Wenn man das Wort „Trainereffekt“ beschreiben müsste, dann reicht derzeit ein Blick nach Darmstadt.
Die unglaubliche Kohfeldt-Wende
Als Florian Kohfeldt nach vier Spieltagen Darmstadt 98 übernahm und Torsten Lieberknecht ablöste, stand der Verein auf dem vorletzten Platz der Tabelle der Zweiten Bundesliga. Rund drei Monate später belegen die Lilien Platz zehn - vier Zähler hinter einem direkten Aufstiegsplatz!
Kohfeldt hat für eine neue Euphorie gesorgt - auf sein Konto gehen sechs Siege, drei Unentschieden und nur eine Niederlage. Keine Frage: Die Darmstädter sind das Team der Stunde. Am Samstagabend empfangen die Hessen Preußen Münster (Zweite Liga: Darmstadt 98 - Preußen Münster, ab 19.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1).
Lilien mit neuem Selbstvertrauen
„Wir haben in den vergangenen Wochen Selbstvertrauen getankt und freuen uns, dass sich die harte Arbeit, die wir tagtäglich auf dem Platz und abseits des Feldes investieren, auszahlt. An oberster Stelle steht jedoch, dass wir Stabilität in den Verein bekommen“, sagt Sportdirektor Paul Fernie im Gespräch mit SPORT1.
Darmstadt 98 habe eine „sehr schwierige Bundesliga-Saison“ hinter sich und einen „großen Umbruch im Sommer“ erlebt. Nun wolle man sicherstellen, „dass die Rädchen ineinandergreifen - und zwar unabhängig von sportlich schwierigen Momenten wie zu Beginn der Saison oder auch von guten Phasen wie aktuell“.
Fernie betont zudem, dass der Verein „sehr ambitionierte Ziele für diese Saison“ habe. Konkret? Man wolle eine klare Spielidee entwickeln, Strukturen etablieren und ein stabiles sportliches Fundament für die Zukunft legen.
Fernie, der seit dem 15. April dieses Jahres bei den Lilien im Amt ist, arbeitete zuvor fast drei Jahre lang als Sportdirektor beim SV Wehen Wiesbaden. Davor war der Engländer rund anderthalb Jahre als Leiter der Scouting-Abteilung bei Red Bull New York tätig. Bei seinem Amtsantritt in Darmstadt war der Verein abgeschlagen Letzter in der Bundesliga und ist dann abgestiegen.
Sportdirektor legt Wert auf Teamwork
„Ich würde mich als sehr ehrlichen Menschen bezeichnen, und erwarte das auch von meinem Gegenüber. Ich lege viel Wert auf ‚Teamwork‘, was immer ganz gerne als Floskel interpretiert wird, dadurch aber nicht weniger wahr ist“, erzählt Fernie. „Zu Teamwork gehört für mich aber auch, dass sich alle einem Ziel unterordnen und gemeinsam darauf hinarbeiten. Gleichzeitig empfinde ich es als wichtig, dass Menschen auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.“
Der 37-Jährige holte Kohfeldt nach Darmstadt und ist natürlich froh über die positive Entwicklung des Vereins unter dem 42 Jahre alten Fußballlehrer.
„Flo hat eine große Klarheit in die Mannschaft gebracht. Er ist sehr organisiert und strukturiert und schafft es, diese Aspekte auch an die Spieler weiterzugeben“, lobt Fernie. Dadurch habe das Team „nicht nur eine klare Spielidee, sondern auch das Gefühl, auf jede Spielsituation Antworten liefern zu können“. Kohfeldt holte zudem mit Isac Lidberg, den aktuell besten Torschützen der 2. Liga aus Schweden ans Böllenfalltor.
Entwicklung sichtbar
Und er fügt hinzu: „Als Sportdirektor ist es mir wichtig, eine Entwicklung zu sehen - auch wenn ich weiß, dass diese nie linear verläuft. Aber genau diese Entwicklung ist seit Flos Ankunft im September sichtbar und spürbar.“
Kohfeldt war nach seiner erfolgreichen Zeit als Chefcoach bei Werder Bremen (von 2017 bis 2021) sowohl beim VfL Wolfsburg (Ende Oktober 2021 bis Saisonende) als auch zuletzt beim belgischen Zweitligisten KAS Eupen (Juni 2023 bis Mitte März 2024, als er zurücktrat) tätig. Doch in beiden Klubs konnte er nicht an seine erfolgreiche Zeit an der Weser anknüpfen.
Warum funktionierte es bei den Lilien auf Anhieb? „Ich denke bei Menschen nicht in Schubladen, denn ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen lernfähig sind und sich weiterentwickeln können. Das ist eine wichtige Maxime für mich, die ich auch rund um Darmstadt 98 tagtäglich anwenden möchte“, erklärt Fernie.
Anschließend fügt er lobende Worte hinzu: „Flo ist fachlich und menschlich ein Top-Trainer, der zudem sehr reflektiert ist - auch, was die vergangenen Stationen angeht. Wenn man diese Komponenten mitbringt, ist der Grundstein für erfolgreiche Arbeit gelegt.“ Wichtig sei aber auch, „dass man in einen sportlichen Flow kommt, denn Ergebnisse verstärken eine Entwicklung.“ Und die Resultate seien derzeit „absolut gegeben.“
„Erinnern nuns noch an die schwierige Anfangszeit“
Konkret auf das Fußballerische heruntergebrochen sei es ihm wichtig, „eine klare Spielidee zu sehen. Diese bildet stets die Grundlage für alle anderen Bereiche, sei es Scouting, die Athletik-Abteilung oder das Trainerteam.“
Am Samstag gegen Preußen Münster soll diese Spielidee erneut erkennbar sein, hofft Fernie. Er zeigt sich zuversichtlich, dass die Erfolgsserie anhält. „Ich habe großes Vertrauen in die Mannschaft, dass sie am Samstagabend erfolgreich sein wird, weil sie sich als sehr lernwillig und hungrig zeigt.“
Deshalb möchte er auch nicht unnötig mahnen, denn die Mannschaft geht sehr realistisch mit der sportlichen Situation um. „Wir alle erinnern uns noch an die schwierige Anfangszeit zu Beginn der Saison und sind uns bewusst, dass mit Münster ein sehr anspruchsvoller Gegner auf uns zukommt. Wenn wir jedoch unser gesamtes Potenzial abrufen, bin ich optimistisch, dass wir unseren positiven Lauf fortsetzen können.“