Es waren aufregende erste Wochen für Joao Cancelo beim FC Bayern. Wochen, in denen er seine fußballerischen Qualitäten mehrfach unter Beweis stellte, aber auch klar zu verstehen gab, dass er viel Spielzeit benötigt, um glücklich zu sein.

Sitzt Cancelo auf der Bank, ist er schnell frustriert und bringt das offen zum Ausdruck. Das registrierte auch Julian Nagelsmann, der den Neuzugang aus Manchester nach dessen 90-minütiger Reservisten-Rolle beim Duell mit dem VfB Stuttgart (2:1) zu einem persönlichen Gespräch bat.

„Er hat ja eine ähnliche persönliche Situation, wie ich sie hatte“, berichtete der Bayern-Trainer. „Da habe ich versucht, ihm zu erklären, wie man damit umgehen kann und wie ich damit umgegangen bin.“

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Nagelsmann bezog sich damit auf den Tod von Cancelos Mutter, die 2013 im Alter von 47 Jahren bei einem Autounfall verunglückt war. Er selbst hatte seinen Vater in einem ähnlichen Alter wie der damals 18-jährige Cancelo (mit 20) verloren und weiß daher, wie schwierig es ist, sich von einem derartigen Schicksalsschlag zu erholen.

Cancelo „fühlt sich vom Leben bestraft“

„Joao schleppt den Tod seiner Mutter noch heute mit sich herum. Das wird ihn auch immer begleiten. Er fühlt sich vom Leben bestraft“, sagt der portugiesische Journalist Manuel Pereira im Gespräch mit SPORT1.

Der 74-Jährige gilt als Reporter-Legende in Portugal, hat unter anderem eine Biografie über José Mourinho („Mourinho - El Unico“) geschrieben und zu vielen Nationalspielern wie auch zu Star-Manager Jorge Mendes, der Cancelo berät, einen engen Draht.

Cancelo persönlich lernte Pereira 2014 in seiner Rolle als Spanien-Korrespondent für die Zeitung A Bola beim FC Valencia kennen.

„Er war damals noch sehr jung“, erzählt der in Madrid lebende Portugal-Experte, „aber man hat gemerkt, dass er sich schnell in seinem Stolz verletzt und ungerecht behandelt gefühlt hat, wenn er nicht gespielt hat. Das hat sich über die Jahre nicht geändert. Er ist einfach so.“

„Das muss man vor allem als Trainer berücksichtigen“

Pereira findet aber: „Man darf ihn deswegen nicht verurteilen oder angreifen, sondern muss ihm Verständnis und Unterstützung entgegenbringen. Er hatte leider unglaubliches Pech und wurde von diesem tragischen Ereignis geprägt, das muss man vor allem als Trainer berücksichtigen und viel mit ihm sprechen. Das hilft.“

Cancelo sei „ein sehr guter Junge, der es liebt, zu spielen und zu gewinnen“, betont Pereira. Das wurde auch am vergangenen Wochenende deutlich, als der Außenverteidiger mit einem Tor und einer Vorlage beim 5:3-Sieg gegen Augsburg glänzte.

„Wenn man mit ihm Geduld hat, ihm Chancen gibt und viel mit ihm kommuniziert“, ist sich der Cancelo-Kenner sicher, „wird er das auch mit starken Leistungen zurückzahlen und dem FC Bayern viel Freude bereiten!“

Zieht der FC Bayern die Kaufoption?

Noch ist aber unklar, ob Cancelo überhaupt eine Zukunft über den 30. Juni hinaus in München hat. Die Tendenz der Bayern-Verantwortlichen geht aufgrund der hohen Kaufoption (70 Millionen Euro) nicht in Richtung einer festen Verpflichtung.

Sollte Manchester City jedoch einen geringeren Betrag akzeptieren und Cancelo unbedingt in München bleiben wollen, wäre eine langfristige Zusammenarbeit von Vereinsseite aus absolut denkbar.