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Bayern-Legende: "Das tut schon ein bisschen weh" - Sepp Maier im Interview

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Bayern-Legende: "Das tut schon ein bisschen weh" - Sepp Maier im Interview

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Bayern-Legende: „Tut schon weh“

Sepp Maier ist eine wahre Bayern-Legende. Mit SPORT1 spricht die Torwart-Ikone über seinen Herzensverein, das Comeback von Manuel Neuer - und die Chancen der Nationalmannschaft bei der Heim-EM.
Sepp Maier war einst in einen schweren Autounfall verwickelt. Uli Hoeneß kümmerte sich vorbildlich um seinen Teamkollegen - und verhinderte womöglich deutlich Schlimmeres.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Sepp Maier hatte nie einen Zweifel daran, dass Manuel Neuer nach seiner schweren Verletzung zurückkommt. Und er freut sich, dass er recht behalten hat. Natürlich verfolgt der 79-Jährige seinen FC Bayern noch sehr genau. Maier ist eine Torwartlegende beim FCB, stand fast zwei Jahrzehnte lang im Kasten der Münchner.

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Nach seiner aktiven Laufbahn war Maier von 1988 bis 2004 Torwarttrainer bei der deutschen Nationalmannschaft und von 1994 bis 2008 in gleicher Funktion beim FC Bayern tätig.

Im exklusiven SPORT1-Interview erklärt Maier, warum sein Bayern-Herz aktuell ein wenig schmerzt. Zudem blickt er zurück auf das Jahr 2023, schaut auf die kommende Heim-EM, spricht zudem über Neuer, Thomas Müller, Harry Kane - und verrät, was er von einer möglichen Rückkehr von Toni Kroos in die deutsche Nationalmannschaft hält.

SPORT1: Herr Maier, wie blicken Sie zurück auf das Fußballjahr 2023?

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Sepp Maier: Mit vielen Emotionen. Es begann mit der schweren Verletzung von Manuel Neuer, die er sich im Ski-Urlaub zugezogen hatte. Das war natürlich ein Schock. Aber eins ist klar: Manu ist nie ein zu hohes Risiko eingegangen. Ich habe danach auch nie an Manus Comeback gezweifelt. Er ist so ein großer Torwart, er musste einfach zurückkommen. Traurig war natürlich dann die Trennung des FC Bayern von Julian Nagelsmann. Sie kam überraschend, aber vielleicht war es unumgänglich. Es war insgesamt nicht das Jahr des FC Bayern.

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SPORT1: Die Münchner verabschiedeten auch Führungs-Persönlichkeiten vorzeitig. Wie sehen Sie rückblickend die Trennung von Hasan Salihamidžić und Oliver Kahn?

Maier: Das war natürlich eine große Personal-Rochade. Brazzo hat sich für den FC Bayern zerrissen, da bin ich mir sicher. Und vielleicht hat Olli nicht auf den Chefsessel gepasst. Sicher hat er auch alles für den Verein gegeben, denn er hat ein tiefrotes Bayern-Herz. Die Art und Weise, wie Uli (Hoeneß; Anm. d. Red.) hinterher mit Olli abgerechnet hat, war sicherlich nicht gut. Das war wieder Uli in Bestform.

Sepp Maier (l.) und Uli Hoeneß (r.) 2019
Sepp Maier (l.) und Uli Hoeneß (r.) 2019

SPORT1: Was war Ihr persönliches Highlight?

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Maier: Ganz klar die Rückkehr von Manu im Heimspiel gegen Darmstadt 98 (8:0-Sieg der Bayern, Anm. d. Red.). Ich habe das ganze Theater nie verstanden, auch nicht, warum andere Torhüter überhaupt gehandelt wurden. Und meine Meinung zu Yann Sommer ist bekannt: Ich hätte ihn nie verpflichtet. Dass er jetzt bei Inter Mailand wieder so starke Leistungen zeigt, freut mich für ihn. Aber Sommer war keiner für den FC Bayern. Ein kleines Highlight war sicher auch die doppelte Vertragsverlängerung von Manuel Neuer und Sven Ulreich zuletzt. Da hat der FC Bayern seine alte Stärke gezeigt. Das war ein klasse Move.

SPORT1: Der FC Bayern ist seit vielen Jahren mal nicht Erster am Jahresende, sondern sieht Bayer Leverkusen an der Tabellenspitze. Wie sehr schmerzt da Ihr Bayern-Herz?

Maier: Das tut schon ein bisschen weh - und es ist auch wirklich ungewohnt. Aber man muss neidlos anerkennen, dass es die Leverkusener verdient haben. Sie haben einen neuen Rekord aufgestellt mit wettbewerbsübergreifend 25 ungeschlagenen Pflichtspielen, das ist schon eine beachtliche Serie. Xabi Alonso wäre ein toller Trainer für den FC Bayern, er macht in Leverkusen einen ausgezeichneten Job. Wie da Fußball gespielt wird, lässt jeden Fan mit der Zunge schnalzen. Das sucht sogar in Europa seinesgleichen. Und ganz ehrlich? Das hätte ich Alonso nicht zugetraut.

„Die Bayern werden am Ende wieder Meister“

SPORT1: Wird Leverkusen am Ende gar Deutscher Meister?

