Der Große Preis von China sollte für Ferrari die große Wende im WM-Kampf darstellen.
Das läuft alles schief bei Ferrari
Was folgte, war die nächste Abreibung, die wohl selbst bei den größten Scuderia-Fans die Hoffnung auf den Titel in dieser Saison bereits nach dem dritten Saisonrennen auf ein Minimum schwinden ließ.
Dabei hatte man die Tests in Barcelona vor der Saison noch klar dominiert. In Australien wurde die falsche Setup-Wahl als Ursache für das schwache Wochenende ausgemacht und in Bahrain verhinderten technische Probleme den Sieg von Charles Leclerc.
Ernüchterung für Vettel folgt schnell
In Shanghai war man bei der Scuderia optimistisch, dass die ganze Welt endlich das wahre Potenzial des Ferrari zu Gesicht bekommen würde. Sebastian Vettels Bestzeit im 1. Training und die Dominanz bei den Topspeed-Werten schienen das zunächst zu bestätigen. (SERVICE: Der Rennkalender)
Doch schnell folgte die Ernüchterung: Im Qualifying am Samstag ging es für die beiden Ferrari-Piloten nur darum, Red-Bull-Pilot Max Verstappen sowie den jeweils anderen hinter sich zu lassen. Mercedes fuhr in einer anderen Liga.
"Es sieht so aus, als sei Mercedes einfach zu stark. Wir hatten eigentlich ein gutes Qualifying, hätten vielleicht nur noch einen Hauch schneller sein können. Aber es hätte so oder so nicht gereicht, um vor Mercedes zu landen", gab sich Vettel keinen Illusionen hin.
Nach Start klar: Mercedes ist weg
Zwar wollte man die Hoffnung für das Rennen noch nicht aufgeben, doch nachdem die Silberpfeile beim Start die Nase vorn behielten, wurde schnell klar: Lewis Hamilton und Valtteri Bottas sehen die Ferrari erst wieder nach der Zieldurchfahrt im Parc fermé.
Lange Zeit sah es dann aus, als ob Vettel zumindest das Trostpflaster "Extrapunkt für die schnellste Rennrunde" erhalten würde, doch in der vorletzten Runde schnappte ihm Red-Bull-Pilot Pierre Gasly auch dieses noch weg. Es war nur ein verlorener Punkt, doch es passte zu diesem verkorksten Wochenende.
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So standen am Ende Platz 3 beziehungsweise 5 für Vettel und Leclerc zu Buche. Ihr Rückstand auf WM-Spitzenreiter Hamilton beträgt bereits jeweils über 30 Punkte. In der Teamwertung liegt Ferrari sogar 67 Punkte hinter Mercedes, die nach drei Doppelsiegen zum Start in Baku Formel-1-Geschichte schreiben können. (SERVICE: Die Fahrerwertung)
Italiens Presse hadert mit Ferrari
In Italien hakt man die Meisterschaft deshalb fast schon ab. So schreibt La Repubblica: "Albtraum-Rennen für Ferrari. Mercedes ist stärker, wesentlich stärker. Der Doppelpack Hamilton-Bottas ist in den ersten drei Rennen dieser Saison ein Debakel für Ferrari."
Bei 21 Saisonrennen bleibt Ferrari natürlich genügend Zeit, um den Fehlstart zu korrigieren - doch was macht nach diesem ernüchternden China-GP noch Hoffnung? Laut Vettel die Tatsache, dass das Auto trotz allem sehr schnell sein kann.
"Wir haben ein starkes Auto, aber wir haben es hier irgendwie nicht hinbekommen. Wir müssen verstehen, was wir brauchen, was ich brauche, um dieses Auto zu entfesseln. Wir haben viel Arbeit vor uns", sagte der Deutsche.
Das gilt auch für die Strategie-Abteilung der Scuderia, die mit fragwürdigen Entscheidungen nicht nur Ralf Schumacher bei Sky rätseln ließ, "was die bei Ferrari rechnen". Erst ließ man Leclerc auf abbauenden Reifen viel zu lange draußen, später entschied man sich zu einem fragwürdigen späten Boxenstopp.
Teamorder verärgert Leclerc
Mit der Teamorder pro Vettel hat man sich zudem ein weiteres Fass aufgemacht, denn Leclerc nimmt dies - anders als Vettels Ex-Teamkollege Kimi Räikkönen - nicht klaglos hin. Zwar ließ er Vettel zähneknirschend vorbei, doch als dieser nicht sofort wegzog, forderte Leclerc den Rücktausch: "Ich weiß nicht, was wir hier machen, aber ich bin schneller."
Teamchef Mattia Binotto zeigte nach dem Rennen Verständnis. "Wenn er wütend ist, hat er das Recht dazu. Das müssen wir akzeptieren. Ich kann nachvollziehen, wie er sich fühlt. Es war schade für ihn, aber vielleicht ist es nächstes Mal zu seinem Vorteil", sagte Binotto.
Will Ferrari die Teamorder jetzt also abwechselnd anwenden? "Es wird sehr kompliziert, sobald man mit diesen Dingen anfängt. Man schafft einen Präzedenzfall und schafft sich Probleme", unkte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Der nächste Zoff mit einem der Fahrer scheint bei dem ähnlichen Niveau, auf dem sich Vettel und Leclerc in dieser Saison befinden, vorprogrammiert.