der ehemalige BVB-Stürmer Stéphane Chapuisat im Gespräch mit SPORT1: "Er war ein Spieler, der immer gewinnen wollte."
Nach dem WM-Debakel 2018 mahnte Sammer im Hinblick auf den deutschen Fußball dringend an, dass man die "Mentalitätsfrage" diskutieren müsse. Wohlgemerkt "auf Weltniveau."
BVB in der Krise
Von jenem Weltniveau ist der BVB derzeit ein gutes Stück entfernt. Was in erster Linie nicht an der Qualität des Kaders liegt.
Nach der Niederlage gegen Aufsteiger Union Berlin räumte Julian Brandt ein, der Gegner habe den "größeren Willen" gezeigt. Knapp drei Wochen ist das nun her.
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"Du musst nach einem Rückschlag deine Stärke wieder zeigen", forderte Sammer damals in der Welt. Es war das letzte Mal, dass sich der 52-Jährige öffentlich über den BVB geäußert hat.
Seit der Dortmunder Meistertrainer von 2002 seinen Job als TV-Experte an den Nagel gehängt hat, ist er kaum noch präsent. Druck von "außen" bekommen die BVB-Stars derzeit - anders als vergangene Spielzeit - lediglich durch Fans und Medien.
Sammer ohne direkten Kontakt zur Mannschaft
Man kann sich vorstellen, dass Sammer, der nach wie vor als externer Berater des BVB fungiert, in den im zweiwöchigen Rhythmus stattfindenden Meetings mit Hans-Joachim Watzke, Michael Zorc und Sebastian Kehl nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg halten wird.
Doch kommt das auch bei den Spielern an? Der BVB machte schon des Öfteren deutlich, dass Sammer nicht in das sogenannte Tagesgeschäft involviert ist und daher auch nicht in der Kabine zu finden ist. Dort, wo er als Spieler am wirkungsvollsten war.
"Axel Witsel stellt auf dem Platz was dar, aber kann er das aufgrund der Sprachbarriere auch in der Kabine, so wie bei uns Matthias Sammer?", fragte Ex-BVB-Spieler Martin Kree vor einer Woche in einem Podcast der Ruhrnachrichten und gab sich damit mehr oder weniger selbst die Antwort.
Kann Sammer den BVB wachrütteln?
Man stelle sich mal vor, "Feuerkopf" Sammer (so heißt die Biografie über den Ex-Profi, Anm. d. Red.), würde während oder im Anschluss an eine Partie wahlweise eine flammende Rede halten, sich niemals auf Erfolgen auszuruhen oder gegebenenfalls nach einer schlechten Leistung den Finger gnadenlos in die Wunde legen.
Jene Dinge, die er als Sportvorstand beim FC Bayern perfektionierte. Dinge, die 2013 im Triple der Münchner mündeten.
Vermutlich wäre Trainer Lucien Favre angesichts des Eingriffs in seine Kompetenzen nur wenig begeistert. Womöglich würde ihn der eine oder andere Spieler insgeheim verfluchen.
Man kann davon ausgehen, es wäre Sammer egal. Wenn am Ende der Erfolg stimmt, darf man ihn schließlich sogar beleidigen.