Maier: Ich glaube nach wie vor, dass die Bayern am Ende wieder Meister werden, aber so schwer wie in dieser Saison war es schon lange nicht mehr. Thomas Tuchel muss die Spieler im neuen Jahr sofort in die Spur kriegen. Die Bayern dürfen nicht eine Minute schwächeln. Sonst war‘s das mit dem Titel. Aber es gibt auch nicht wenige, die Bayer Leverkusen den Titel mal gönnen würden. Schon alleine wegen Alonso. Dann hätte auch dieses blöde „Vizekusen“ mal ein Ende.

„Thomas Müller ist der Gerd Müller der Neuzeit“

SPORT1: Thomas Müller hat vor dem letzten Spiel des Jahres beim VfL Wolfsburg seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Es war jetzt nicht völlig überraschend, wie haben Sie das aufgenommen?

Maier: Mit großer Freude. Ich bin aber auch fest davon ausgegangen, dass Thomas bleibt, er ist einfach eine Bayern-Legende. Müller ist so ein guter Typ und richtig guter Spieler. Wie er auf und neben dem Platz auftritt, ist wunderbar und dafür zolle ich ihm viel Respekt. Müller hatte es bei Tuchel nicht immer leicht, aber er hat das professionell angenommen. Seine Einstellung hat Tuchel auch sicher gefallen. Thomas Müller lebt den FC Bayern mit jeder Faser. Das Interview nach dem 3:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart war Müller zu 100 Prozent. Er war witzig und total klar mit dem, was er sagte. Man kann sich ihn ohnehin nicht bei einem anderen Klub vorstellen. Wie bei mir damals.

SPORT1: Ist Müller der heutige Gerd Müller?

Maier: Absolut. Thomas Müller ist der Gerd Müller der Neuzeit. Mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen. Gerd wäre stolz, dass Thomas nochmal verlängert hat.

Sepp Maier und Gerd Müller
Sepp Maier und Gerd Müller

SPORT1: Was macht Müller so einzigartig?

Maier: Seine Professionalität und seine authentische und lustige Art. Ich kann mich nur wiederholen: Er ist einfach ein richtig guter Typ und ein klasse Fußballer.

Maier: „Kane ist deutlich wertvoller als Lewandowski“

SPORT1: Müller wird Sie aber wohl als Rekordspieler ablösen - ärgert Sie das?

Maier: Überhaupt nicht. Lieber der Thomas als einer vom BVB (lacht). Es wird so kommen, und er ist ein würdiger Nachfolger. Ich gönne es ihm von Herzen. Er hat es dann auch verdient.

SPORT1: Harry Kane hat in 15 Liga-Spielen 21 Tore erzielt. Eine unfassbare Quote, oder?

Maier: Absolut. Im Sommer konnte man davon ausgehen, dass es mit ihm und Bayern funktionieren würde, aber seine Leistung ist schon außergewöhnlich gut. Es fehlen einem fast die Worte. Das Besondere an Kane ist, dass er auch für andere arbeitet und zeigt, wie sehr er den FC Bayern bereits verinnerlicht hat. Er tut der Bundesliga gut. Kane ist deutlich wertvoller als Lewandowski.

Maier: „Ich würde Kroos nicht zurückholen“

SPORT1: Lassen Sie uns abschließend einen kleinen Ausblick auf die Heim-EM im nächsten Jahr wagen. Wie blicken Sie auf das Turnier?

Maier: Ich schaue mit gemischten Gefühlen in Richtung Heim-EM. Natürlich ist das etwas ganz Besonderes. Und es wird vor allem für Julian Nagelsmann ein sehr wichtiges Turnier sein. Er kann alles gewinnen, aber auch alles verlieren. Eines ist klar: Die Mannschaft muss sich steigern. Mit Leistungen wie zuletzt gegen die Türkei und Österreich werden wir die Vorrunde nicht überstehen. Dann werden wir krachend scheitern, aber ich denke positiv. Je näher die EM rückt, desto mehr Euphorie wird in Deutschland aufkommen. Das wird ähnlich wie 2006 werden.

SPORT1: Julian Nagelsmann hat zuletzt im ZDF-Sportstudio angedeutet, dass er sich vorstellen kann, Toni Kroos in die Nationalmannschaft zurückzuholen. Wie ist da Ihre Meinung?

Maier: Ich würde Kroos nicht zurückholen. Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn er wieder für die Nationalmannschaft spielt. Er hatte seine Zeit. Auf seiner Position haben wir viele andere talentierte Spieler, die dem Team helfen können. Es ist zwar ein beliebtes Thema für die Medien, aber ich würde Kroos nicht erneut berufen. Das bedeutet nicht, dass er kein großer Spieler ist und nichts für den deutschen Fußball getan hat.

SPORT1: Marc-André ter Stegen kämpft derweil im deutschen Nationalteam um die Nummer eins, ist aber aktuell verletzt. Wer wird bei der EM im deutschen Tor stehen?

Maier: Manuel Neuer. Ter Stegen ist ein sehr guter Torwart, aber Manu ist auf dem Weg zur alten Form, deshalb gibt es keinen Zweifel, wer bei der EM in Deutschland die Nummer 1 sein wird.

„Die Super League braucht kein Mensch“

SPORT1: Abschließende Frage: Der Europäische Gerichtshof hat nach 17-monatigen Verfahren Grünes Licht für die Gründung der Super League gegeben. Freuen Sie sich darüber?

Maier: Natürlich nicht. Die Super League braucht kein Mensch, es gibt doch schon die Champions League für die großen Vereine, viele nationale Ligen und dann auch noch die Nations League. Der Fußball wird durch die Super League zur Zweiklassen-Gesellschaft. Ich sehe das mit großer Sorge.