Die Liebe der Fans ist ungebrochen. Vor der neuen Saison in der Regionalliga Südwest gibt es bei Kickers Offenbach einen regelrechten Dauerkarten-Boom. Am Mittwoch war es soweit. Da wurde der Dauerkarten-Rekord geknackt und die Bestmarke von 3709 erreicht.
Der Kampf eines schlafenden Riesen
© Imago
Wenn das Thema auf echte Traditionsvereine oder Kultklubs kommt, wird auch der OFC genannt. Der Verein, gegründet im Jahre 1901, spielt heute in der Regionalliga Südwest und der Traum von der Rückkehr in die 3. Liga lebt jedes Jahr neu auf. In dieser Saison soll der Aufstieg endlich gelingen.
„Dass die Kickers ins mittlerweile zehnte Jahr der Viertklassigkeit gehen, zehrt an der Seele der Fans. Denn vom Selbstverständnis her gehört der OFC für seine Anhänger zumindest in die 2. Bundesliga“, sagt OFC-Experte Markus Horn SPORT1. „Umso erfreulicher ist vor diesem Hintergrund der nach wie vor hohe Zuschauer-Zuspruch. Man darf nicht vergessen, dass nach zehn Jahren in der Regionalliga Südwest mittlerweile eine ganze Generation der bis 18-Jährigen den OFC praktisch nur als Viertligisten kennt.“
OFC-Legende: „Emotional stark verwurzelt“
Natürlich beobachtet auch Kickers-Legende Dieter Müller die Entwicklung ganz genau. „Kickers Offenbach hat eine große Tradition und eine riesige Fan-Gemeinde. Ich habe schon in der Jugend beim OFC gespielt und 1989 mein Abschiedsspiel in Offenbach gemacht. Ich bin also emotional stark verwurzelt mit dem Klub“, sagt der 68-Jährige zu SPORT1.
In der Saison 1972/1973 und von 1986 bis 1991 stürmte er für den Verein. Von Dezember 2000 bis September 2012 war Müller Präsident bei den Offenbachern. Seine Amtszeit von knapp zwölf Jahren ist die bei weitem längste eines Kickers-Präsidenten. Seine erfolgreichste Zeit hatte er beim 1. FC Köln, mit dem er 1977 Pokalsieger und ein Jahr später sogar das Double gewann. Bei den Geißböcken wurde Müller zum Nationalspieler.
Das Ende seiner Zeit als Klub-Boss war allerdings sehr unschön. Zum Saisonabschluss 2012/13 musste der Verein mit neun Millionen Euro Schulden Insolvenz anmelden und wurde in die vierte Liga zwangsversetzt. Bis heute hat es mit der Rückkehr in den bezahlten Fußball nicht geklappt. Es ist ein verzweifelter Kampf.
Der Traum vom Aufstieg lebt aber weiter - und dieses Jahr sogar noch mehr als in der Vergangenheit. Das Ziel 3. Liga wird auch ganz offen kommuniziert. Zurückhaltung war gestern. „Man hat eine gute Mannschaft und gehört zu den Favoriten“, findet Müller, räumt aber ein: „Es sind in den vergangenen Jahren beim OFC viele Fehler gemacht worden, aber der jetzige Präsident (Joachim Wagner, d. Red.) arbeitet ganz seriös. Jetzt brauchen die Kickers einfach auch etwas Glück.“
Schmidt soll es richten
Und die Offenbacher brauchten wieder mal einen neuen Trainer. In den vergangenen zehn Jahren waren am Bieberer Berg neun Fußballlehrer angestellt. Aufgrund des verpassten Aufstiegs und dem damit verbundenen Fehlschlagen des Dreijahresplans für den Aufstieg in die 3. Liga wurde zur neuen Runde Alexander Schmidt verpflichtet, weil Ristic gehen musste. Schmidt war lange bei 1860 München tätig, zuletzt trainierte er Dynamo Dresden in der 2. Liga.
„Der OFC ist ein Traditionsverein mit einer großen Fan-Base. Der Klub ist sehr hungrig, das reizt mich, man ist seit neun Jahren in der vierten Liga und will unbedingt hoch. Wir haben eine gute Mannschaft und ich glaube an das Projekt Offenbach“, erklärt Schmidt seine Entscheidung bei SPORT1. „Die Liebe der Fans war ich schon bei 1860 und Dynamo gewohnt.“
Müller meint nur: „Der Trainer ist gut, aber die Mannschaft muss es halt umsetzen.“
Die Leistung bei der Generalprobe für das Pokalspiel am Samstag gegen Fortuna Düsseldorf (DFB-Pokal: Offenbacher Kickers - Fortuna Düsseldorf, ab 18 Uhr im LIVETICKER) untermauerte, dass das Team will. In einem Testspiel gegen Liga-Rivale VfB Stuttgart II siegte der OFC nach einer couragierten Leistung mit 1:0.
Große Namen am Bieberer Berg
Der Verein, bei dem einst Rudi Völler Spieler, Otto Rehhagel Trainer, und Andreas Möller Sportdirektor war, muss seit Jahren kämpfen, damit entscheidende Schritte nach vorne gelingen.
Das große Faustpfand sind die Fans. Sie sind sehr treu. Die Euphorie im Umfeld ist wieder mal groß. Beim traditionellen Kickers-Tag war deutlich zu spüren, wie sehr die Fans nach neun Jahren Viertklassigkeit nach der Rückkehr in die 3. Liga lechzen. Es sei neben dem aktuellen Dauerkarten-Verkauf in Gesprächen mit Fans ein großes Vertrauen in Geschäftsführer Matthias Georg und Schmidt deutlich spürbar, berichtet Horn.
„Der OFC ist ein schlafender Riese. Man hat in den Testspielen, vor allem gegen den 1. FC Köln, schon gesehen, dass eine großartige Stimmung herrscht“, erzählt Schmidt. „Die Fans sind einfach hungrig und ich glaube, dass wir da ein Feuer entfachen können, wenn wir als Team auftreten. Das ist das Ziel.“
Ein Weiterkommen im Pokal würde da sicher helfen. „Mit einem Sieg gegen die Fortuna könnten wir natürlich die Euphorie weiter schüren“, hofft Schmidt. „Und wir werden alles daransetzen, dass uns das gelingt.“
Rückkehr in die 3. Liga?
Und Horn ergänzt: „Vor dem Saisonstart ist die Stimmung auf dem Bieberer Berg wieder einmal sehr optimistisch. Unser neuer Geschäftsführer Matthias Georg hat gemeinsam mit Trainer Alexander Schmidt einen Kader zusammengestellt, der die Fans von der ersehnten Rückkehr in die 3. Liga träumen lässt.“
Star der Mannschaft ist Kapitän und Abwehrchef Sebastian Zieleniecki. „Es grenzt für mich an ein Wunder, dass der Innenverteidiger noch nicht zu einem höherklassigen Verein gewechselt ist“, sagt Horn. Der Abgang von Mittelfeldspieler Denis Huseinbasic zum 1. FC Köln schmerzt. Mit Spielern wie Björn Jopek, Törles Knöll, Semir Saric oder Jakob Zitzelsberger hat der OFC aber einige Spieler mit sehr viel Potential verpflichtet. „Gemeinsam mit den Stammspielern der Vorsaison können sie hoffentlich in der Regionalliga für Furore sorgen.“
Damit der Traum am Ende vielleicht Wirklichkeit wird...