In der Saison 1988/89 hat der FC Bayern München ein Überangebot an Mittelstürmern. Roland Wohlfarth, Johnny Ekström und Jürgen Wegmann kämpfen um das Erbe Gerd Müllers.
Die Kobra schießt das Tor des Jahres
Zwei von ihnen nur mit Taten, Wegmann auch mit Worten. „Ich bin giftiger als die giftigste Schlange“, wirbt er für seine Qualitäten. Das bringt ihm den Spitznamen „Die Kobra“ ein. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Selten aber hat er in seinen zwei Münchner Jahren eindrucksvoller für sich Reklame gemacht als am 26.11.1988, als er mit einem artistischen Tor das Derby gegen Nürnberg entscheidet.
Das 1:0 für den noch ungeschlagenen Tabellenführer in der 35. Minute bleibt das einzige Tor des Tages, doch es wird noch öfter zu sehen sein im Fernsehen. Es wird Tor des Monats November und alsbald auch zum Tor des Jahres 1988 gewählt. Wie kommt es dazu?
Wegmann: „Du musst was können, was andere nicht können“
Lassen wir es ihn selbst erzählen: „Der Ball wurde von Olaf Thon hoch an die Strafraumgrenze rein gespielt. Dann habe ich ihn mit meinem speziellen Trick versenkt. Ich habe mir immer gesagt: ‚Du musst was können, was andere nicht können. Mit viel Koordinationsübungen habe ich an solchen besonderen Körperdrehungen gearbeitet.“ (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Auch sein Vorbild Gerd Müller, dessen wichtigste Tore er sich auf Videokassette damals immer wieder anschaut, war für seine Drehungen berüchtigt. Der Unterschied zu einem typischen Müller-Tor besteht an jenem Herbstnachmittag 1988 allerdings darin, dass sich Wegmann in der Luft dreht, weshalb man bis heute kein passendes Wort für das Kunststück gefunden hat.
Hoeneß: „Wahnsinn, dieses Tor“
Es ist weder ein Fallrückzieher noch ein klassischer Seitfallzieher, es ist die Uraufführung des Kobrasaltos. Manager Uli Hoeneß jauchzte: „Wahnsinn, dieses Tor. Um solch ein Tor zu schießen muss man schon schlangenhaft Fußball spielen.“
Einer Schlange wäre es allerdings nicht passiert sich dabei eine Rippenprellung zuziehen, die sich laut Wegmann ergibt, weil „die Landung teilweise nicht perfekt war.“ Das Tor von Anfang bis Ende ist es umso mehr, was nach Wegmanns Geschmack viel zu wenig gewürdigt worden ist.
Als 2004 in einer RTL-Show mit Günther Jauch das „Tor des Jahrhunderts“ gewählt wird und eines von Gerd Müller, „das noch nicht einmal Tor des Jahres“ gewesen war, gewinnt, schwillt der Kobra der Kamm. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Wegmanns Tor wird ihm zu wenig gewürdigt
Der schon immer etwas schrullige Ruhrpottjunge lässt sich zunächst vom gutmütigen Müller versichern, dass natürlich die Kobra das Tor des Jahrhunderts geschossen habe, dann geht er damit in die Öffentlichkeit.
RTL nimmt seine Kür natürlich nicht zurück, zumal die Wahl weder offiziell noch originell gewesen ist. Die ARD-Zuschauer haben jedenfalls schon 1999 Klaus Fischers Fallrückzieher 1977 gegen die Schweiz zum Tor des Jahrhunderts gewählt.
Unwidersprochen dürfte bleiben, dass sein Siegtor gegen Nürnbergs das schönste der 69 Bundesligatreffer des Jürgen Wegmann war.