Dieser Drama-Sieg sorgt für echte Flashbacks. Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft darf nach dem umkämpften 99:91-Erfolg gegen Slowenien weiter vom EM-Titel träumen.
Basketball-EM: Warum alles an 2023 erinnert
Warum alles an 2023 erinnert
Auch wenn das Endergebnis recht deutlich wirkt, musste das deutsche Team gegen die starken Slowenen lange um das Weiterkommen bangen. Bei einem zwischenzeitlichen Rückstand von 13 Punkten lag ein Ausscheiden in Riga definitiv in der Luft.
Dementsprechend erleichtert zeigten sich die Spieler nach dem Spiel, dass sie das Viertelfinale doch noch schadlos über die Bühne bekommen hatten.
Thiemann: „Ein toughes Spiel“
Über weite Strecken lief für die favorisierten Deutschen nicht viel zusammen und so schnupperte der Außenseiter Slowenien am Halbfinaleinzug. Das Spiel erinnerte dabei stark an das Viertelfinale bei der WM 2023, als Deutschland fast an Außenseiter Lettland gescheitert wäre.
In beiden Begegnungen gab es einige Momente, in denen das Spiel gegen Deutschland laufen hätte können, doch wie schon 2023 zog das DBB-Team die Partie irgendwie auf seine Seite.
Von SPORT1 auf die beiden Spiele angesprochen, erklärte Johannes Thiemann am Tag nach der Schlacht gegen Slowenien, dass es schon gewisse Parallelen gebe: „Schon ein bisschen, aber eher dahingehend, dass es ein knappes Spiel war, wo man auch hätte rausfliegen können.“
„Ich glaube, das war eine Situation, der man sich in diesem Turnier zum ersten Mal so richtig stellen musste. Es ist schön, wenn man auch diese Spiele gewinnt. Das gehört auch dazu, wenn man was gewinnen möchte“, sagte Thiemann weiter.
„Es war einfach ein toughes Spiel. Wir hatten nicht den Rhythmus, den wir haben möchten“, sagte Franz Wagner zum Spiel auf SPORT1-Nachfrage: „Solche Spiele gibt es auch mal. Die zweite Halbzeit war dann viel besser von unserer Mentalität und unserer Intensität.“
Basketball-EM: Schicksalswurf
Neben der höheren Intensität war zudem der getroffene Wahnsinns-Dreier von Tristan da Silva ein echter Knackpunkt. Bei einem Rückstand von sieben Punkten traf der Spieler der Orlando Magic mit der Schlusssekunde des dritten Viertels einen Buzzer-Beater von deutlich hinter der Mittellinie.
„Der Wurf von Tristan von der Mittellinie, das war der Momentum-Changer“, sagte Kapitän Dennis Schröder. Und tatsächlich veränderte der Wurf das Spiel. Inklusive des Dreiers drehte Deutschland mit einem 12:0-Lauf das Spiel von 65:75 auf 77:75.
„Der Half-Court-Shot hat uns richtig krass Momentum gegeben. Das hat dem ganzen Team geholfen“, erklärte Isaac Bonga nach dem Spiel auf SPORT1-Nachfrage.
Der Wurf von da Silva hat schon jetzt das Potenzial, eine der legendärsten Szenen dieser EM zu werden. Zudem ist es eine weitere Parallele zum Halbfinale von 2023. Erneut wurde ein Half-Court-Shot zu einem der entscheidenden Momente.
Glück für Deutschland: Im Vergleich zu 2023 ging der Wurf rein. Damals hatte der Lette Davis Bertans in der Schlusssekunde die Chance, das Spiel zu drehen. Doch sein Wurf von der Mittellinie tanzte auf dem Ring und sprang raus – Deutschland gewann mit 81:79.
Schröder kämpft erneut lange mit Problemen
Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen dem Viertelfinale bei der laufenden EM und dem Viertelfinale bei der WM 2023 war der lange unglückliche Auftritt des sonst so überragenden Kapitäns Dennis Schröder.
Beim Spiel gegen Lettland 2023 spielte Schröder wohl eines seiner schlechtesten Spiele im Trikot der Nationalmannschaft. Damals erzielte er nur neun Punkte, traf nur vier seiner 26 Würfe und keinen seiner acht Dreierversuche.
Gegen die Slowenen spielte Schröder deutlich besser und erzielte am Ende 20 Punkte. Doch zwischenzeitlich erinnerte das Spiel an das WM-Viertelfinale, auch weil er die ersten sieben Dreierversuche allesamt vorbeiwarf.
Aber anders als vor zwei Jahren überdrehte der Kapitän dieses Mal nicht komplett. Als es für ihn mit seinem eigenen Wurf nicht lief, nahm er sich zurück und vertraute vollkommen seinen Teamkollegen. Schröder fokussierte sich darauf, den Ball zu verteilen und auf seine Momente zu warten.
Als dieser kam, war er wieder voll da. Knapp vier Minuten vor dem Ende übernahm Slowenien nach einem Doncic-Dreier die Führung (86:85). Auf der Gegenseite bekam Schröder nach einer schönen Stafette den Ball in der Ecke und verwandelte den Dreier eiskalt – Deutschland gab danach nie wieder die Führung aus der Hand.
„Das zeigt auch den Reifeprozess. Er erkennt an und nutzt auch die Spieler, die gerade einen guten Lauf haben, und versucht die in Szene zu setzen. Gestern war er trotz der schwächeren Quote dann am Ende des Spiels voll da. Das zeichnet einen wahren Leader aus“, lobte auch Trainer Alan Ibrahimagic seinen Kapitän.
„Wissen, wie man große Turniere gewinnt“
Schröder ist nicht der einzige deutsche Star, der gereift ist. Die Schlachten der vergangenen Jahre haben das Team geformt und mit dazu beigetragen, dass es auch mit dem Rücken zur Wand immer ruhig bleibt.
„Wir haben uns in den letzten Jahren einfach eine Menge Selbstvertrauen erarbeitet, sodass wir in solchen Spielen immer sehr cool bleiben und unseren Stärken vertrauen“, sagte Andi Obst bei SPORT1: „Das darf man nie vergessen und sollte man sich in so Momenten wie gestern und auch in den nächsten Spielen vor Augen halten.“
Die Wichtigkeit der Erfahrung aus großen Schlachten bei den Turnieren bestätigte auch Johannes Thiemann auf SPORT1-Nachfrage: „Das ist extrem wichtig. Klar macht es uns auch stark, dass wir uns alle schon lange kennen und lange zusammenspielen, aber wir haben jetzt auch schon einige Erfahrungen gesammelt und wissen, wie man große Turniere spielt und wie man große Turniere auch gewinnt.“
Beim deutschen Team wissen sie, dass es für einen Titel bei einem großen Turnier einen langen Atem und auch das Überstehen von schweren Spielen braucht. Das gelang 2023 im WM-Viertelfinale und jetzt im Viertelfinale gegen Slowenien.
In Deutschland wird niemand etwas dagegen haben, wenn auch das Ende des Turniers zum Déjà-vu-Erlebnis wird. Doch zunächst warten die Finnen im Halbfinale (Freitag, ab 16.00 Uhr im LIVETICKER).